Von Birgit Raddatz
Eine HIV-Infektion und Aids sind unheilbar. Trotzdem können die meisten Menschen dank moderner Medikamente nahezu sorgenfrei leben. Das wollen sie auch zeigen - und lächeln auf Plakaten der Deutschen Aids-Hilfe. Kritiker finden das verharmlosend.
Eine einzige Tablette am Morgen, alle drei Monate ein Arztbesuch. Im Alltag denkt Christoph kaum noch an seine HIV-Infektion, sagt er im Video der Deutschen Aidshilfe. Vor zwölf Jahren erfuhr der heute 31-Jährige, dass er HIV-positiv ist - und wäre sogar fast daran gestorben. Heute lebt er gut damit, sagt der Verwaltungsangestellte. Auch dank Medikamenten, die seine Virenlast niedrig halten.
Was unterscheidet HIV und Aids?
Christoph ist eins der drei Gesichter der diesjährigen Kampagne "Positiv zusammen leben" zum Weltaidstag. Auf dem Plakat lacht der junge Mann in die Kamera. "Mit HIV kann ich leben. Weitersagen!", steht in roten und schwarzen Buchstaben darauf. Das gefällt einigen Nutzern in den sozialen Netzwerken gar nicht. Einige werfen der Kampagne vor, die Risiken von HIV und Aids zu verharmlosen.
Nicht verharmlosend, sondern alltäglichMan habe bei der diesjährigen Kampagne bewusst auf selbstverständliche Szenen aus dem Alltag gesetzt, sagt Holger Wicht von der Deutschen Aids-Hilfe. "Wir wollen dramatische Bilder in den Köpfen der Menschen abbauen." Dramatische Bilder, wie beispielsweise der kranke Andrew Beckett, gespielt von Tom Hanks, im Film "Philadelphia". Als HIV und Aids auch in Deutschland bekannt wurden, habe Panik geherrscht. "Man ging sogar so weit, infizierte Menschen kennzeichnen zu wollen", so Wicht.
Die Aufregung bei Facebook hält Wicht für positiv. So werde über das Thema gesprochen. Auf der Internetseite der Deutschen Aidshilfe fänden Betroffene und Interessierte alles zu den Risiken und Schutzmöglichkeiten, sagt Wicht. In Deutschland sind etwa 88.000 Menschen mit HIV oder Aids infiziert.
Dass die Betroffenen ihre Krankheit als etwas Alltägliches sehen, sei zwar für einige Außenstehende schwer zu ertragen. Ängste jedoch schürten nur das Stigma, so Wicht. Model Christoph sieht die Aufregung um seine Person gelassen. "Warum ich so fröhlich gucke, ist nicht verharmlosend, das ist mein Leben!"
Auch deshalb richte sich die Kampagne an die ganze Bevölkerung, sagt Christine Winkelmann von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die die Kampagne mitorganisiert. "Positiv zusammen leben zwischen Menschen mit und ohne HIV findet bereits statt und ist möglich."
Diskriminierung beim ZahnarztTrotzdem sei ein veraltetes Bild über die Krankheit schwer aus den Köpfen herauszubekommen, weiß Holger Wicht. Zwar kann ein HIV-Infizierter heute durch moderne Medizin den Virus nicht mehr weitergeben. Viele Betroffene fühlten sich dennoch im Alltag stigmatisiert und ausgegrenzt.
Mehr zum ThemaDas beginne bereits beim Zahnarzttermin. "Da bekommt der HIV-Positive dann den letzten Termin, weil der Zahnarzt denkt, er müsse danach die Praxis besonders reinigen." Das sei eine irrationale Angst. Die Aids-Hilfe setze sich daher für mehr Aufklärung bei Ärzten und Pflegekräften über den professionellen Umgang mit HIV und Aids ein. Diskriminierung hänge generell auch oft damit zusammen, dass über das Sexualverhalten der Betroffenen geurteilt werde, so Wicht.
Auch Christoph wünscht sich mehr Aufklärung in der Bevölkerung. Im Alltag könne er alles machen, was auch Nicht-Infizierte können. Erst vor kurzem hat er zum Beispiel seinen Tauchschein gemacht.
Quelle: n-tv.de
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