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Indonesien Fotografie: Schlüsselmomente eines Landes

Als Gastland der diesjährigen Buchmesse ist Indonesien auch abseits der Literatur künstlerisch in Frankfurt aktuell prominent vertreten. Das Deutsche Architekturmuseum widmet sich mit der Ausstellung „Tropically Revisited" neuen Ansätzen der tropischen Baukunst, im Kunstverein werden zeitgenössische indonesische Werke ausgestellt. Das Haus am Dom zeigt in einer Retrospektive Arbeiten der Künstlerin Arahmaiani, die besonders in den Anfängen ihres Schaffens unter der Militärdiktatur zu leiden hatte.

Das Fotografie Forum Frankfurt schließt sich mit der Ausstellung „Beyond Transisi. Contemporary Indonesion Photography" an und hat eine beeindruckende Auswahl an Werken zusammengestellt, die eine große Bandbreite dieses vielschichtigen Landes abbilden.

Muhammad Fadli, Mitglied des indonesischen Fotografenkollektivs „Arka", das sich auf langfristige Dokumentationen in verschiedenen Regionen der Welt konzentriert, steuert Werke von indonesischen Alltagssituationen an abgelegenen Orten bei. Er zeigt beispielsweise eine Gruppe von Männern unter Bäumen am diesigen Strand, oder eine junge Frau, die sich verträumt im Wasser treiben lässt. Seine Bilder bergen in ihrer Beiläufigkeit Geheimnisse, die sich entweder in den Mienen der Menschen, ihren Konstellationen, oder einem verborgenen Teil der Natur andeuten. Ein Teil der Antwort ist in der Kolonialgeschichte zu suchen, die das Land über 400 Jahre lang prägte.

Vom Tsunami verwüstet

In klarem Gegensatz dazu stehen die Werke von Oscar Motuloh, einem der einflussreichsten Fotografen des Landes. In kontrastreichem Schwarzweiß fängt er in seiner „Soulscape Road"-Serie faszinierende Stillleben von verwüsteten Tsunami-Schauplätzen ein. Er entdeckt eine Schönheit in der Zerstörung, die auf einen Wiederaufbau, eine Neuordnung hoffen lässt. Er ist nicht der Einzige, der mit Schwarzweiß-Optik arbeitet, auch Fanny Octavianus und Rony Zakaria zeigen Indonesiens Großstädte als farblose und doch facettenreiche Welten, die kraftvoll, bedrohlich und liebevoll-melancholisch zugleich sind.

Einer der eindringlichsten Beiträge zu „Beyond Transisi" stammt von Kemal Jufri, der als Fotojournalist unter anderem für „Time", „The New York Times" sowie „Stern" und „Spiegel" arbeitet. Er lichtet Schlüsselmomente der Geschichte seines Landes ab, wie den blutigen Sturz des Diktators Suharto, ethnische Gewalt in Borneo, oder die Nachwirkungen von diversen Tsunamis. Für die Ausstellung hat er Werke zum Ausbruch des Mount Merapi, einem Vulkan in Java, beigesteuert, für die er 2011 den renommierten World Press Photo Award gewann. Seine surrealistischen-schockierenden Arbeiten zeigen die Ohnmacht des Menschen vor der Zerstörungskraft der Natur, ohne ihn zum Opfer zu erklären. Er ist Teil des Schreckens und auch der Schönheit.

Sofort ins Auge sticht die Porträtserie „Seventeen" von der in Jakarta lebenden Fotojournalistin Octa Christi. Das liegt zum einen an der Druckgröße und an der Sattheit der Farben, vor allem aber an der Intensität in den Blicken der jungen Menschen, die in ihren Kinderzimmern posieren und deren Alter der Serie ihren Namen gibt. Diese noch kindlich wirkenden Menschen sind die Zukunft des Landes: In Indonesien darf mit 17 zum ersten Mal gewählt werden, die Hälfte der Bevölkerung ist unter 30 Jahre alt. Der Umbruch von der Kindheit zum Erwachsensein wird durch kontrastierende Symbole verdeutlicht: Handy und Tablet liegen auf der gelben Elefantenbettwäsche, ein Kuscheltierberg ist neben dem kleinen Mädchen in riesigen Absätzen aufgestapelt. Die Jugendlichen werden zur Allegorie ihres Heimatlandes, irgendwo zwischen Religion, Freude, Armut, Hoffnung und Fortschritt.


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