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Ein Besuch beim Donnerstagsräuber - der nichts bereut


Ein Abendblatt-Reporter traf den Bankräuber, der seit 50 Jahren Verbrechen begeht und fast einen Haspa-Angestellten tötete.


Hamburg. Dreckiger Seiteneingang, Kippenstummel, fauliger Geruch, schwere Automatiktür, "Untersuchungsgefängnis, Besucher“. Ein Metalldetektor, einige Stufen hinab, den grauen Flur hinunter. Ein winziger Raum, ein Beamter als Aufpasser.


„Schön, dass Sie gekommen sind“, sagt Michael Jauernik. Er lächelt, das Hemd sitzt, die Armbanduhr leuchtet golden, die 70 Lebensjahre sind nur feine Einkerbungen in seinem Gesicht. Er habe nicht gut geschlafen, „hier hören ja alle immer dieses Rapperzeug, bum-bum-bum-bum“. Aber zwei Stunden, das könne vielleicht ausreichen, um vieles zu erklären, sagt der Mann, den sie den „Donnerstagsräuber“ nennen.


Läuft es nach ihm, wird dies eine Geschichte über einen alten Haudegen. Einen adrett aussehenden Kriminellen, der es einfach nicht lassen kann, der den bösen Banken oft eins ausgewischt hat. Wie in einem Hollywoodstreifen. „Richard GIER“ hat ihn die Bild-Zeitung bereits getauft.


Da ist nur ein großes Problem: Dies ist kein Film. Und Michael Jauernik kein Held. Über 50 Jahre hat er Banken überfallen, unschuldige Menschen traumatisiert, auf die er eine geladene Pistole richtete. Dem Haspa-Angestellten Lars Krause aus Altona im Januar 2017 hat er eine Kugel in den Leib gejagt und ihn fast getötet, an dessen Geburtstag. Früher schon Mitgefangene zu Revolten aufgewiegelt. Ein ausschweifendes Leben auf Kosten anderer geführt, ohne Reue.


Nach einem Überfall in einer Haspa-Filiale in St. Georg wurde Michael Jauernik erneut verhaftet und steht in diesem Spätsommer vor Gericht. Einen Mandanten wie ihn habe er selten erlebt, sagt sein Verteidiger Gerhard Strate. „Intellektuell hatte er es sicher nicht nötig, Bankräuber zu werden.“ Auch für Staat und Gerichte ist Michael Jauernik kein normaler Räuber, seit Jahrzehnten wirft er ihnen mit Gewalt die gleichen Fragen vor. Warum er so ist, wie er ist. Und wie sie mit diesem Kriminellen umgehen sollen, der aus der Zeit gefallen ist.


(...)


(Abendblatt plus)

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