Hai-Alarm auf Mallorca! Ein Blauhai hat am Wochenende an den Badestränden der Baleareninsel Panik ausgelöst. Wir haben mit dem renommierten Haiforscher Dr. Erich Ritter gesprochen, ob für Badegäste wirklich Gefahr bestand und wie man sich verhalten soll, wenn man tatsächlich einem Hai im Wasser begegnet.
"Hai-Alarm auf Mallorca!", "Badeverbot am Ballermann", "Panik unter Urlaubern - So titelten Bild-Zeitung und viele weitere deutsche Medien diese Woche über den Blauhai, der sich an den Strand Mallorcas verirrt hatte. In der spanischen Presse hingegen war kaum etwas über den Vorfall zu lesen. Wie beurteilen Sie den Vorfall? Bestand aus Ihrer Sicht Gefahr für die Badegäste?
Erich Ritter: Aus meiner Sicht bestand absolut keine Gefahr für die Leute. Dass ein solches Tier dort am Strand auftauchte, ist mehr Zufall als alles andere.
Ritter: Ich habe die Wunde nicht gesehen. Aber normalerweise überlebt ein Hai einen Haken. Dass man das Tier einschläferte, hat meiner Einschätzung nach wohl eher damit zu tun gehabt, dass man nicht wusste, wie man mit der Situation umgehen sollte. Aber wie gesagt, ich war natürlich nicht vor Ort und habe die Wunde auch nicht selbst gesehen.
Ist es ungewöhnlich, dass sich Haie im Mittelmeer Stränden nähern? In welchen Situationen geschieht dies?
Ritter: Im Mittelmeer ist es mittlerweile schon eher ungewöhnlich, dass Haie in Ufernähe auftauchen. Weltweit gesehen ist dies allerdings ein normales Phänomen. Der Hauptgrund, warum es viele Hai-Arten oft tun, ist um zu jagen, zu gebären, oder sich auch vor größeren Haien zu schützen. Letzteres trifft in erster Linie auf Jungtiere oder kleinwüchsige Arten zu.
Ritter: Haie sind per se ungefährlich. Es sind die Situationen, die wir mit ihnen kreieren - bewusst, unbewusst oder von Drittpersonen ausgelöst - die gefährlich sind. Haie sind die harmlosesten Top-und Superräuber auf unserem Planeten. Doch leider gaukelt ihr schlechtes Image etwas anderes vor.
Ritter: Das Risiko ist gleich Null. Auch bei dem Blauhai vor Mallorca bestand aus meiner Sicht wie gesagt absolut keine Gefahr für Badegäste. Die exponierteste Risikogruppe sind Surfer, die oft in jenen Gebieten surfen (zum Beispiel auf Sandbänken), wo sich Haie auch natürlicherweise aufhalten. Hier kann es zu Unfällen kommen, weil Menschen im Wasser auf die Haie fallen und die Haie - aus Hai-Perspektive gesprochen - die Surfer schlichtweg verstehen wollen, sie umkreisen, anstupsen und eventuell einen Gaumenbiss riskieren.
Ritter: Der Gaumenbiss ist lediglich ein Test. Ein Hai hat zahlreiche Geschmacksknospen im Maul und mit dem sanften Biss will er herausfinden, um was es sich bei dem unbekannten Objekt vor ihm handelt. Das hinterlässt im schlimmsten Fall ein paar Schnittwunden, solange man ruhig bleibt und nicht panisch um sich schlägt.
Ritter: Zuerst sollte man mit der aktiven Bewegung aufhören und in eine vertikale Position gehen. Sollte ich nicht mehr stehen können, dann sollte man sich mit den Händen und Armen so bewegen, dass man dem Hai immer seine Frontseite zeigt. Sobald der Hai dann von der Person weg zeigt oder in die entgegengesetzte Richtung schwimmt, sollte man selbst einige Schwimmzüge oder Schritte rückwärts weg vom Tier tun. Wenn der Hai sich wieder in meine Richtung bewegt, sollte ich wieder aufhören. Das Wichtigste ist: Man sollte nie versuchen, so schnell wie möglich ans Ufer oder aufs Boot zu gelangen, da nicht-rhytmische Geräusche für Haie sehr attraktiv wirken können und dann genau einen Unfall provozieren.
Ritter: Für die meisten Menschen sind Haie unbekannte, gefährliche Wesen. Daher ist das Wichtigste, was wir unseren Kursteilnehmern vermitteln, die Körpersprache des Hais zu interpretieren, Umweltfaktoren verstehen und wie mit jedem Hai kommuniziert und interagiert werden kann.
Ritter (lacht): Einiges. Am Wichtigsten vielleicht, dass Haie nie einen Menschen absichtlich verletzen wollen, ihn nie beißen, weil sie dem Menschen eins "auswischen" wollen.
Dr. Erich Ritter ist einer der renommiertesten und anerkanntesten Haiforscher weltweit. Er sammelt seit mehr als 35 Jahren Daten von unterschiedlichen Hai-Spezies in aller Welt und ist der einzige professionelle Spezialist für Hai-Mensch-Interaktion. Er entwickelte das erste Interaktionskonzept, das es Wassersportlern ermöglicht, sicher mit Haien jedweder Spezies und in unterschiedlichen Umweltbedingungen zu interagieren. An seiner SharkSchool geben er und sein Team weltweit Kurse, in denen Menschen lernen können, wie sie mit Haien sinnvoll interagieren, worauf zu achten ist, wenn sie ins Wasser gehen und vor allem, wie sie sich wohl und sicher in der Gegenwart von Haien fühlen.
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