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Wenn hinter jedem Kopfschmerz gleich Krebs steckt

Manche Menschen vermuten hinter jedem Fleck auf der Haut Krebs, fürchten einen Tumor, wenn sie Kopfschmerzen haben, und halten ein Ziehen in der Seite für einen Hinweis auf eine schwere Krankheit. Sie reagieren empfindlich auf jede Veränderung in ihrem Körper. Dahinter kann eine hypochondrische Störung stecken - ungesunde Angst vor Krankheit. Es kann aber auch sein, dass sich der Betroffene einfach nach Aufmerksamkeit sehnt.

Viele alte Menschen gehen oft zum Arzt. Nicht unbedingt leiden sie deshalb gleich an Krankheitsangst. "Hinter dem Betonen von Symptomen kann auch der Ruf nach Aufmerksamkeit stecken", sagt Ursula Lenz von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO). Viele Ärzte berichteten von älteren Patienten, die regelmäßig in ihre Praxis kommen, obwohl sie nicht ernsthaft krank sind - einfach, weil sie mit jemandem reden möchten.

Vor allem nach dem Tod des Lebenspartners fühlen sich viele ältere Menschen allein. Ihnen kann es helfen, sich eine Aufgabe zu suchen - sich zum Beispiel um andere zu kümmern, einen Freund regelmäßig im Altersheim zu besuchen oder ehrenamtlich aktiv zu werden. Wer noch fit genug ist, findet auch in Gymnastik- oder Wandergruppen Anschluss. "Man muss", sagt Lenz, "die passive Lebenssituation durchbrechen."

Die Angst vor dem Vergessen

Dass sich Senioren grundsätzlich mehr in ihre Leiden hineinsteigern als Menschen anderer Altersgruppen, kann Prof. Frieder R. Lang von der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen nicht bestätigen. Der Psychogerontologe sieht aber mit Sorge, dass ältere Menschen, die Angst vor Demenz haben, oft überreagieren. Manchmal greift diese Angst so um sich, dass sie das Leben der Patienten beherrscht.

Meistens haben die Menschen völlig falsche Vorstellungen davon, wie sich eine Demenz ankündigt. Deswegen helfe es, mit einem Experten darüber zu sprechen, erklärt Lang: "Wer das richtige Wissen hat, kann gezielt und frühzeitig fachärztliche Hilfe aufsuchen und dort Dinge erfahren, die möglicherweise beruhigend sind."

Denn wenn man sich auf Symptome fokussiert und davon ausgeht, dass etwas Schlimmes dahintersteckt, werden die Beschwerden immer schlimmer. Das kann Gaby Bleichhardt bestätigen, die an der Philipps-Universität Marburg das Thema Krankheitsangst erforscht. Wie die Psychotherapeutin erläutert, kann alles Mögliche diese Ängste auslösen.

Daher kommen die Ängste

"Viele hatten ängstliche Eltern" und sind deshalb selbst übervorsichtig. Manchmal hat Krankheit in ihrem Leben auch eine wichtige Rolle gespielt - zum Beispiel, weil ein Angehöriger oder Freund an Krebs gestorben ist, man selbst schon einmal schwer krank war oder eine Fehldiagnose bekommen hat.

Bleichhardt rät Krankheitsängstlichen - egal, wie alt sie sind - , ihren Körper, Gedanken und Gefühle erst einmal genau zu beobachten und Zusammenhänge herzustellen. Denn die meisten Wehwehchen sind nicht Ausdruck schwerer Krankheiten, sondern zeigen, dass der Körper "am Leben ist".

Wer Angst hat, solle Beschwerden medizinisch abklären lassen, sagt Bleichhardt. Wenn man allerdings dieselbe Untersuchung mehrfach wiederholen will, obwohl bei den vorherigen Malen nichts gefunden wurde, dann könnte das ein Zeichen für eine hypochondrische Störung sein.

Außenstehende machen sich über Menschen, die an Hypochondrie leiden, gern lustig. Doch die Betroffenen leiden wirklich. Zwar nicht an der Krankheit, die sie zu haben glauben, aber an der Angst davor.

Wenn diese Angst länger als ein halbes Jahr andauert, sollte man zu einem Psychotherapeuten gehen. Dort lernen Patienten, besser zu verstehen, was in ihrem Körper vorgeht und Ängste besser zu bewältigen. Vor allem eine kognitive Verhaltenstherapie sei in solchen Fällen wirksam, sagt Bleichhardt.

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