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Raum der Stille: Streit um rituelle Handlungen

Der Islamische Studierendenbund (ISB) Essen und der Duisburg kritisieren den Entwurf der Nutzungsordnung für den in Duisburg und Essen geplanten Raum der Stille und sehen einen „Ausschluss von religiösen Menschen, areligiösen Menschen oder Menschen mit anderen friedlichen Bekenntnissen". Keine Probleme hingegen sehen sowohl die Universität Duisburg-Essen (UDE) als auch der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA).

Im Mai 2017 lebt die Debatte um den Raum der Stille neu auf. Der im Januar gewählte AStA aus Internationaler Liste, Unabhängigen Demokraten, Ring Christlich-Demokratischer Studenten, Liberaler Hochschulgruppe und Antihelden will 5.000 Euro in einen vorläufigen Raum der Stille investieren Für die UDE kommt die Nachricht überraschend. Eine neu gegründete „Initiative für interreligiösen und interkulturellen Dialog", kurz IfiiD, soll die Verwaltung übernehmen. Die UDE reagiert umgehend, kündigt neue Prozesse an, um selbst Fortschritte beim Raum der Stille zu verwirklichen und beruft einen Runden Tisch ein.

Im Juli 2017 tagt dieser erstmals. Dort sitzen Vertreter*innen aller Statusgruppen, aber auch die IfiiD und das Justiziariat. Im Senatsbericht Anfang März 2018 heißt es: „Sie haben gemeinsam eine Nutzungsordnung erarbeitet, und das Rektorat hat sie bereits für gut befunden." Unter der Leitung der Prorektorin Ziegler „habe man sich auf einen guten Konsens" bei „durchaus unterschiedlichen Interessen" geeinigt. ISV und ISB kritisieren hingegen, dass der Runde Tisch nicht auf Konsens, Teilhabe und Mitsprache der Studierenden basiert habe, sondern lediglich die Meinungen der Beteiligten eingeholt worden seien, ohne die Möglichkeit, diese miteinander abzustimmen.

Erst aus dem Bericht hätten sie erfahren, „dass ‚rituelle Handlungen' allgemein in dem geplanten Raum der Stille nicht gestattet sind". Weder am Runden Tisch sei ein solches Verbot angesprochen worden noch im Entwurf der Nutzungsordnung festgehalten, so die islamischen Studierendenverbände. UDE-Pressesprecherin Ulrike Bohnsack hingegen sagt: „Das Thema ‚rituelle Handlungen' kam bei den Sitzungen immer wieder zur Sprache. " Dass diese Handlungen untersagt sein sollen, darin sehen ISV und ISB einen Widerspruch: „Wir können beim besten Willen nicht nachvollziehen, wie ein Raum, der jegliche religiöse Handlungen und somit die Religion ausschließt, für Toleranz und Miteinander stehen soll und inwieweit so unsere pluralistische Gesellschaft widergespiegelt wird."

Die beiden Verbände verweisen dazu auf das Konzept der IfiiD, dass beim bis Juli 2017 amtierenden AStA Anklang gefunden hätte. Fraglich ist allerdings, ob die Initiative ein Konzept entworfen hat, das auch nicht-religiöse Menschen miteinbezieht. Der Raum solle dem alleinigen Ziel dienen, „den Mitgliedern der Universität [...] aller Glaubensrichtungen und Weltanschauungen einen Rückzugsort zu bieten und die ungestörte Religionsausübung [...] zu ermöglichen", hieß es in einem Sitzungsprotokoll der IfiiD zu einem Raum der Stille, der durch den damaligen AStA finanziert worden wäre. Nach eigenen Angaben versteht sich die Initiative „als Interessengemeinschaft an der Universität Duisburg-Essen für Begegnung und Verständigung von Studierenden und Mitarbeiter*innen aller Konfessionen und persönlichen Werthaltungen". Auf Anfrage erklärt der ISV, dass „das erarbeitete Konzept auch dem Rektorat vorgestellt, aber nach dem Entschluss der Universitätsleitung einen Runden Tisch einzuberufen, nicht veröffentlicht wurde". Zudem habe das erstellte Konzept dort keine Berücksichtigung gefunden, kritisieren die Verbände.

Der aktuelle AStA aus Grüner Hochschulgruppe, Juso Hochschulgruppe und Linker Liste wurde nach eigenen Angaben nicht mehr zu Sitzungen der IfiiD eingeladen. Zudem sagt die UDE, dass beim Runden Tisch der Universität auch der AStA vertreten war, somit also doch ein Mitspracherecht der Studierendenschaft bestand. Kritik an der Nutzungsordnung gibt es von der gewählten Studierendenvertretung nicht, im Gegenteil: Beim AStA findet die ausgehandelte Nutzungsordnung offenbar mehr Anklang als das von der IfiiD 2017 ausgearbeitete Konzept. „Uns ist wichtig, dass der Raum der Stille für alle Studierenden offen in der Nutzung sein wird und einzelnen Personen eine Rückzugsmöglichkeit dadurch geboten wird", so der AStA gegenüber der akduell. Das sieht die UDE ähnlich: „So wird ein tolerantes und friedliches Miteinander betont sowie das Recht, keine religiöse Überzeugung zu haben und religiösen Handlungen anderer nicht ausgesetzt zu sein." Ein Gebetsraum sei der Raum der Stille folglich nicht. Kollektive und rituelle Handlungen seien nicht gestattet, Smartphones und andere Geräte müssten ausgeschaltet werden, auch Essen, Trinken, Sprechen, Arbeiten und Schlafen sei nicht erlaubt.

Für Irritation in der Pressestelle hat ein Artikel auf dem Portal gesorgt. Eine Pressesprecherin der UDE habe gegenüber dem Portal bestätigt, dass „das islamische Gebet, welches für Muslime verpflichtend ist, verboten sei." UDE-Pressesprecherin Ulrike Bohnsack erklärt dazu: „Die beiden Räume der Stille stehen allen Mitgliedern und Angehörigen der UDE offen, die sich zurückziehen oder besinnen, die meditieren oder in sich gekehrt beten wollen." Ein individuelles Gebet, egal welcher Glaubensrichtung, sei nicht verboten. Es müsse aber still und ohne kollektiv-rituelle Handlungen erfolgen.

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