Drei Beispiele
Wer profitiert von der Grundrente - und wer nicht?
Das Bundeskabinett hat die Grundrente beschlossen. Doch wer hat dadurch mehr Geld in der Tasche? Und wer genauso viel wie ohne den Zuschuss? t-online.de erläutert den neuen Renten-Zuschuss anhand von drei Beispielen.Retter in der Altersarmut oder teuer und am Ziel vorbei? Kaum eine Idee hat die Große Koalition in den vergangenen Monaten so sehr gespalten wie die Grundrente von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Jetzt steht fest: Es wird den Aufschlag auf Mini-Renten geben. Ab 2021 soll die Grundrente Menschen entlasten, die jahrelang zwar gearbeitet, deren Verdienst aber nicht groß genug für eine auskömmliche Rente war.
Vereinfacht funktioniert die Grundrente so: Rentner mit mindestens 33 Beitragsjahren erhalten einen Aufschlag auf ihre bisherigen Altersbezüge. Dafür werden die Entgeltpunkte aufgewertet, mit denen die gesetzliche Rente errechnet wird. Die Entgeltpunkte richten sich nach dem Einkommen, das ein Beitragszahler während seines Arbeitsleben bezieht.
Ein Durchschnittsverdiener in Vollzeit bekommt pro Jahr einen solchen Punkt. Für jeden Punkt gibt es derzeit im Westen 33,05 Euro Rente und im Osten 31,89 Euro pro Monat. Jedoch gilt das nicht für alle Menschen: Wer etwa nur in Teilzeit arbeitet, weil er Angehörige pflegt oder Kinder großzieht, bekommt weniger Entgeltpunkte.
Für diese Zeiten mit nur geringen Rentenanwartschaften soll die Grundrente greifen: Sie erhöht die Entgeltpunkte - nämlich für 35 Jahre auf das Doppelte des Durchschnittswerts der erworbenen Punkte, höchstens aber auf 0,8 Punkte. Höchstens ergibt sich durch die Grundrente so ein Zuschlag von 14 Entgeltpunkten. Im Schnitt entspricht das einer Summe von rund 454 Euro.
Doch was heißt all das konkret? t-online.de hat anhand fiktiver Beispielfälle nachgerechnet. Die Ergebnisse sind
Peter hat 45 Jahre lang als Busfahrer gearbeitet, dabei im Monat rund 2000 Euro brutto verdient - also deutlich weniger als der Durchschnittsverdiener in Deutschland. Obwohl Peter auf 45 Beitragsjahre kommt, ergeben sich für ihn deshalb nur 28,5 Entgeltpunkte. Peter lebt in einer Eigentumswohnung im Wert von 200.000 Euro, die er von seinen Eltern geerbt hat.
Ohne Grundrente: 856 Euro netto gesetzliche Rente. Mit Grundrente: 987 Euro netto gesetzliche Rente. Durch die Grundrente erhöhen sich für 35 Beitragsjahre die Entgeltpunkte von jährlich 0,63 auf 0,8. Für die übrigen zehn Jahre bleibt es bei den ursprünglich erworbenen 0,63 Punkten pro Jahr. Statt auf 28,5 Punkte kommt Peter durch die Grundrente auf 34,4, wodurch sich seine Rente erhöht. Dass er eine Eigentumswohnung besitzt, spielt keine Rolle: Denn die Bedürftigkeitsprüfung schließt Vermögensbestände explizit aus.
Marie aus Köln war 32 Jahre als Bürokauffrau angestellt. In dieser Zeit kam sie auf ein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen von 2.666 Euro. Anschließend wurde sie arbeitslos und erhielt bis zur Rente Hartz IV, wodurch sich ihre Rentenanwartschaften kaum erhöhen. Marie hat keine Kinder.
Ohne Grundrente: 776 Euro netto gesetzliche Rente. Mit Grundrente: 776 Euro netto gesetzliche Rente. Weil Marie weniger als 33 Jahre Beiträge gezahlt hat, erhält sie für ihre Lebensleistung keine Grundrente. Sie bekommt keine Aufstockung ihrer Mini-Rente, es bleibt beim ursprünglichen Betrag. Ihr bleibt nur der Antrag auf Grundsicherung im Alter.
Thomas hat 36 Jahre in einer Praxis als Zahnarzthelfer gearbeitet und Rentenbeiträge gezahlt. Er erhielt einen jährlichen Durchschnittslohn von 25.000 Euro, also rund 2083 Euro pro Monat. Zehn Jahre vor Renteneintritt hat Thomas von einem entfernten Verwandten ein Mietshaus in München geerbt, aus dem er Mieteinnahmen in Höhe von 5.200 Euro im Monat erzielt. Seitdem lebt er von den Mieteinkünften.
Ohne Grundrente: 682 Euro netto gesetzliche Rente. Mit Grundrente: 682 Euro netto gesetzliche Rente. Obwohl Peter mehr als 35 Jahre relativ geringe Rentenansprüche erworben hat, bekommt er keine Grundrente. Der Grund sind die hohen monatlichen Einkünfte aus seiner Immobilie, die im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung eine Rolle spielen.
Die Beispiele zeigen, wie unterschiedlich die Mini-Renten-Aufstockung sein kann. Viele Experten kritisieren die Einführung der Grundrente deshalb. "Die jetzt beschlossene Grundrente bessert das Alterseinkommen der Betroffenen nur unter bestimmten Voraussetzungen auf", kritisiert Jochen Pimpertz vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft. "Es wäre hilfreich, die Beantragung der Grundsicherung als weniger beschämend zu gestalten. Das würde allen helfen, die im Alter auf Hilfen angewiesen sind."
Das Münchner ifo-Institut lehnt die heute vom Kabinett beschlossene Grundrente ebenfalls ab. "Die Einführung der Grundrente in ihrer jetzigen Form lässt sich eigentlich nur dadurch begründen, dass damit der Koalitionsfrieden gewahrt werden soll", sagt Experte Joachim Ragnitz. "Die Grundrente kann konstruktionsbedingt nur einen geringen Beitrag zur Beseitigung von Altersarmut leisten."