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Die Roboter-Revolution der Wirtschaft hat längst begonnen

Seit der Entwicklung des ersten Industrieroboters 1960 haben Robotik und Automation einen Siegeszug angetreten, der seinesgleichen sucht.

Pomona, Kalifornien, im Juni 2015: Das Finale der DARPA Robotics Challenge. Während des 33-monatigen Wettbewerbs zur Förderung der Entwicklung semi-autonomer Bodenroboter, die fähig sind, Menschen im Rahmen natürlicher und durch Menschen verursachter Katastrophen zu assistieren, stellen sich 25 internationale Teams der letzten Herausforderung. Insgesamt drei deutsche Teams messen sich in einem künstlich erschwerten Kreislauf aufeinanderfolgender Aufgaben, der durch eine verminderte Kommunikation zwischen Roboter und Operator gekennzeichnet ist. " Johnny 05", " Momaro" und " Florian " sind speziell dazu konzipiert worden, die bisherigen Standards in den Bereichen überwachter Autonomie, Mobilität bei An- und Abstieg sowie Fertigkeit, Stärke und Belastbarkeit einer Roboterplattform voranzutreiben.

Utah im Oktober und November 2016: In der steinigen Wüstenlandschaft des US-Bundesstaates wird die unwegsame Oberfläche des Mars simuliert. Das Roboter-Team SherpaTT und Coyote III des Robotics Innovation Center des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) wird in einem aufwendigen Manöver erfolgreich eine "Mars-Sample-Return-Mission" ausführen. Die zum Teil manuelle Steuerung der einzelnen Missionsschritte erfolgt aus dem 8.300 km entfernten Bremen, unter anderem mithilfe eines Exoskeletts. Zur Realisierung des autonomen Verhaltens der Roboter werden spezielle Selbstlokalisierungs- und Kartierungsalgorithmen herangezogen. Diese erlauben die Generierung einer Umgebungskarte auf Grundlage der Informationen aus den unterschiedlichen Sensoren.

München 2017: Das Start-up Franka Emika nimmt Vorbestellungen für seinen Roboterarm entgegen. "Cobot" Franka wird nicht nur in der Lage sein, Kopien von sich selbst zu bauen, sondern ohne Risiko in direktem Kontakt mit Menschen zu agieren. Als selbsternannte erste Generation kollaborativer Leichtgewicht-Robotersysteme ist Franka von Beginn an dazu designt worden, an der Seite von Menschen zu arbeiten und damit eine Sicherheitsfunktion zu gewährleisten, die bisher nur hochentwickelten, kostenintensiven Systemen vorbehalten war. Die für Franka vorgesehenen Aufgaben umfassen Tätigkeiten mit direktem physischen Kontakt, auf deren Automation insbesondere Elektronikhersteller seit langem warten.

Top-Positionen für die EU und Deutschland

Katastrophenschutz, Weltraumforschung, engste Mensch-Roboter-Kollaboration ... die Anwendungsbereiche für Roboter und Automation scheinen schier unendlich und vergrößern sich zusehends. Allein wirtschaftlich betrachtet besagen Prognosen, dass sich das gegenwärtige Umsatzvolumen der Roboterindustrien weltweit von rund 22 Milliarden Euro bis 2020 auf jährliche Umsätze von bis zu 62 Milliarden Euro erhöhen und damit nahezu verdreifachen wird. Während die Strategische Forschungsagenda SRA für Robotik in Europa gerade Servicerobotern in der nichtindustriellen Fertigung das Potenzial für ein rasantes Marktwachstum bescheinigt, - sie sollen langfristig betrachtet den größten Bereich des globalen Absatzes von Robotik ausmachen - repräsentiert die industrielle Robotertechnologie bereits jetzt das Rückgrat der Großproduktion. Besonders im Hinblick auf internationale Wettbewerbsfähigkeit sowie auf zukünftige Projekte wie die Informatisierung durch Industrie 4.0 gelten Roboter als Schlüsselelement für das Wachstum der herstellenden Industrie.

Im globalen Rennen um die Automatisierung der Herstellung sieht der Weltroboterverband IFR die Europäische Union in einer der Spitzenpositionen. Die Verkäufe von Industrierobotern stiegen 2015 um zehn Prozent (auf 50.100 Einheiten) und damit erneut auf einen Höchststand.

Als zweitgrößter Absatzmarkt für Industrieroboter weltweit beheimatet Europa zudem allein 65 Prozent der Länder, die eine überdurchschnittliche Anzahl an Industrierobotern gemessen an der Anzahl ihrer Arbeiter vorweisen können. Konzerne wie ABB-Schweiz sowie KUKA und Dürr aus Deutschland haben dabei auf dem europäischen Markt „die Nase vorn". Nichtsdestotrotz sind die stärksten Wachstumstreiber der Roboterindustrie weiterhin in China zu finden, das seine Führungsposition als größter Markt für Industrieroboter auch 2015 signifikant ausgebaut hat. Mit einem Verkaufsanstieg um 20 Prozent überstieg China 2015 im Alleingang das Gesamtumsatzvolumen Europas. Bereits 2019 wird das Land dem Weltroboterverband IFR zufolge zum Absatzmarkt für rund 40 Prozent des globalen Marktvolumens an Industrierobotern aufgestiegen sein. Im Vergleich dazu sind beispielsweise US-amerikanische Robotikhersteller eher abgeschlagen.

Deutschland repräsentiert nach China, Südkorea, Japan und den USA den fünftgrößten Markt für Industrieroboter weltweit sowie den größten entsprechenden Markt innerhalb Europas. 2015 erzielte die deutsche Robotik- und Automationsbranche im In- und Ausland einen Umsatz von rund 12,5 Milliarden Euro, von denen etwa 3,4 Milliarden Euro auf den Bereich Robotik entfielen. Dabei stieg auch hierzulande die Zahl der verkauften Industrieroboter zum wiederholten Mal auf ein Rekordhoch. Allein KUKA Robotics und Dürr konnten 2015 im Bereich Industrierobotik laut Statista einen Jahresumsatz von rund 910 Millionen Euro bzw. 600 Millionen Euro erwirtschaften.

Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) unterliegen einem stetigen Wettbewerbsdruck

In Bezug auf den Absatz galten wie bereits in den Jahren zuvor die Elektronikindustrie, die Metallindustrie sowie die chemische, Kunststoff- und Gummiindustrie als größte globale Wachstumsmotoren der Industrierobotik. Der Umsatz in der Autoindustrie erhöhte sich indes nur moderat. Verkäufe an alle Industrien, außer Automobil und Elektronik, deren Wachstumsraten bei 20 Prozent bzw. 15 Prozent lagen, stiegen dabei um durchschnittlich 27 Prozent. Diese Entwicklung zeigt deutlich, dass mittlerweile nicht mehr nur die traditionellen Herstellungsindustrien ihre Roboterinstallationen erheblich aufstocken, sondern auch andere Industrien diesem Beispiel folgen. Gleichzeitig führt der anhaltende Druck, Produktionsprozesse über die zwei größten Branchen hinaus zu automatisieren, zu einem wachsenden Bedarf an neuen Technologien und Arbeitsverfahren, insbesondere für KMU.

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, benötigen KMU technologische Lösungen, die geringe Installations- und Betriebskosten sowie einen hohen Grad an Flexibilität ermöglichen. Traditionelle Industrieroboter für die Großproduktion können diese Ansprüche normalerweise nicht erfüllen. Daher gilt die Verschmelzung von smarten Technologien, lernfähigen Systemen und intuitiven Benutzeroberflächen mit konformen Robotermanipulatoren (vereinfacht: den „Handelementen" von Robotern) als Möglichkeit, durch Kostenreduktion zu expandieren und Beschäftigungszuwachs zu generieren.

Weg von der Masse, hin zum Kunden

Auch ABB und Dürr haben diesen Trend erkannt. „Die Produktion entwickelt sich von der Massenfertigung hin zur kundenspezifischen Fertigung. Daher muss die notwendige Flexibilität vorhanden sein, um die Produktion effizient zu verändern und anzupassen", berichtet Rainer Benz, Leiter der Division Robotik und Antriebe bei ABB Deutschland. Für Dr. Hans Schumacher, Präsident und CEO der Dürr Systems AG, lag das Hauptaugenmerk bei der Entwicklung der neuen und komplett vernetzten Robotergeneration ebenfalls auf einer deutlich höheren Effizienz und Flexibilität sowie smarten Lösungen. „Der Roboter mit 7-Achs-Kinematik ist ‚cloud ready', reduziert die Investitions- und Betriebskosten (in der Lackiererei) und erfüllt dabei höchste Qualitätsanforderungen", so Schumacher.

Für den deutschen Markt, dessen Unternehmen 2014 laut dem statistischen Bundesamt mehrheitlich (99,3 Prozent) zu den kleinen und mittelständischen Unternehmen zählten, bedeuten Förderprogramme, wie zum Beispiel das EU-Projekt ECHORD++, die diese Firmen abholen, ein enormes Potenzial für weiteres Wachstum. Gerade KMU sind oftmals innovativ und wagen sich an Projekte, die für große Player zu risikobehaftet erscheinen.

Für die Industrierobotik bleibt Asien der bedeutendste Markt

Den zukünftigen Entwicklungen in der Industrierobotik in Europa stehen Experten trotz bevorstehender Hürden positiv gegenüber. Nach Ansicht von Geoff Pegman, Managing Director von RURobots „sieht sich die Industrierobotik in den kommenden Jahren mit großen Herausforderungen konfrontiert. Die Integration von internetbasierten Diensten wie dem Internet der Dinge und Datenanalyse in die Produktion ist eine davon. Nichtsdestotrotz ist die europäische Industrie mit Initiativen wie der Industrie 4.0 und EU-Projekten wie ECHORD++ gut aufgestellt, um in diesen Bereichen eine führende Rolle zu spielen".

Auch global sind die Aussichten von positiven Trends geprägt. So sollen laut den jüngsten Prognosen des Weltroboterverbandes IFR bis 2019 rund 1,4 Millionen neue Industrieroboter i n Fabriken weltweit im Einsatz sein. Allein zwischen 2016 und 2019 wird von einem zweistelligen Wachstum von durchschnittlich 14 Prozent (2016) bzw. 13 Prozent pro Jahr (2017-2019) ausgegangen. Als einflussnehmende technologische Faktoren gelten dabei vor allem die zunehmend wichtigere Rolle von Industrie 4.0 in der globalen Fertigung, der Durchbruch der Mensch-Roboter-Kooperation in dieser Periode, aber auch der erhöhte Fokus auf modulare Roboter und Robotiksysteme, die zu attraktiven Preisen vermarktet werden können. Der erwartete Anstieg der jährlichen Absätze um durchschnittlich 5 Prozent auf den Robotermärkten in Südkorea und Japan (2016 bis 2019) sowie Chinas fortbestehende Rolle als stärkster Wachstumsmotor demonstrieren dabei deutlich, dass sich Asien auch in Zukunft als wichtigster Markt für Hersteller von Industrierobotern behaupten wird.

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