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Oberarzt warnt vor Hitzewelle: "Es wird wohl Tote geben"

2018 gab es fast doppelt so viele Hitzetote wie Verkehrstote. Mediziner Hans-Peter Hutter fordert, das Thema nicht weiter zu verharmlosen.

"Ich bin echt keine Spaßbremse", sagt Hans-Peter Hutter, der sich auf der MedUni Wien unter anderem mit den gesundheitlichen Folgen der Klimakrise beschäftigt, "aber wir müssen zu einer vernünftigen Haltung finden. Also ganz klar: Eine Hitzewelle ist eine heikle und kritische Situation für die Bevölkerung. Sie bringt Probleme für viele."

Darunter würden vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen fallen. Oder: „Es beginnt mit einer hitzebedingten Kognitionsverminderung und Sie fahren dann mit dem Auto gegen einen Baum. Oder dem Mitarbeiter auf der Baustelle wird schwindlig und er überhört Warnungen oder übersieht Gefahren", so Hutter. Diese Fälle würden in der Statistik nicht als Hitzetote aufscheinen.

2018: 766 Hitzetote, 400 Verkehrstote

766 Menschen waren es 2018 in Österreich, ein Jahr davor 586. „Ja, die 766 Personen kann man als Hitzetote bezeichnen", heißt es von der zuständigen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), „die Zahlen sind schon sehr genau."

Aktuelle Hitzewelle "sehr, sehr ernste Angelegenheit"

"Es wird wohl Tote geben", sagt Hutter auf die Frage der Auswirkungen der aktuellen Hitzewelle in Österreich. Auch auf Nachfrage („Kein Konjunktiv?" - „Kein Konjunktiv.") bleibt er bei seiner Einschätzung. Die Daten würden es nahe legen. „Es wird zäh und vor allem für die Risikogruppen eine sehr, sehr ernste Angelegenheit."

Das Feld der Betroffenen ist breit. A ggressive Reizgase wie Ozon, die durch die UV-Strahlung in der Luft entstehen ("Sommer-Smog"), beanspruchen die Atemwege stark und können vor allem für Asthmatiker gefährlich werden, erklärt der Arzt.

14.000 Tote nach Hitzewelle in Paris

Die Verbindung zwischen Hitze und Tod wurde vielen erst so richtig im Jahrhundertsommer 2003 bewusst, als in Paris die Leichenhallen heillos überfüllt waren. „Die Stadt Paris musst eine Lebensmittelkühlhalde umfunktionieren zur Leichenlagerung", erzählt in einem Video Franz Allerberger von der AGES, die dem Gesundheitsministerium untersteht.

Hutter, der die Hitzewelle 2003 wissenschaftlich untersucht hat (in starben während dieser Welle demnach 130 Menschen) und die Pariser Zuständigen besuchte, spricht von über 14.000 Menschen, die damals innerhalb weniger Wochen in der französischen Hauptstadt aufgrund der Hitze verstarben.

Erst damals habe - in Frankreich - ein Umdenken stattgefunden und die Hitzewelle 2006 sei durch Warn- und Aufklärungsmaßnahmen viel besser - sprich mit signifikant weniger Toten - gemeistert worden.

Seit 2017 Hitzeschutzplan für Österreich

Auch in Österreich habe sich viel getan. So präsentierte 2017 die damalige Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) einen Hitzeschutzplan, der eine Hitzewarnung an Krankenhäuser, Altersheime, Kindergärten und sonstige Einrichtungen vorsieht.

Aktuell „ist noch keine Hitzewarnung der ZAMG (Warnstufe rot) erfolgt", erklärt Pressesprecher Oliver Gumhold vom Gesundheitsministerium, in den vergangenen Jahren sei das aber der Fall gewesen.

Das Ministerium möchte mit Tipps präventiv arbeiten und kündigt ein Hitzetelefon an, das von der AGES betreut wird. Der Hitzeschutzplan werde noch nicht bundesweit, sondern nur in einzelnen Bundesländern angewendet, erklärt das Österreichischen Rote Kreuz (ÖRK), das auf das „Cooling Center" hinweist, das morgen Mittwoch im Wiener Shopping-Center-Nord eröffnet.

Dass die Rettung bei Hitze „rund zehn Prozent mehr Einsätze" habe, wie es in einem Falter-Artikel von 2017 heißt, kann ÖRK-Rettungsdienstleiterin Monika Stickler nicht bestätigen. „Es gibt nur eine geringfügige Steigerung bei den Rettungseinsätzen."

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