Erst für einen Job nach Kuba und dann mit Freunden in der Karibik Silvester feiern. Das Leben der Protagonistin von „Anderswo", einer Reisejournalistin in den mittleren Jahren, klingt ziemlich glamourös. Aber es fühlt sich schon auf den ersten Seiten sehr einsam an. Die Frau, die wir nur als B. kennenlernen, lebt zwischen New York und Deutschland, ist aber nirgendwo richtig zu Hause. Ihre Texte schreibt sie in spärlich möblierten Zimmern, außerdem geht sie gerne joggen, am liebsten in der Dämmerung. In einer New Yorker Jazz-Bar trifft sie manchmal ihre alte, inzwischen platonische Liebe, und irgendwo gibt es einen Bruder, dem sie per SMS „Happy New Year" wünscht.
(...)Familienbande als Schicksal: Das Thema, dessen sich Lueken hier annimmt, ist zugänglich, zeitlos und nebenbei eines der bekanntesten Motive der Literatur. Lueken entwickelt es noch einmal anders, mit einer nachdenklichen Beiläufigkeit, die nie schwer, immer dicht, allerdings wenig überraschend wirkt: der Vibe urbaner Einsamkeit, B.s Vorliebe für Joan Didion und Chantal Akerman - die die Romanfigur wohl mit Lueken gemeinsam hat - , das Spiel mit dem Initial der Protagonistin, die Blau mag und die Blue Notes des Jazz und ohnehin, wie man so sagt, den Blues hat.
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