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Kann man mit dem Wechsel zu Ökostrom tatsächlich die Umwelt schützen?

Die Nachfrage nach Ökostrom wird immer größer. Eine vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebene Umfrage zum Umweltbewusstsein in Deutschland zeigt, dass 2018 mit 38 Prozent der Befragten deutlich mehr Menschen Ökostrom bezogen als noch vor ein paar Jahren. Doch nicht überall, wo Ökostrom draufsteht, ist auch Ökostrom drin. Wir haben die wichtigsten Fakten rund um die grüne Energie für dich zusammengefasst.

Wie läuft die Stromproduktion ab?

Unser Strom wird auf verschiedene Weisen im In- und Ausland erzeugt. Grundsätzlich wird in den meisten Kraftwerkarten mechanische Energie in elektrische verwandelt. Um die Generatoren anzutreiben, werden Kohle, Öl, Gas oder Kernkraft verwendet, im Fall von erneuerbaren Energien werden Sonne, Wind und Wasser für die Energiegewinnung genutzt.

Die Leistung von Kraftwerken wird in Watt gemessen. Ihre Leistung ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig und lässt sich daher nicht gut vergleichen. Um einen Eindruck davon zu geben, wie viel Energie in den unterschiedlichen Kraftwerksarten produziert werden kann, hier ein paar Einzelbeispiele:

Das Kraftwerk Neurath in Nordrhein-Westfalen ist das größte Kraftwerk Deutschlands. Es hat eine Leistung von 4.200 Megawatt. Wie die übrigen Braunkohlekraftwerke arbeitet es in der Grundlast, das bedeutet, die Generatoren produzieren für die Belastung des Stromnetzes, die am Tag nicht unterschritten werden darf, um Haushalte und Industrie problemlos zu versorgen. Das Atomkraftwerk Brokdorf hat eine Leistung von 1.480 Megawatt. Damit kann das Kraftwerk circa 3,6 Millionen Haushalte jährlich mit Strom versorgen. Das Pumpspeicherwerk Goldisthal in Thüringen ist das größte Wasserkraftwerk Deutschlands und eines der größten in Europa. Es hat eine Leistung von 1.060 Megawatt. Der größte Solarpark Deutschlands soll in Brandenburg entstehen und bei einer Leistung von bis zu 175 Megawatt rund 50.000 Haushalte versorgen können. Deutschlands größter Offshore-Windpark heißt Arkona und liegt in der Ostsee. Er hat eine Leistung von 385 Megawatt. Der größte Onshore-Windpark Holtriem kommt auf 207 Megawatt.

Bei der Stromproduktion gibt es ein grundsätzliches Problem: Elektrizität lässt sich nicht speichern. Während Strom in Kraftwerken nach Bedarf produziert werden kann, ist die Menge bei erneuerbaren Energien abhängig von Sonneneinstrahlung, Wind und ähnlichen Faktoren. Wenn kein Wind weht, drehen sich die Windräder nicht und es wird kein Strom produziert.

Allerdings lässt sich Strom indirekt speichern. Dazu werden zum Beispiel Pumpen in Wasserkraftwerken genutzt, so auch im Pumpspeicherwerk Goldisthal. Dabei wird mit überschüssiger Energie Wasser zurückgepumpt, welches wieder fließen kann, wenn mehr Strom erzeugt werden soll. Gerade bei erneuerbaren Energien ist es sinnvoll, an weiteren Speicherungsmöglichkeiten zu forschen und in sie zu investieren. Auch, wenn diese oft teuer sind.

Welcher Strom landet im Haushalt?

Der produzierte Strommix aus verschiedenen Kraftwerken wird über unterschiedliche Stromnetze durch Leitungen und Kabel zu dir nach Hause transportiert. Laut Umweltbundesamt stammt unser Strommix in Deutschland zu knapp 30 Prozent aus Erneuerbaren Energien, wobei Windkraft den größten Teil ausmacht. Fast 40 Prozent werden mit Stein- und Braunkohle erzeugt, rund 14 Prozent durch Erdgas und etwa 13 Prozent durch Kernenergie.

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Die Verteilung ist in Deutschland aber sehr unterschiedlich. Welchen Strom du genau bekommst, hängt auch davon ab, wo du wohnst. Meist versorgt dich das nächstgelegene Kraftwerk mit Strom. In Brandenburg zum Beispiel setzt sich der Strommix zu 60 Prozent aus Braunkohle zusammen, danach folgen mit 30 Prozent erneuerbare Energien. In Bayern dominiert mit knapp 44 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen, allerdings kommt mit 38 Prozent auch ein großer Teil aus Atomkraftwerken.

Was genau ist Ökostrom?

Ökostrom bezeichnet im Allgemeinen Strom, der aus erneuerbaren Energien stammt. Das bedeutet, dass sich die Energiequellen schnell erneuern und uns unbegrenzt zur Verfügung stehen, wie zum Beispiel Wind oder Sonne. Die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien ist klimafreundlicher - denn dafür muss zum Beispiel keine Kohle abgebaut oder Uran angereichert werden.

Allerdings ist Ökostrom kein geschützter Begriff, es gibt in Deutschland auch keine konkrete Definition dafür. Und auch die Stromproduktion durch erneuerbare Energie steht immer wieder in der Kritik, nicht vollständig öko zu sein. Zum Beispiel bemängeln Kritiker*innen an Off- und Onshore-Windparks, dass sie das Landschaftsbild sowie die dort lebenden Menschen und Tiere stören würden. Die Alternativen wie Kohlestrom wirken sich allerdings deutlich schlechter auf die Umwelt aus.

Warum ist es so schwer, echten Ökostrom zu erkennen?

Vielen Ökostromanbietern wird sogenanntes Greenwashing vorgeworfen. Darunter versteht man verschiedene Methoden, die ein Unternehmen - oder in diesem Falle einen Stromanbieter - nach außen hin nachhaltig und „grün" erscheinen lassen. So kritisiert zum Beispiel Greenpeace, dass RWE mit seinem Pro-Klima-Tarif lediglich Atom- und Kohlestrom als Ökostrom deklariert.

Anbieter von Ökostrom brauchen zwar Herkunftsnachweise, die bestätigen, dass grüner Strom ins Netz eingespeist wird. Diese sind aber oft im Ausland günstig zu erwerben, ohne, dass dafür auch der Strom gekauft werden muss. So mache es laut Greenpeace auch RWE.

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Das funktioniert dann ungefähr so: In Skandinavien läuft ein Wasserkraftwerk. Dieses produziert Strom, der nachgewiesenermaßen aus erneuerbaren Energien stammt. Dafür gibt es ein Zertifikat, welches das bestätigt. Ein Stromanbieter kauft dieses Zertifikat und zeigt damit, dass in eben diesem Wasserkraftwerk Ökostrom produziert wird. Das ist an sich auch richtig, nur fließt der Strom ja so oder so. Ob der Stromanbieter nun das Zertifikat dafür hat, oder nicht. Das einzige, was dieses Zertifikat also aussagt, ist, dass Ökostrom produziert wird. Allerdings nicht von dem Stromanbieter. In diesem Beispiel hat der Stromanbieter nichts für grünen Strom getan, außer ein Blatt Papier zu kaufen. Da der Begriff Ökostrom aber nicht weiter geschützt ist, kann er ihn nun für seinen Strom verwenden.

Bei deutschen Herkunftsnachweisen ist das nicht ganz so einfach. Grüne Energie wird in Deutschland bereits durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert. Das heißt, jede*r Verbraucher*in - ob er*sie Ökostrom bezieht oder nicht - finanziert den Ausbau erneuerbarer Energien. Hier ist also kein Stromanbieter selbst an dem Ausbau beteiligt. Darum darf auch kein Stromanbieter Zertifikate von diesen erneuerbaren Energien kaufen. So wird verhindert, dass sie ohnehin fließenden Strom aus erneuerbaren Quellen nutzen, um ihren Strom Ökostrom zu nennen.

Bringt ein Wechsel zu Ökostrom überhaupt etwas?

Ja. Wenn du einen Ökostromvertrag abschließt, bedeutet das nicht, dass dein Strommix aus erneuerbaren Energien stammt. Aus jeder Steckdose kommt derselbe Strommix. Aber indem du einen Ökostromvertrag abschließt, kannst du ein wichtiges Zeichen setzen. Du kannst deinen Stromanbieter dazu bringen, erneuerbare Energien noch stärker zu fördern.

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Seriöse Anbieter von Ökostrom fördern den Ausbau umweltfreundlicher Methoden zur Stromgewinnung und sorgen damit dafür, dass mehr grüner Strom ins Netz eingespeist wird. Der Stromanbieter Polarstern nutzt zum Beispiel einen Teil seiner Einnahmen für die Förderung erneuerbarer Energien und den Bau von Biogasanlagen in Kambodscha. Dafür wurde der Anbieter unter anderem von Ökotest mit sehr gut bewertet. Genauso wie Greenpeace Energy. Dieser Stromanbieter hat unter anderem Anteile des Windparks Uetersen gekauft, um diesen weiter auszubauen.

Wenn viele Menschen zeigen, dass sie grünen Strom wollen, dann werden auch mehr Anbieter Wert darauf legen. Und wer Greenwashing keine Chance gibt, sorgt dafür, dass Fake-Ökostrom sich nicht lohnt und auch diese Konzerne auf echten Ökostrom setzen müssen.

Wie erkenne ich seriöse Ökostromanbieter?

Am einfachsten erkennst du verlässliche Ökostromanbieter am Ok-Power-Label. Das grüne Siegel wurde vom Verein EnergieVision ins Leben gerufen und zeigt an, dass der Strom des Anbieters ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen stammt und diese gefördert werden.

Außerdem bekommen nur die Stromanbieter das Ok-Power-Siegel, die keine Atom- und Kohlekraftwerke fördern. Ähnlich funktioniert das Grüner-Strom-Label. Es kennzeichnet Ökostromanbieter, die mit jeder Kilowattstunde einen festen Betrag für den Ausbau erneuerbarer Energien zahlen und somit die Energiewende vorantreiben.

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