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Tiefe erste Schnitte

Claire Messud

Das Ende einer Freundschaft als Reifeprozess: Claire Messuds Roman „Das brennende Mädchen“ kommt sprachlich sanft daher, entfaltet aber eine große Wucht.


Wann der Anfang vom Ende einer Beziehung einsetzt, lässt sich selten genau sagen. Aber es gibt den ersten Moment, in dem er sich nicht mehr leugnen lässt. Für Julia ist es der Halloween-Abend, an dem Cassie, anstatt mit ihr um die Häuser zu ziehen, auf einer Party mit Peter Oundle aus der achten Klasse herumknutscht. Dabei hatte Cassie behauptet, sie dürfe nicht raus. Aber das Schlimmste ist nicht, dass Cassie, wie Facebook-Fotos beweisen, sie angelogen hat, und auch nicht, dass sie sich Peter Oundle schnappen musste, in den Julia schon ewig verknallt ist. Es ist, dass Julia nicht versteht, warum ihre beste Freundin plötzlich nicht mehr ihre beste Freundin sein soll.

Die 1966 in Greenwich, Connecticut geborene Schriftstellerin und Literaturkritikerin Claire Messud erzählt in ihrem neuen Roman „Das brennende Mädchen" vom Verlust der allerersten Freundschaft als Initiationsritual auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Ein Mensch, dem man sich lange Zeit sehr innig verbunden fühlte, entwickelt sich plötzlich wieder zu einem oder einer Unbekannten. Das kann man nicht erklären, das muss man einfach erleben, sprichwörtlich überleben.

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