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Steueroasen: In welchen Ländern Schwarzgeld noch willkommen ist

Wenn man Angel Gurría glaubt, ist Schwarzgeld bald Geschichte. Die internationale Gemeinschaft kämpfe „vereint gegen Steuerhinterziehung", sagte der Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), „bis es kein sicheres Versteck mehr gibt".

Tatsächlich sind die Fortschritte enorm. Zahlreiche Steueroasen haben angekündigt, eng mit ausländischen Ermittlern zu kooperieren. Offizieller Startschuss für die neue Ära ist die Silvesternacht: Von 2017 an melden Geldhäuser in aller Welt die Kapitalerträge ausländischer Kunden ungefragt den zuständigen Behörden vor Ort, die die Daten dann gesammelt an die Heimatstaaten der Anleger übermitteln. In Deutschland gehen sie ans Bundeszentralamt für Steuern, das sie dann an die Finanzämter am jeweiligen Wohnort weiterleitet. Dort prüfen die Beamten, ob Betroffene ihre Erträge in der Steuererklärung angegeben haben. Dieser automatische Info-Austausch (AIA) macht es somit deutlich schwieriger, Erträge zu verheimlichen.

Doch so lückenlos, wie OECD-Chef Gurría suggeriert, ist das Kontrollnetz nicht. Etliche Staaten steigen erst später ein. Einige Steueroasen haben bislang nur unverbindlich ihre Absichten erklärt. Ein Überblick:

Weltweit kämpfen Institutionen gegen Steuerschlupflöcher. Über Deutschland wird dabei selten gesprochen. Dabei funktioniert die nach dem gleichen Prinzip - und wird von zahlreichen Dax-Konzernen genutzt.

Frühstarter. Fast 90 Länder haben sich bereits zum Informationsaustausch gemäß den neuen OECD-Vorgaben verpflichtet. 53 davon legen bereits 2017 los: Bis September melden sie Erträge, die Anlegern 2016 gutgeschrieben wurden. „Meldepflichtig sind nicht nur Zinsen und Dividenden, sondern zum Beispiel auch Spekulationsgewinne und Auszahlungen von Lebens- und Rentenversicherungen", sagt Jesco Idler, Partner bei Flick Gocke Schaumburg. Konten ohne Erträge fliegen auf

Aber selbst wenn Anleger mit innovativen oder komplexen Finanzprodukten Renditen einstreichen, die nicht betroffen sind, droht Ungemach: „Finanzdienstleister melden auch die bloße Existenz eines Kontos oder Wertpapierdepots", sagt Idler. Dies dürfte die Finanzbehörden hellhörig machen. Wenn ein Auslandsdepot existiert, ohne dass ein Anleger je Erträge gemeldet hat, liegt der Hinterziehungsverdacht schließlich nahe - und kann Rückfragen oder gar eine Razzia auslösen.

Zu den Frühstartern gehören einstige Steueroasen, bei denen eine Aufweichung des Bankgeheimnisses lange unvorstellbar war: Zypern, Luxemburg und Liechtenstein etwa, aber auch die Kanalinseln Jersey und Guernsey sowie die Cayman Islands in der Karibik.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nimmt die Enthüllung der "Panama Papers" über Briefkastenfirmen in der Karibik zum Anlass für einen neuen internationalen Vorstoß gegen Steueroasen. So sieht sein 10-Punkt-Plan aus.

Nachzügler. Weitere 34 Länder steigen ein Jahr später ein und liefern erstmals 2018 Informationen, dann über 2017er-Kapitalerträge. Dazu gehören die einstigen Alpenbastionen Schweiz und Österreich sowie Monaco und mehrere kleine, aber feine Offshore-Finanzzentren von Mauritius über Antigua bis zum Südseeparadies Samoa. Taktierer. Mit Singapur und Panama könnten zwei beliebte Fluchtburgen für Schwarzgeld folgen. Sie gehören zu einer Gruppe von 14 Ländern, die sich laut OECD zum Info-Austausch ab 2018 „bekannt", aber die Vereinbarung noch nicht unterzeichnet haben.

Immerhin haben beide die OECD-Konvention zur „Gegenseitigen Amtshilfe in Steuerangelegenheiten" unterzeichnet, die ein Bekenntnis zum Austausch enthält. In Singapur wurde die Vereinbarung bereits zu Jahresbeginn ratifiziert, in Panama steht dies noch aus. Die Bahamas, Hongkong, Macao, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate streben offiziell zwar ebenfalls den Austausch ab 2018 an, haben aber noch nichts unterschrieben.

Der Fall Apple zeigt, dass es selbst in der EU Steueroasen gibt. Während der Normalbürger vom Staat geschröpft wird, können internationale Konzerne ihre Abgabenlast immens reduzieren.

Verweigerer. Zu den Unterzeichnern gehören zwar die USA. Beim neuen globalen Info-Austausch wollen sie aber nicht mitmachen. Sie reklamieren laut OECD, dass sie bereits viele bilaterale Abkommen abgeschlossen hätten, die ohnehin automatische Datenlieferungen vorsehen.

Große Probleme sieht die OECD zudem - abgesehen von isolierten Staaten wie Iran oder Nordkorea - in Guatemala, Kasachstan und im pazifischen Inselstaat Mikronesien. Ein paar Verstecke bleiben also. Aber sie liegen oft in Staaten, die nicht für ein vertrauenswürdiges Finanzsystem bekannt sind.

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