1 subscription and 0 subscribers
Article

Nordkorea-Flüchtling: Schwarzmarkt wird Entwicklung bringen

Tobias Nordhausen / flickr

Wien/Pjöngjang (APA) - Tausende Nordkoreaner fliehen jährlich vor dem totalitären Regime aus dem Land. 2004 trat John C. nach eigenen Angaben die Flucht nach China an. Im Gespräch mit der APA sagte der 28-Jährige am Wochenende, er sehe trotz Menschenrechtsverletzungen und völliger Isolation Zeichen der Hoffnung in Nordkorea. Aus Angst vor Repressionen gegen Angehörige bestand er auf einem Pseudonym.

In seiner Heimat existiere keine normale Wirtschaft. Die Ausbreitung des Schwarzmarkts infolgedessen „bedeutet, dass es eine wachsende Generation gibt, die Konzepte wie Kapitalismus und Wettbewerb kennenlernt", sagte C., der vergangene Woche auf Einladung der Hilfsorganisation Open Doors in Wien auftrat.


C. schätzt, dass es rund 440 Schwarzmärkte in Nordkorea gibt. Die Regierung blockiere diese nicht mehr wie früher, da sie die Lebensgrundlage für viele Menschen böten, um die sich die Regierung nicht kümmern könnte. Die dort auch kursierenden ausländische Filme und Serien ließen das Misstrauen von C. gegen die Staatsideologie wachsen, schilderte er.


Von seinen Eltern verlassen, sei die Kindheit von John C. von Hunger und Armut gekennzeichnet gewesen. Aus Perspektivenlosigkeit floh er nach China. Menschen, die aus Nordkorea flüchten und dabei scheitern, werden in der Regel in ein Arbeitslager oder politisches Lager gesperrt. Aber auch in China ist es für geflohene Nordkoreaner gefährlich, erklärte C. gegenüber der APA. Spione aus Nordkorea und schlechte Arbeitsbedingungen würden deren Leben stark erschweren. Nur wenige Nordkoreaner könnten in China eine Arbeit finden.


„99 Prozent der Frauen werden Opfer von Menschenhandel", berichtete C. Nordkoreanische Frauen würden für 500 bis 10.000 Euro, je nach Alter, verkauft. C. erinnerte sich an einen traurigen Fall, bei dem eine Frau für sogar nur 2.000 chinesische Renminbi (273 Euro) in ein kleines Dorf in China verkauft und dort unter sieben Männern herumgereicht wurde.


Als C. aus China ausreisen wollte, wurde er an der Grenze aufgegriffen. Er wurde in ein Gefängnis in China gesperrt und unter Beobachtung gestellt. Er sollte dabei helfen, die Strukturen von Fluchthelfern und Agenten zu enttarnen. Mit einem Fluchthelfer schaffte es C. zu fliehen, 2008 erreichte er Europa.


Geflüchtete und Satellitenbilder sind so ziemlich die einzigen Quellen, die von den 

wahren Lebensumständen im weitgehend abgeschotteten Nordkorea berichten können. Das stark ausgebaute Überwachungssystem und die Tatsache, dass sich eine Straftat auf drei Generationen der Familien auswirken würde, sollen jede Form der Meinungsäußerung und jedes Verhalten, das nicht der Norm entspreche, unterbinden.


Seit 14 Jahren führt Nordkorea den Weltverfolgungsindex von Open Doors an, der darstellt, wo Christen am stärksten verfolgt werden. Das Hilfswerk schätzt, dass von 200.000 Christen in Nordkorea, ein Viertel in Arbeitslagern untergebracht ist. Die Ausübung von Religion stehe unter strenger Kontrolle des Regimes. Einigen Christen sei es nur in Decken verhüllt und flüsternd erlaubt ihren Sonntagsgottesdienst abzuhalten. Existierende Kirchen hätten vorwiegend Symbolfunktion. Sie sollen ausländischen Besuchern und Touristen glaubhaft machen, dass es in Nordkorea Religionsfreiheit gebe.


(Das Interview führte Claudia Tschabuschnig/APA)

Original