16 subscriptions and 8 subscribers
Special

"Plastikprojekt" in Azizakpé, Ghana

Im Dezember 2019 habe ich die ghanaische NGO "Akoma Hearts of Ghana" vor Ort unterstützt.
Es ging vor allem um ein Vermittlungskonzept zur Müllproblematik auf der kleinen Insel Azizakpé im südlichen Voltadelta, auf der die lokale NGO aktiv ist.

In Ghana wird sehr viel in kleinen, braunen Plastiktüten verpackt. Man bekommt sie automatisch zu jedem Essen "auf die Hand" und zum "Mitnehmen" und zu praktisch jedem kleinen Einkauf im Shop oder auf dem Markt dazu. Dabei wird das Essen von den Verkäufer*innen oft mit der Tüte und nicht mit der Hand angefasst. Hygienisch in Plastik verpackt ist auch das Trinkwasser, das vorher mit dem Becher verteilt wurde. Plastik ist ein Fortschritt in Richtung Sauberkeit.
Leicht und stabil ist es auch. Was wichtig ist, wenn man Waren über kaum befahrbare Strecken transportieren möchte, zu Fuß, auf dem Motorrad oder mit dem Boot.
Zwischen dem Verkehr, den Häusern und am Strand streunen auch immer Schafe, Ziegen, Schweine, Hühner und Hunde herum. Viele der Tiere fressen Essensreste; die Menschen müssen sich daher um die Entsorgung kaum Gedanken machen. Schwierig wird es, wenn die Tiere auch das Plastik mitfressen.
Ein Bewusstsein dafür, dass organische Stoffe verrotten und Plastik nicht, gibt es so noch nicht.

Zu diesem Thema wollte "Akoma" ein Projekt starten, das ursprünglich v.a. Experten in die Fischercommunity bringen sollte. Als ich in Klasse fünf der von "Akoma" betreuten Schule hospitiert und bei "Integrated Science" zugeguckt habe, fand ich das Thema "Stoffmischungen und Trennverfahren" so anschlussfähig fürs Projekt, dass ich den Gedanken "So viel Partizipation wie möglich" für sehr realistisch hielt - und damit überzeugen konnte. Auf der Basis eines Grundkonzepts haben wir dann zu fünft (Chef, Mitarbeiter, zwei Volunteers und ich) in gut zwei Wochen - parallel zu einem Lehrerstreik und Vor-Ferien-Stimmung - das Projekt umgesetzt und dabei das Konzept auch immer wieder korrigiert.

Klasse vier hat eine "Story" erzählt und Klasse fünf etwas zu Stoffmischungen und Trennverfahren sowie zum Unterschied zwischen organischen und nicht-organischen Stoffen referiert. Klasse sechs hat Vor- und Nachteile von Plastik auf Plakaten visualisiert: dass Tiere sich in Plastik verfangen können, dass sie es fressen können, dass es in die Nahrungskette gelangt - und was Mikroplastik ist.

Die Präsentation fand in einer der drei Kirchen auf der Insel statt und stieß auf eine lebendige Zuhörerschaft, die engagiert Nachfragen stellte - es war also ein Erfolg.
Weitere Präsentationen sollen jetzt folgen.
Die Schüler*innen haben Englisch gesprochen - ein NGO-Mitarbeiter hat für die Eltern in die lokale Landessprache Dangme übersetzt. Die Kinder lernen die nationale Sprache Englisch erst in der Schule.

Für die Kinder war das ein allererstes "Referat". Selbst recherchieren können sie dabei nicht wirklich, die Insel verfügt über keinen Strom außer einem einzigen Solar-Panel für drei Lampen in der Nähe der Schule. Fast keines der Kinder habe ich Schulbücher mitbringen sehen, die Lehrer orientieren sich aber daran, es gibt ja feste Curricula. Auf der Insel sind die Klassen sehr klein, in "meiner" Sechsten waren sieben Kinder. Der Unterrichtsstil ist daher zwar einerseits oft frontal und Vieles wird vorgegeben. Andererseits experimentiert man auch in der Gruppe, schart sich um einen Tisch oder Computer und es herrscht eine sehr partnerschaftliche, vertraute Atmosphäre. Die Kinder sprechen oft im Chor, der Lehrer wird fast zu einer Art anfeuerndem Animateur - und die Kinder powern sich dabei aus und beklatschen sich und andere oft bei richtigen Antworten. Oder zur Aufmunterung.

Viele der YouTube-Filme, die ich zeigen wollte, passten überhaupt nicht zur Inselwirklichkeit. Ja, wir haben über Mikroplastik gesprochen. Nein, wir haben nicht über Kosmetik gesprochen oder spezielle Kleidung, Mega-Spielzeug-Müll oder Müllberg-Größenvergleiche mit europäischen Bezügen.

Ich glaube, an der Präsentation hatten sie am Ende Spaß. Das würde mich freuen.
Mir hat es auf jeden Fall Spaß gemacht.
Der Einsatz war unbezahlt und unbezahlbar :)