► Vor dem Boarding versammelten sich Fans, Manager und ehemalige Mitarbeiter der Airline an Gate 16A. Es war eine Mischung aus Event und Trauerfeier.
Dann überraschend Pfiffe als sich Ex-Airline-Chef Joachim Hunold (68) zeigte. „Mr. Air-Berlin" hatte Tränen in den Augen. Ein ganz bitterer Moment. „Ich will den Mitarbeitern zeigen, dass ich bis zum Ende an Bord bin. Wir haben mit Air Berlin etwas Einmaliges geschaffen", sagte er zu BILD. Hunold versuchte Trost zu spenden, umarmte Angestellte, die nicht wissen, wie es mit ihnen weitergeht. Beim Einsteigen unterschrieb er wie alle Passagiere auf der Bordtür. „Es war 'ne tolle Zeit" steht dort jetzt unter anderem. Alle der 178 Plätze im Airbus A320 (Kennung D-ABNW) waren besetzt. Aber nicht von „normalen" Reisenden. Fast jeder hier hatte den Flug aus sentimentalen Gründen gebucht.Stefan Moritz (55), Steuerberater aus Berlin, hatte sich ein T-Shirt drucken lassen - mit der Aufschrift: „Ich nehme hier Abschied von der schönen Zeit."
Auch Touristikunternehmer Karlheinz Kögel (70) reiste extra für den Flug an: „Es geht etwas Schönes zu Ende, etwas Einzigartiges. Air Berlin, das waren nicht nur Flugzeuge, es war ein Lebensgefühl, es war einfach eine Airline, die anders war als die anderen."
► Um 22.36 Uhr hob der Flieger dann ab. Es gab Freigetränke und Häppchen, ein Rundflug über Berlin wurde angekündigt. In der Hauptstadt warteten mehr als 1600 Menschen auf der überfüllen Besucherterrasse des Flughafens Tegel auf die Landung.
„Ich bin immer gerne mit Air Berlin geflogen, das hatte immer so ein gewisses Etwas, zum Beispiel wegen der Schokoherzen", sagte ein Besucher. „Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Aber es ist traurig, dass diese traditionsreiche Marke vom deutschen und internationalen Flugmarkt verschwindet." Dann die Ehrenrunde über Berlin: Schönefeld, Tempelhof, die Straße des 17. Juni. Unten glitzerten die Straßen der Hauptstadt. Oben stiegen so manchem die Tränen in die Augen.Doch alles geht einmal zu Ende. Um 23.45 Uhr der finale Tochdown! Während der Landung lief „Time To Say Goodbye" von Andrea Bocelli.
Beim Ausrollen bildeten Feuerwehrwagen ein Ehrenspalier für den Flieger, vier Wasserfontänen schossen über den Jet. Es herrschte eine unglaublich emotionsgeladene Stimmung auf dem Rollfeld in Tegel. Die wartenden Menschen in Berlin empfingen die letzten Air-Berlin-Fluggäste mit andauernden Jubelrufen - fast wie Fußball-Weltmeister.
Zum Abschied ließ es Air Berlin noch einmal richtig krachen. Vom Überflieger in die Insolvenz Eine Chronologie des Unternehmens► 1978: Der Ex-Pan-Am-Pilot Kim Lundgren gründet die Chartergesellschaft Air Berlin. Am 28. April 1979 hebt der erste Flieger in Berlin-Tegel ab. Ziel: Mallorca. Die Air-Berlin-Flotte umfasst zu diesem Zeitpunkt zwei Maschinen.
►1991: LTU-Manager Joachim Hunold (68) kauft die Mehrheit der Air-Berlin-Anteile. Kurz darauf fliegt Air Berlin 15-mal pro Tag.
►1998: Air Berlin steigt mit dem „Mallorca-Shuttle" ins Linienfluggeschäft ein.
►2004: Air Berlin steigt bei der Fluggesellschaft Nikki des früheren Formel-1-Piloten Niki Lauda ein.
►2006: Air Berlin geht an die Börse.
►2008: Die Airline rutscht in die roten Zahlen. Eine Übernahme des Ferienflieger-Anbieters Condor scheitert. Das erste Sparpaket wird aufgelegt.
►2011: Hunold wirft hin, Ex-Bahn-Chef Hartmut Mehdorn (75) übernimmt. 18 der 170 Maschinen werden verkauft.
►2012: Die Fluglinie Etihad (Abu Dhabi) erhöht ihren Anteil bei Air Berlin von knapp drei auf 29,2 Prozent, stützt die Airline mit Millionen.
►2015: Air Berlin macht 447 Millionen Euro Verlust - so viel wie nie zuvor.
►2017: Air Berlin meldet Insolvenz an. Ein Kredit des Bundes (150 Millionen Euro) sichert die letzten Wochen. Am 27. Oktober hebt der letzte Flieger ab.
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