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Finanznot: Wegen Corona brechen vielen Studenten die Nebenjobs weg

Heidelberg. Die Orte, wo Studierende sich bislang ihren Lebensunterhalt verdienten, haben nun wegen des Coronavirus auf unbestimmte Zeit geschlossen. Zwar öffnen zumindest viele Geschäfte ab Montag wieder, dennoch stehen auch weiterhin viele Studierende mit Nebenjob vor der Frage: Wie finanziere ich mein Studium? Denn geringfügig Angestellte haben kein Anrecht auf Kurzarbeitergeld. Viele Arbeitgeber kündigten ihnen.

Ein Großteil der Studierenden in Deutschland ist erwerbstätig: Zwei Drittel haben einen Nebenjob. Das ergab die 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks. So wollen sich die Studierenden mehr leisten können oder unabhängig von ihren Eltern sein. Für die Hälfte ist ihr Nebenjob sogar essenziell: Ohne das zusätzliche Einkommen könnten sie ihren Lebensunterhalt nicht finanzieren.

Dazu zählt auch Sophie Seufert. Die 25-Jährige studiert Lehramt an der Pädagogischen Hochschule (PH). Nebenher arbeitet sie auf 450-Euro-Basis in einem Café in Bergheim. Seit dem 19. März kann sie ihrem Job nicht mehr nachgehen - das Café hat den Betrieb wegen der Corona-Verordnung vorerst eingestellt. "Ich habe gesehen, wie es in den letzten Tagen den Bach runterging. Der To-Go-Betrieb war einfach keine Lösung mehr", sagt Seufert. Für den April habe sie noch Gehalt bekommen. Wie es in den nächsten Wochen weitergehen soll, weiß sie nicht. Denn wann das Café wieder öffnen kann, ist unklar. "Dabei bin ich auf das Geld angewiesen", sagt Seufert. Sie habe zwar einen Studienkredit, der ihre Miete decke. Laufende Kosten wie ihre Krankenversicherung, Lebensmittel und den Handyvertrag müsse sie aber selbst bezahlen. Nun überlegt sie sich, einen neuen Job zu suchen - vielleicht im Sozialdienst.

Seit der Pandemie wird die Sozialberatung des Heidelberger Studierendenwerks vermehrt in Anspruch genommen. "Die Meldungen, die uns erreichen, kursieren in den allermeisten Fällen um die beiden Themenkomplexe Wohnen und Studienfinanzierung", sagt Tanja Modrow, Geschäftsführerin des Studierendenwerks. Der Bedarf nach Beratung steige etwa bei Studierenden, die ihren Nebenjob verlieren oder deren Eltern aufgrund der Krise ein geringeres Einkommen haben.

Das Studierendenwerk rät Studierenden, die bereits BAföG-Leistungen erhalten und ihren Job verloren haben, einen Aktualisierungsantrag beim BAföG-Amt zu stellen. Studierende ohne bisherigen Anspruch können nur in Einzelfällen einen Erstantrag stellen: "Zum Beispiel, wenn die Eltern aufgrund einer Schließung ihres Geschäfts nicht mehr für den Unterhalt aufkommen können." Alternativ könnten Studierende sich auch nach einem neuen Nebenjob umschauen. "In ausgewählten Berufsbereichen gibt es derzeit einen erhöhten Bedarf an Arbeitskräften, so zum Beispiel bei der Ernte, im Supermarkt oder im Gesundheitswesen", erklärt Modrow.

Ein neuer Nebenjob - das hielten auch Lea Fischer und viele ihrer Freunde für eine gute Idee. Die 24-jährige Studentin der Sonderpädagogik kann ihrem Nebenjob in einem Heidelberger Café derzeit ebenfalls nicht nachgehen, Anspruch auf BAföG hat sie nicht. "Vier meiner Freunde haben sich auf Erntehelferjobs beworben. Seit zwei Wochen bekommen sie keine Antwort." Eine Freundin habe bereits eine Absage bekommen. "Die Jobsuche gestaltet sich doch etwas komplizierter, als es oft dargestellt wird."

Das Deutsche Studierendenwerk schlägt nun einen Studienfonds von Bund und Ländern vor, aus dem "Studierende in finanzieller Notlage rasch und unbürokratisch Hilfe bekommen" sollen. Ein solcher Fonds käme auch Studierenden zugute, die aus verschiedenen Gründen kein BAföG erhalten. Das Studierendenwerk Heidelberg hat bereits einen Notfallfonds eingerichtet, dessen Mittel sind allerdings begrenzt. "Wir hoffen entsprechend, dass die Bundes- oder Landesregierung die Sorgen der Studierenden aufgreift und ihre finanzielle Unterstützung ausweitet", sagt Geschäftsführerin Modrow.

Auch die " Vereinigung der Freunde der PH Heidelberg" handelt nun. Mit einem Spendenaufruf sammelt der Verein Geld für PH-Studierende, die "nicht von anderen Unterstützungsangeboten wie BAföG-Aufstockung profitieren" können. Die Begründung: "Bisher gibt es keine tragfähige, schnell greifende Hilfe für diese jungen Menschen." Wie Beantragung und Vergabe ablaufen werden, wird in der kommenden Woche gemeinsam mit dem Studierendenparlament und dem Gleichstellungsbüro der PH festgelegt. "Ich finde es super, dass es Menschen gibt, die sich auch um diese Gruppe Gedanken machen", freut sich PH-Studentin Fischer. Warum sie als 450-Euro-Jobberin bisher keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung von Bund und Land hat, kann sie nicht nachvollziehen: "Ich arbeite schließlich nicht aus Langeweile neben meinem Studium."

Alle wichtigen Fragen zur Studienfinanzierung in Corona-Zeiten beantworten wir hier speziell für Heidelberger Studierende.

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