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Sargassum: Neuer Fluch der Karibik

Ursache: Erwärmung und Abholzung

Zusätzlich transportieren Staubstürme aus der Sahara weitere Nährstoffe ins Meer, auch die zunehmende Erwärmung der Meeresoberfläche heizt das Algenwachstum an. 2018 reicht die Algenschwemme bis weit in den Golf von Mexiko hinein, im texanischen Galveston haben Wissenschaftler im Juni 2018 den "Seaweed Summer" ausgerufen. Gemeinsam mit den Bürgern beseitigen sie die stinkenden Tangberge.

Braunalge aus der Nähe | Sargassum besitzt Luftbläschen im Gewebe, um besser schwimmen zu können. In der Sargassosee treiben große Teppiche dieser Algen, in denen sich zahlreiche Lebewesen verstecken.

Wesentlich härter trifft die Algenflut die kleinen Inselstaaten der Karibik, die sich noch kaum von der letzten Hurrikansaison erholt haben. Die meterhohe kompakte Pflanzenmasse blockiert den Zugang zum Meer, verstört mit ihrem Anblick und Gestank Touristen und ist gesundheitsgefährdend - auch für Menschen. Aus dem verfaulenden Seetang entweicht Schwefelwasserstoff: Das Gas mit dem typischen Geruch fauler Eier kann Kopfschmerzen, Benommenheit, Übelkeit und Asthma verursachen sowie Augen und Atemwege reizen.

Auf den meisten Karibikinseln ist der Tourismus ein besonders wichtiger Wirtschaftszweig. So gibt das World Travel and Tourism Council für Barbados seinen Anteil am Bruttoinlandsprodukt für 2016 mit 39,9 Prozent an; jetzt sind auf Onlineforen wie TripAdvisor Sargassum-Warnungen zu finden. Die Regierung von Barbados hat, wie andere Regierungen auch, auf einer Pressekonferenz den nationalen Notstand ausgerufen, sie setzt Soldaten und Räumfahrzeuge ein und fordert die Bevölkerung zur Hilfe auf.

Tangräumen verursacht weitere Schäden

Auch die französische Regierung hat 3,5 Millionen Euro zur Unterstützung der französischen Karibikinseln wie Guadeloupe bereitgestellt. Für das Säubern der Strände haben Hazel Oxenford, Meeresbiologin an der University of the West Indies, und andere Wissenschaftler mit Umweltschutzgruppen und Fischern einen Leitfaden erarbeitet: "Wir haben aus den Fehlern von 2011 gelernt", erklärt sie. Wird mit schweren Maschinen zu viel Sand mit weggeschoben, kommt es zu Bodenerosion und der Zerstörung der Sandökosysteme. Die kostengünstigste und ökologisch schonendste Art des Tangräumens sei die Arbeit mit Rechen und Schubkarre, meint die erfahrene Professorin.

Der barbadische Minister für Seefahrt und Meeresökonomie Kirk Humphrey sieht die verrottenden Algen auch als Ressource: Sie können als Dünger oder Energiepflanze genutzt werden. An der University of the West Indies arbeitet eine Projektgruppe daran, aus dem Gammeltang Alginat zu extrahieren und daraus Membranen für Wasserfilter oder kompostierbare Wasserflaschen herzustellen.

Und die Fischer fangen jetzt statt fliegender Fische mehr Goldmakrelen, die unter dem Handelsnamen "Wahi Wahi" hohe Preise erzielen. Die fünf Meeresschildkrötenarten der Karibik schwimmen jedoch in eine ungewisse Zukunft: Die Tangwälle hindern sie an der Eiablage, und das Räumen der Tange kann ihre Nester zerstören.

Das Sargassum-Wachstum in der North Equatorial Recirculation Region und die Braunen Fluten 2011, 2015 und 2018 werden sich mit zunehmender Erhöhung der Meerestemperaturen und der wachsenden Überdüngung der See vermutlich wiederholen, dies werde "the new normal", meint Hazel Oxenford, die aber nicht nur pessimistisch ist. "Auf der anderen Seite könnte mit dem neuen Algenschwerpunkt zwischen der brasilianischen und westafrikanischen Küste langfristig vielleicht sogar ein neues Ökosystem entstehen: Sargasso-Süd."

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