Was macht schwarze Männer verdächtig? Und wie kommt es, dass sie diesem Verdacht viel zu häufig zum Opfer fallen? Max Annas spielt das in seinem cleveren Krimi „Die Mauer" mal von A bis Z durch, und zwar in Südafrika. Dort soll eigentlich jetzt alles besser sein. Ist es aber nicht. Und das liegt an der Trägheit des Rassenhabitus, unter anderem. Aber von Anfang an.
Da ereignet sich nämlich zunächst nur eine Autopanne, in einer auch heute noch vorwiegend von Weißen bewohnten Gegend von East London, einer kleinen Dienstleistungs- und Hafenstadt mit großem Mercedes-Benz-Werk am Indischen Ozean. Auto kaputt, Telefon leer, flirrende Hitze: So fangen Horrorfilme an. Der schwarze Student Moses, verschwitzt und verdreckt vom Umzug seines Profs, dem er - nicht ohne was abzustauben - beim Bücherschleppen geholfen hat, ahnt natürlich nichts.
Ihm fällt nur ein, dass hier ein Kommilitone wohnt, ein Bure, Japie oder Janie, das weiß er nicht mehr genau, ein Unsympath, doch auch ein potenzieller Helfer. Nicht ohne eine gewisse Vorsicht huscht Moses durch das Gittertor der Gated Community vor seiner Nase.
Hatz auf den mutmaßlichen Tsotsi
Das Gelände, gedacht als Schutzzone, versehen mit zahlreichen Überwachungskameras, entpuppt sich für den jungen Mann schnell zu einer bösen Falle. Denn drinnen hat das private Wachpersonal womöglich nur auf jemanden gewartet, der sich derart gut als Freiwild eignet. Zumal das Gerücht von Einbrechern die Runde macht. Zwei sind tatsächlich in der Siedlung, ein Pärchen, Thembinkosi und Nozipho. Bis vor Kurzem, als Thembinkosi arbeitslos wurde, waren die mehrfachen Eltern unbescholtene Leute.
Schwarze, das merkt der Eindringling schnell, kommen hier ansonsten, auch 22 Jahre nach dem Ende der Apartheid, nur als domestic workers vor. Das Eingangstor ist da längst wieder fest verrammelt, die zweieinhalb Meter hohe eingrenzende Mauer mit ihren krönenden Elektrodrähten ein unüberwindbares Hindernis. Die Hatz auf den mutmaßlichen Tsotsi, wie Junggangster in Südafrika heißen, wird etwas mehr als zwei Stunden dauern.