Das politische System der DDR basiert auf der Ideologie des Sozialismus. Er gilt als »einzig richtige Weltanschauung in allen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen«, erklärt der Historiker Jürgen Kocka. Er bezeichnet das System auch als »Erziehungsdiktatur«, in der jeder Einzelne umerzogen werden solle, damit eine neue, sozialistische Gesellschaft entstehe. Wer nicht mitmachen will, wird gezwungen.
»In Bildungsinstitutionen wie Kindergärten, Schulen oder Universitäten
waren die Menschen diesem politisch-ideologischen Anspruch ausgesetzt«,
sagt Kocka. Auch Computerspiele sollen die Ideologie durchsetzen. In
nahezu allen Pionierhäusern, FDJ-Jugendklubs und Schulen stehen
Computer, die Spielkonsole BSS 01 oder der 1986 entwickelte
Arcade-Automat PolyPlay.
»Auf dem 7. Pioniertreffen in Karl-Marx-Stadt wurden sogar von
Arbeitsgemeinschaften programmierte Spiele öffentlich ausgestellt, um
die Leistungsfähigkeit der KC-Reihe zu demonstrieren«, fand Jens
Schröder bei seinen Recherchen heraus.
Die Gesellschaft für Sport und Technik (GST) nimmt Computerspiele
1987 sogar in ihren Dachverband auf. Die GST ist eine vormilitärische
Massenorganisation mit ideologischen Einfluss, die vor allem Jugendliche
ans sozialistische Feindbild - den Westen als
»kapitalistisch-imperialistischen Klassenfeind« - gewöhnen soll.
1987 richtet die GST im Radiosportverband den Bereich Computersport
ein, regelmäßig werden sogenannte Programmierolympiaden veranstaltet.
Zugleich warnen Horst Völz und Gerd Hutterer auf der wissenschaftlichen
Konferenz in Halle ausdrücklich vor »westlichen« Spielen, die angeblich
»Suchterscheinungen, Phantasielosigkeit und Aggressivität fördern«.
Der Wissenschaftler Frank Hille proklamiert, dass Westspiele durch
die »inzwischen hervorragenden Möglichkeiten für Grafik, Animation und
Sound offen zur ideologischen Manipulation verwendet werden«. Den
offensichtlichen Widerspruch, dass die DDR selbst ihre eigenen Spiele
zur ideologischen Manipulation verwendet, ignorieren die Forscher.
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