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Alle Macht dem Volke - im Netz?

Die re:publica 18 bekräftigt uns einmal mehr dazu, unsere Geschicke im Netz selbst in die Hand zu nehmen, im Arbeitsumfeld ebenso wie im Gesundheitsbereich. Wir berichten euch, wie das gehen könnte.

Bei der re:publica 18 geht es um Empowerment, die Befähigung des Menschen, sich quasi selbst in die Hand zu nehmen. Das passt schließlich auch zum Motto der Gesellschaftskonferenz: POP, Power to the People. Übertragen wird diese Befähigung in den Panels und Diskussionen auf Lebensbereiche, die einen nicht unwesentlichen Teil des Alltags einnehmen: die eigene Arbeitsumgebung und das Gesundheitssystem zum Beispiel.

Die Arbeit der Zukunft gehört dem Menschen

Arbeit 4.0 oder Arbeit der Zukunft lautet ein Schlagwort, das die (angestrebte) Transformation von traditionellen Strukturen durch Digitalisierung in der Arbeitswelt beschreibt. Verschiedene Modelle werden dazu bereits ausprobiert, die sich unter anderem mit agiler Projektarbeit und Konzepten wie Lernfabriken auseinandersetzen.

Der Fokus liegt bei beiden tatsächlich nicht auf Maschinen und Technologie, sondern auf dem Menschen. Dabei geht es vor allem um Mitbestimmungsrechte von Mitarbeitern auf ihr Arbeitsumfeld, die laut der Experten vor Ort gerade durch den digitalen Wandel immer wichtiger werden.

Mehr Mitgestaltungsrechte für Arbeitskräfte

Grundlage dafür ist zum Beispiel die beteiligungsorientierte Arbeitsgestaltung, bei der Mitarbeiter aktiv und vor allem selbstorganisiert ihre Arbeitsabläufe planen. Haben sie im Vorfeld ihre eigene Arbeitsbedingungen beurteilt, können sie danach gemeinsam die Umgestaltung in Angriff nehmen.

Gleiches gilt für die Arbeitsqualität, denn gerade in Zeiten zunehmender digitaler Arbeit steigt auch die Belastung, sogenannter Technologiestress. Die Projekte zeigen, wie viel Bedarf für Optimierung durch solche neuen Probleme besteht und an welcher Schraube noch gedreht werden muss.

Ein Gesundheitssystem mit emanzipierten Patienten?

Interessanter wird es im Bereich Gesundheit. Hierbei wird Empowerment für Patienten angestrebt, damit diese mit ihren Ärzten auf Augenhöhe sprechen können und nicht auf Laien-Experten-Basis von oben herab behandelt werden.

Dabei scheint zumindest der Begriff des traditionellen Patienten, also eines Kranken, der darauf wartet, dass eine Dienstleistung an ihm ausgeübt wird, heute bereits nicht mehr zuzutreffen, sagt zumindest die Schweizer Professorin Andrea Belliger. Patienten beschäftigten sich ihrer Meinung nach deutlich mehr mit der eigenen Gesundheit und Krankheit. Von Emanzipation könne man allerdings noch nicht sprechen.

Patienten mündig machen

Durch die Digitalisierung gäbe es nun die Chance, das Gesundheitssystem dahingehend zu verbessern, dass der Patient Herr seiner Daten wird. Wenn er erst einmal weiß, wo er seine eigenen Kranken- und Gesundheitsinformationen finden kann und den Wissensrückstand, zum Beispiel zu seiner Krankenkasse oder seinem Hausarzt, aufgeholt hat, wird er mündig und kann auf nahezu gleicher Ebene mitreden. Transparenz und Zugang zu Daten sind also essentiell, findet Belliger.

Dass es in Deutschland ausgerechnet eine Krankenkasse ist, die mit einer digitalen Gesundheitsakte den Vorstoß auf diesem Gebiet wagt, findet Belliger allerdings etwas fragwürdig. In der Schweiz, so merkt sie an, vertraue man den Krankenkassen nicht.

Die Menschen fühlen sich von Ärzten allein gelassen

Es fehle auch an Qualitätskriterien, geht es beispielsweise um die Flut an Apps und Wearables, mit denen man seine Gesundheitsdaten heute auf Schritt und Tritt selbst sammeln kann. Laut Belliger fühlen sich viele Menschen immer noch allein gelassen, weil ihre medizinischen Bezugspersonen selbst davon überfordert seien. Die Empfehlung einer passenden App durch den eigenen Arzt würde dagegen Vertrauen schaffen.

Vision einer Gesundheitscommunity

Im Idealfall würde das digitale Gesundheitssystem laut Belliger sowieso mehr einer dynamischen Gesundheitscommunity ähneln. Für solch ein Netzwerk müssten Ärzte ihrer Meinung nach allerdings noch kompatibel gemacht werden. Für diese wäre der Wandel zu schnell und sie seien zu stark auf die Arzt-Patienten-Hierarchie ausgerichtet.

In fünf bis zehn Jahren, so sagt sie, wären Diagnose und Therapie dann sehr stark über Daten gesteuert, wofür auch weniger Menschen nötig seien. Die Medizin würde sich zudem eher in Richtung Prävention ausrichten, während der Patient in Krankheitsfällen deutlich mehr mit Menschen und Maschinen in Kontakt kommen werde.

Gesundheit DIY

Die Befähigung des Menschen, sich quasi selbst in die Hand zu nehmen - darin steckt auch Do it yourself (DIY). Und diesem Motto wiederum haben sich sogenannte Maker Spaces verschrieben. Einen solchen kollaborativen Arbeitsplatz bot auch die re:publica in diesem Jahr wieder. Gemeinsam mit dem Fab Lab Berlin wurde an vor allem technischen Lösungen für Menschen mit Behinderung gebastelt.

Das Lab selbst stellte vor, was für Ideen bereits entwickelt wurden. Krücken für blinde Kinder zum Beispiel. Diese sind heutzutage immer noch unhandlich und teuer sind. Smarter wären Krücken aus dem 3D-Drucker, die sich selbst immer wieder anpassen können. Technologien wie Amazons Sprachassistentin Alexa wiederum könnten dafür genutzt werden, einem tauben Menschen Stimmen und andere Geräusch visuell darzustellen. Die Ideen der MakerSpace-Teilnehmer reichten von Kamera-Handhelds für Linkshänder bis zu einem smarten Gürtel, der Gehörlose über Geräusche informiert.

POP wird diese Konferenz auch die nächsten beiden Tage begleiten. Wir halten euch über Diskussionen, Vorträge und Workshops zum POPulismus, POPkultur und anderen Filterblasen auf der re:publica 18 auf dem Laufenden.

Disclaimer: futurezone ist Medienpartner der re:publica 18.

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