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Wo kommt unser Ekel her?

Wer schon mal nüchtern, im Vollbesitz seiner Sinne, die erste S-Bahn vom Feiern nach Hause genommen hat, dürfte den Ekel gefühlt haben. Nicht, weil in der Ecke ein angebissener Burger liegt und die halbvolle Dose Bier eine feuchte Spur auf dem Mittelgang hinterlässt. Sondern weil das ganze Abteil nach dem getrockneten Schweiß aus überfüllten Clubs riecht, oder der beste Freund sturzbesoffen ist und den Vierer nebenan vollkotzt: Wir ekeln uns.


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Wir sollten beim Reden anfangen. Wir entkrampfen dadurch nicht unseren Darm, aber unser Miteinander. Wir könnten einfach sagen: „Platz da, ich hab Dünnschiss." Statt: „meinem Magen geht's heute nicht so gut, ich glaube, ich muss mal ums Eck, mein Bauch grummelt". Das schützt vor nervigem Mitleid und „Willst du ein Wasser?" und sprengt den Weg zur rettenden Schüssel frei.

Sich zu ekeln, hat seinen natürlichen Sinn, aber in der Direktheit stecken Chancen. Auf einen geradlinigen Umgang miteinander. Auf weniger Scham und auf bessere Beziehungen zu unseren Körpern, zu uns selbst. Menschen kacken, pissen, bluten nun mal.

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