6 subscriptions and 3 subscribers
Article

Klimawandel trifft insbesondere Frauen

Der 41. UN-Menschenrechtsrat Ende Juni 2019.

Die Sommersitzungen des Rats haben traditionell einen starken Fokus auf die Rechte der Frauen. Jährliche thematische Berichte der Arbeitsgruppe zur Diskriminierung von Frauen sowie der Sonderberichterstatterin über Gewalt gegen Frauen werden während der Sitzung vorgestellt. Es gibt Entscheidungen, die während der Sitzung diskutiert werden sowie Podiumsdiskussionen. Diesmal liegt der thematische Schwerpunkt auf Gewalt und Diskriminierung am Arbeitsplatz, Menschenhandel sowie Klimawandel.


Klimawandel ist nicht geschlechtsneutral


Der Klimawandel ist nicht geschlechtsneutral, er hat spezifische nachteilige Auswirkungen auf Frauen und Mädchen. Dies wird in der Aussprache über Klimawandel und Frauenrechte immer wieder deutlich. Michele Bachelet stellt einen neuen Bericht zum Thema vor, der zeigt, dass bei extremen Wetterereignissen Frauen aufgrund des unterschiedlichen sozioökonomischen Status und des Zugangs zu Informationen häufiger sterben als Männer. Schwangere und stillende Frauen sind durch den Klimawandel einer Ernährungsunsicherheit ausgesetzt. Salzigeres Trinkwasser kann aufgrund des steigenden Meeresspiegels zu Frühgeburten sowie zum Tod von Müttern und Neugeborenen führen. Die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken verstärken die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern und stellen eine akute Bedrohung für die Ausübung der Menschenrechte durch Frauen und Mädchen dar.


Frauen müssen an Klimaschutzmaßnahmen mitwirken

Beim Panel wird auch betont, dass Frauen nicht nur Opfer des Klimawandels, sondern auch aktive Mitwirkende an Klimaschutzmaßnahmen sind. „Wesentlich ist, Frauen an der Entwicklung geschlechtsspezifischer Klimaschutzmaßnahmen zu beteiligen", sagt Mary Robinson, Außerordentliche Professorin für Klimagerechtigkeit am Trinity College Dublin, Vorgängerin Bachelets und ehemalige Präsidentin von Irland. Sie plädiert dafür, Frauen mit Capacity Building, Netzwerken und dem Zugang zu Ressourcen zu unterstützen. Jede Entscheidung, die ohne Frauen und Mädchen getroffen würde, sei unhaltbar.


Gewalt gegen Frauen verwehrt Grundrechte


Bei der Diskussion über Gewalt gegen Frauen betont Bachelet, dass die weit verbreitete Gewalt gegen Frauen in der Arbeitswelt Frauen verwehre, ihre Grundrechte und -freiheiten zu genießen. Häufig sei ökonomische Unsicherheit die Folge und diese wiederum setze Frauen einem höheren Risiko von Gewalt und Missbrauch aus. Dieser Teufelskreis verschärfe sich durch eine Kultur der Straffreiheit. Einen Ausweg stellen ein verbesserter Zugang von Frauen zur Justiz dar, sowie wirksame Rechtsbehelfe für Frauen und Mädchen. Dazu gehören auch ein wirksamer Arbeitsschutz, eine Politik der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz. Ebenso brauche es Beschwerdemechanismen, die Gewalt verhindern und darauf reagieren.


Neuer globaler Ansatz gegen Gewalt


„Ein neuer systemweiter globaler Ansatz ist notwendig, um Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu beseitigen", sagt Dubravka Šimonović, die UN-Sonderberichterstatterin für Gewalt gegen Frauen. Das Mandat wurde 1994 geschaffen und feiert dieses Jahr sein 25. Jubiläum. "Ich glaube, dass die Einrichtung einer Plattform für die Zusammenarbeit zwischen internationalen und regionalen unabhängigen Menschenrechtsmechanismen für Frauen viel dazu beitragen wird, die zunehmenden 'Push Back Movements' gegen die Rechte der Frauen anzugehen."


Lohngleichheit in Island als Vorbild


Als besonderer geladener Gast bringt sich die Premierministerin von Island, Katrín Jakobsdóttir, in die Diskussion um Diskriminierung von Frauen ein. Island hat als erstes Land der Welt letztes Jahr ein Gesetz zur Lohngleichheit aufgesetzt. Dieses fordert bei gleicher Arbeit und gleicher Position auch gleiches Gehalt. Jakobsdóttir macht deutlich, wie wichtig ein derartiges Gesetz ist. Bisher habe es allerdings noch kein Land der Welt geschafft, gleiche Bezahlung bei gleichen Voraussetzungen zu garantieren. Doch sei es „nicht genug", vielmehr müsse auch das Ungleichgewicht zwischen unbezahlter Haushalts- und Versorgungsarbeit und bezahlter Erwerbsarbeit angegangen werden.


„Körper von Frauen werden neu politisiert"


Die Premierministerin gibt ihrer Sorge Ausdruck, dass bereits überholt geglaubte Debatten derzeit wiederaufkommen: „Die Körper von Frauen werden neu politisiert." Sie fordert die Regierungen auf, sich dafür stark zu machen, dass die Rechte der Frauen niemals beiseitegeschoben werden und kritisiert, dass neben Frauenrechten auch LGBTIQ* Rechte angegriffen werden. Sexistische Strukturen könnten nur durch eine große Bewegung und gemeinsam abgebaut werden. Es brauche eine „Gleichstellung aller Geschlechter".


Soziale Integration für Opfer von Menschenhandel


In ihrem Bericht an den UN-Menschenrechtsrat fordert Maria Grazia Giammarinaro, Sonderberichterstatterin für Menschenhandel, eine bessere soziale Integration von Opfern und Überlebenden von Menschenhandel. "Der Begriff der sozialen Eingliederung vermittelt am besten die Idee eines Prozesses, dessen erster Schritt die Genesung ist, wobei das Ziel die vollständige und dauerhafte Wiederherstellung aller Rechte ist, die vor und während des Menschenhandelsprozesses verletzt wurden, einschließlich des Rechts auf Bildung und Arbeitsmöglichkeiten", sagt die Expertin.


Bekämpfung von Stigmatisierung


Die Bekämpfung der Stigmatisierung, die mit dem Menschenhandel verbunden ist, wird als eine der größten Herausforderungen im Kampf gegen den Menschenhandel identifiziert. „Opfer von Menschenhandel werden oft für die Verbindung zur Sexarbeit, gescheiterte Arbeitsmigration oder unerfüllte Erwartungen verantwortlich gemacht - auch von Familienmitgliedern", sagt Giammarinaro. Wichtig sei auch, sich mit den strukturellen Ursachen von Ungleichheit und Diskriminierung zwischen den Geschlechtern auseinanderzusetzen, die für die überproportionale Zahl von Frauen und Mädchen als Opfer von Menschenhandel bestimmend seien. Weitere Herausforderungen stellen restriktive Migrationspolitiken, schlechte Sozialdienste, Geschlechterstereotypen und fehlender regulärer Aufenthaltsstatus dar. (Von Caroline Ausserer, erschienen auf der Webseite der Heinrich Böll Stiftung am 9. Juli 2019)

Original