Magnus Gertten: Ich habe 2007 einen alten Wochenschaubeitrag gesehen. Er erzählt die Geschichte einer Mission des Schwedischen Roten Kreuzes, das Häftlinge vor dem Ende des Krieges aus Konzentrationslagern evakuierte. In dem Beitrag sieht man, wie die Überlebenden in Schweden ankommen. Die Gesichter der Befreiten haben mich sofort in ihren Bann gezogen - unter anderem das Gesicht von Nadine. Wir konnten einige der Menschen aus dem Beitrag identifizieren. Insgesamt haben wir drei Dokumentarfilme über diese Überlebenden gedreht. Dabei hatte ich nie vor, dass eine Trilogie daraus wird. Nach dem Screening des zweiten Films „Every Face Has a Name" in Paris hat mich eine Frau kontaktiert, die mir am Telefon sagte, dass sie mir etwas zeigen müsse.
Wie ging es dann weiter?Christopher Ferner
Berlin
„Mir wurde bewusst, dass ich über eine riesige Liebesgeschichte gestolpert bin"
Es ist eine Geschichte, von der man kaum glauben kann, dass sie nicht schon viel früher erzählt wurde: Die belgische Opernsängerin Nelly Mousset-Vos und die Chinesin Nadine Hwang, die für einen der wichtigsten literarischen Salons der damaligen Zeit in Frankreich arbeitet, lernen sich 1944 als Inhaftierte im Konzentrationslager Ravensbrück kennen und verlieben sich. Beide Frauen waren zuvor im Widerstand aktiv. Zwar werden sie nach wenigen Wochen getrennt. Doch beide überleben die Schrecken des Holocaust und finden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wieder zueinander. Gemeinsam ziehen sie in die venezolanische Hauptstadt Caracas, um ein freieres Leben führen zu können. Doch zeit ihres Lebens verheimlichen die beiden Frauen ihre Beziehung vor ihren Familien und geben sich in der Öffentlichkeit als Cousinen aus. Der schwedische Regisseur Magnus Gertten stößt Jahrzehnte später im Zuge der Produktion eines anderen Films auf die Geschichte der beiden Frauen. fluter.de: Herr Gertten, Sie erzählen in Ihrem Film die Leidens- und Liebesgeschichte von Nelly Mousset-Vos und Nadine Hwang. Wie sind Sie auf diese beiden Frauen aufmerksam geworden?