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Shared Mobility: Kaum einer will noch mitfahren

Berlkönig in Berlin bietet Freifahrten für medizinisches Personal und Pflegekräfte

Im Gegensatz zu Bussen und Bahnen kommt man beim Ridesharing mit deutlich weniger Personen in Kontakt und beim Carsharing sowieso. Ist die Corona-Krise also eine Chance für die Shared Mobility? Im Gegenteil: Bei den Anbietern von Mitfahrten und Leihautos brechen die Buchungen ein. Die Reaktionen der Unternehmen reichen von Kurzarbeit für die Fahrer bis zur vollständigen Stilllegung des Betriebs. Die Anbieter, die mit der Botschaft angetreten sind, den Verkehrsinfarkt in Großstädten verhindern zu wollen, kämpfen gerade wie so viele andere Unternehmen um ihre Existenz.

"Wir verzeichnen einen Rückgang in sehr hohem zweistelligen Prozentbereich", sagt Christoph Ziegenmeyer, Sprecher von Moia. Die Volkswagen-Tochter bietet in Hamburg und Hannover eigentlich sogenanntes Pooling an, bei dem man sich mit anderen Fahrgästen auf derselben Strecke einen Wagen teilt. Doch in den vergangenen Wochen saß man oft allein im Fahrzeug. Inzwischen hat sich Moia angepasst und bietet nur noch Einzelbuchungen an. Dabei kann eine Gruppe in Hamburg bis zu fünf und in Hannover bis zu vier Plätze belegen. Bei der aktuellen Kontaktsperre ist das wohl vor allem für Familien eine Option. Barzahlungen sind nicht mehr möglich und die Türen öffnen und schließen automatisch, um das Ansteckungsrisiko zu reduzieren. Alle Oberflächen in den Autos werden in Pausen und nach Schichtende gereinigt.

Schrittweise fährt Moia nun sein Angebot herunter, um es ab dem 1. April vollständig zu pausieren. Für die 900 angestellten Fahrer sowie etwa 70 Fahrer eines Personaldienstleisters hat Moia Kurzarbeit angemeldet. Wie lange die dauern wird, hat das Unternehmen nicht festgelegt. "Wenn das öffentliche Leben in unsere Städte zurückkehrt und die Menschen wieder unser Mobilitätsangebot benötigen, werden wir es wieder hochfahren", sagt Ziegenmeyer.

Plastikfolie trennt Fahrer und Kundin

Der Anbieter Clever Shuttle hat ein Drittel seiner 400 Fahrzeuge stillgelegt. Für Anfang April meldet das Unternehmen für seine 1.500 Fahrerinnen und Fahrer in sechs Städten Kurzarbeit an. Bereits seit vergangener Woche verzichtet Clever Shuttle darauf, wie sonst üblich mehrere Kundinnen und Kunden in einem Fahrzeug zu transportieren. Allein fahren ist etwas teurer, das war auch schon vor der Krise so.

Für das verbleibende Transportangebot setzt das Unternehmen auf kleine Fahrzeuge, die aussehen wie London-Taxen. Hier trennt eine Kunststoffscheibe Fahrerin und Gast. Wo diese Scheibe fehlt, installiert das Unternehmen transparente Plastikfolie. "Das sieht nicht schön aus, bietet aber Schutz", sagt Sprecher Fabio Adlassnigg. Der Platz neben dem Fahrer ist gesperrt und Bargeld wird nicht akzeptiert. Das habe schon vor der Kontaktsperre dazu geführt, dass die Buchungen stark zurückgegangen sind, da die Fahrgäste nur ungern mit Kreditkarte oder Guthaben bezahlten, berichtet Adlassnigg.

Leihautos weiterhin verfügbar

Und wie sieht es beim Carsharing aus? Der Chef des Autoverleihers Miles, Oliver Mackprang, sagt: "Unsere Teams machen nichts anderes mehr, als Fahrzeuge zu desinfizieren." Das werde über eine Reinigungskarte im Fahrzeug dokumentiert. Bereits vergangenen Woche hat man neue Pauschalen eingeführt: Man kann ein Auto jetzt bis zu 14 Tage zum Festpreis mieten. "Wer länger in einem Fahrzeug sitzt, das nur er oder sie nutzt, fühlt sich sicherer", begründet Mackprang den Schritt.

Das neue Angebot werde zwar angenommen, doch auch bei Miles gingen die Buchungen zurück, sagt der Unternehmenschef. Das bedeutet nicht nur entgangene Einnahmen: Der Anbieter klagt auch über gestiegene Parkgebühren. Und in vielen Städten gebe es eine Höchstparkdauer. Wird diese überschritten, müssen Mitarbeiter die Fahrzeuge umparken, sonst werden die Autos abgeschleppt. "Das erhöht unsere Kosten doppelt", sagt Mackprang. Er hofft, dass die Stadtverwaltungen den Anbietern entgegenkommen. Sein Leihangebot mit rund 2.000 Fahrzeugen in fünf Städten will Miles nicht einschränken.

Beim größten Anbieter von Leihautos, Share Now, läuft der Betrieb ganz normal. Nur dass man Autos jetzt auch pauschal bis zu 30 Tage am Stück buchen kann. Share Now bietet in sieben deutschen Großstädten rund 7.000 Fahrzeuge an.

Auch die Volkswagen-Tochter WeShare hält ihren Service aufrecht. In werden weiterhin 1.500 elektrische Golf angeboten, die pro Minute abgerechnet werden. "Wir haben unser Leihgebiet so erweitert, dass nun zwei weitere Klinikstandorte in Berlin erreichbar sind", sagt ein Unternehmenssprecher.

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