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Interview

Feminismus - How to discuss with your parents


Über Feminismus diskutieren - so klappt´s!

Menschen jedes Geschlechts sollten die gleichen Rechte haben, gleich behandelt und respektiert werden. Logisch, oder? Obwohl sich Feminismus genau dafür einsetzt, stehen ihm viele kritisch gegenüber. Feministin Julia weiß wie ihr über Feminismus diskutieren und mit Vorurteilen aufräumen könnt. Warum Zahlen und Fakten manchmal nichts bringen und was ihr stattdessen tun könnt, hat sie uns im Interview erzählt.

Julia ist 24 Jahre alt, studiert Deutsch und Psychologie auf Lehramt und behandelt auf ihrem Instagram-Account  @trinksaufmich vor allem feministische Themen.


Julia, wieso sprichst du bei Instagram so offen über Sexismus und Feminismus?

Ich will meine Reichweite für etwas Gutes nutzen. Ich möchte zeigen, wie wichtig es ist, über diese Dinge zu sprechen. Ich war selbst eine sehr unreflektierte Person. Ich dachte auch Frauen sollten keine kurzen Röcke anziehen, weil man das nicht macht. Irgendwann dachte ich: Aber warum? Weil mir Männer sagen, dass das billig ist? Und dann habe ich angefangen, das zu hinterfragen.

Ich will die Person sein, die ich mit 14 gebraucht hätte.

Manche Influencer wirken so reflektiert und intelligent, als wären die so schon zur Welt gekommen und hätten nie eine andere Meinung gehabt. Deswegen finde ich es total wichtig zu sagen: Hey, ich war früher auch anders, ich habe es früher auch nicht verstanden.
Ich hoffe, gerade junge Menschen zu erreichen. Denn die jungen Menschen sind die Zukunft und wenn die das verstehen, womit wir gerade noch am struggeln sind, dann kann sich wirklich etwas ändern.


Was bedeutet Feminismus für dich?

Feminismus bedeutet für mich die Gleichstellung und gleichen Rechte für alle Geschlechter. Es bedeutet für mich, dass alle Menschen nachts alleine und ohne Angst auf die Straßen gehen können, gleich und fair entlohnt werden, dass einfach keine Unterschiede aufgrund des Geschlechts mehr gemacht werden und niemand Nachteile aufgrund des Geschlechts erfahren muss.


Zu welchen Themen bekommst du am meisten Feedback?

Das meiste Feedback bekomme ich zum Thema sexuelle Gewalt. Gerade wenn ich schreibe, dass Menschen, die Opfer von sexueller Gewalt sind, nicht schuld an dem sind, was ihnen passiert ist, kommt immer wahnsinnig viel zurück. Es kommt natürlich auch negatives Feedback – meistens von Männern – die sagen: „Es betrifft doch auch Männer“.

Ja, es betrifft auch Männer. Aber ich spreche für Frauen, weil mir so viele Frauen ihre Geschichten anvertrauen.

Die Erfahrungen von Frauen sind mein Schwerpunkt, über die Erfahrungen von Männern kann gern jemand anders berichten. 

Auch meine freizügigen Bilder polarisieren. Viele Leute kritisieren das oder werfen mir Schimpfwörter an den Kopf.

Ich frage dann einfach zurück: "Wieso postest du Bilder von deiner Katze? Oder von Blumen?"
Meistens antworten sie: „Weil mir das gefällt und ich es zeigen will“. Aber genauso geht es mir mit meinem Köper doch auch!
So wie du das Recht hast, etwas von dir zu zeigen, habe ich das Recht, etwas von mir zu zeigen.


Was sagst du, wenn jemand behauptet, Frauen seien aufgrund ihrer Kleidung selbst Schuld, wenn etwas passiert?

Ich finde das schon heftig, einem Opfer die Schuld zu geben.

Gerade wenn Männer so etwas behaupten, sage ich ihnen gerne, dass sie sich damit selbst niedermachen. Sie stellen sich dar, als seien sie Tiere, die sich nicht kontrollieren können und werten sich damit selbst ab. Wenn sie das hören, sind sie meistens still.


Was sagst du, wenn jemand behauptet, Frauen seien doch schon gleichberechtigt?

Ich habe oft Studien gezeigt, die belegen, dass Frauen zum Beispiel schlechter bezahlt werden. Aber die meisten Menschen stellen dann auf stur.

Deswegen versuche ich über alltägliche Situationen zu sprechen, in denen Frauen benachteiligt werden. Du kannst als Frau zum Beispiel abends nicht alleine rausgehen, ohne Angst vor Übergriffen zu haben.

Es gibt Studien, die belegen, dass jede dritte Frau Opfer von sexueller und körperlicher Gewalt ist. Aber das kommt nicht an. Deswegen vergleiche ich es mit einer Schulklasse.

In deiner Schulklasse wurden statistisch gesehen drei Mitschülerinnen bereits Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt


Was sagst du, wenn jemand behauptet Frauen könnten Männern Übergriffe anhängen?

Falschanzeigen kommen wirklich selten vor, dazu gibt es Statistiken. Ich finde es absolut scheiße, wenn Frauen sowas machen, denn sie sorgen dafür, dass den echten Opfern nicht mehr geglaubt wird. Trotzdem sollte man sich nicht auf die wenigen Falschanzeigen versteifen.

Ich sage bei diesem Thema gerne: Du möchtest doch auch nicht, dass einer Freundin etwas passiert und sie sich nicht traut, es jemandem zu sagen, weil ihr unterstellt wird, es sei eine Lüge. 

Das Leben mit einer Falschaussage so zu zerstören, wie der Täter das Leben des Opfers zerstört hat, ist gar nicht möglich.


Was sagst du, wenn jemand behauptet, du würdest Männer hassen?

Ich habe einen Vater, den ich liebe, ich habe männliche Freunde – ich hasse nicht alle Männer. Aber es ist leider so, dass viele Männer ein Problem darstellen und gegen solche Männer spüre ich Wut. Aber ich glaube, dass es solche Emotionen auch braucht, um etwas zu verändern. 

Mir ist bewusst, dass nicht alle Männer so sind. Aber eben zu viele Männer.

Und die patriarchalen Strukturen sind so in uns verankert, dass sich auch die Männer gegenseitig anfeinden. Genau so auch Frauen. Die patriarchalen Strukturen sind das Problem und nicht die Menschen.

Doch bis das bei allen angekommen ist, ist es noch ein langer Weg.


Du kannst sicher nicht jeden überzeugen. Was tust du gegen den Frust?

Wenn es ausartet: Die Person blockieren und das Handy weglegen.

Manchmal bist du so vertieft in deiner Instagram-Bubble, dass du vergisst, dass es draußen ganz anders aussieht. In der realen Welt anzukommen und sich mit Menschen zu umgeben, die dich verstehen, lieben und wertschätzen, kann unglaublich gut tun.

Klar könnte man versuchen, Meinungen zu verändern. Aber es ist eine gewisse Art von Selfcare auch mal zu sagen, dass man es nicht konnte. Das ist ja das Schöne an Social Media: Man kann Leute blockieren. Wenn es dir selbst guttut, dann hast du gewonnen.

Vielen Dank, dass du uns so viele Tipps gegeben hast, liebe Julia!

cp