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Claudia Schiffer kuratiert Ausstellung im Kunstpalast Düsseldorf

Claudia Schiffer ist zurück in Düsseldorf. 34 Jahre nachdem sie dort in der Diskothek Checker's vom Geschäftsführer der Pariser Fotoagentur Metropolitan entdeckt und damit der Grundstein für ihre Weltkarriere gelegt wurde, ist sie wieder in der Stadt am Rhein zu sehen. Nicht physisch allerdings, sondern auf grossformatigen Modefotos aus den 1990er Jahren, der Hochzeit der Supermodels und Modefotografie. Und sie ist erstmals als Kuratorin zu erleben, die in der Ausstellung "Captivate! Modefotografie der 90er" ihren ganz persönlichen Blick auf die Modebranche in der Zeit zwischen dem Fall der deutschen Mauer und 9/11 wirft. In das letzte Jahrzehnt der analogen Fotografie, in dem Modetrends auf den Laufstegen, in Magazinen und globalen Werbekampagnen gefeiert wurden. Eine Zeit vor Instagram und Co., die heute wie aus der Zeit gefallen scheint.


Das Who-is-Who der Modefotografen


Genau dieser Anachronismus war es, den Direktor Felix Krämer interessierte, als er 2018 Claudia Schiffer für das Kuratieren der Ausstellung anfragte. Schiffer in London, das Kunstpalast-Team in Düsseldorf, gemeinsamer pandemiebedingter Treffpunkt: die digitalen Ausstellungsräume, eine dreidimensionale Nachbildung der realen Fläche.


In 150 Bildern wird in der Ausstellung das Who-is-Who der einflussreichsten Modefotografen der letzten Jahrzehnte gezeigt, von Richard Avedon, Peter Lindbergh, Ellen von Unwerth bis hin zu Corinne Day und Juergen Teller. Ein umfassendes Portfolio, das nicht nur die unterschiedlichen Handschriften der Fotokünstler zeigt, sondern auch die verschiedenen Formate, in denen gearbeitet wurde: kunstvolle Modern Prints, Polaroids, Zeitschriftencover, Kontaktbögen und so genannte Sedcards, etwa Din A5 grosse Visitenkarten mit Foto, Körpermassen und Kontaktdaten, mit denen sich Models für Fotoshootings beworben haben. Claudia Schiffer bekam ihre erste mit 17 Jahren, sie war ihr Ticket in die Modemetropole Paris und der Beginn ihrer internationalen Modelkarriere.


Die Ausstellung ist in zehn Kapitel eingeteilt. Auftakt machen Fotos aus Claudia Schiffers allerersten Kampagne. Für das Label Guess inszeniert Ellen von Unwerth die junge Deutsche als Mischung aus Cowgirl und Brigit Bardot: Mit schwarzer Spitzenkorsage und verwehten blonden Haaren, in Jeans und Crop-Top durch einen Supermarkt tanzend oder im Badeanzug kerzengerade auf dem Gepäckträger eines Fahrrads stehend. Nur wenig später macht Karl Lagerfeld sie zum Gesicht seiner Chanel-Kollektionen. "Er verwandelte mich von einem schüchternen deutschen Mädchen in ein Supermodel, und brachte mir viel über Stil und darüber bei, wie man im Modegeschäft überlebt", sagt Claudia Schiffer im Interview mit Felix Krämer über den 2019 verstorbenen Couturier.


Das Phänomen der Supermodels


Dem Phänomen der Supermodels wird sich im nächsten Kapitel angenähert. Die 1990er Jahre waren ihr Jahrzehnt. Aus bis dahin meist namenlosen Mannequins der vergangenen Jahre wurden öffentlich eigenständige, individuelle Persönlichkeiten die Linda, Naomi, Tatjana, Tyra oder Carla heissen. Businessfrauen, die sich nicht mehr beliebig herum schubsen liessen, sondern ihre Karriere selbst in die Hand nahmen. Was heute selbstverständlich klingt war damals etwas völlig Neues, schreibt Schiffer im begleitenden Text. "Wir öffneten die Türen zu der bis dahin abgeschirmten Welt der Mode, waren rund um den Globus tätig (...), mit beispiellosen Honoraren und Exklusivverträgen."


Das spiegelt sich auch in der Sprache der Fotografie. Individualität steht jetzt im Rampenlicht, Mode wird zunehmend zur Randnotiz. Glatte Makellosigkeit ist nicht mehr der dominierende Status quo, nicht mehr ausschliesslicher Massstab für Schönheit. Cindy Crawfords Leberfleck, die Sommersprossen von Gisele Bündchen oder die Augenringe einer Kate Moss werden zu markanten Alleinstellungsmerkmalen ihrer Marke. Als Superstars sind sie omnipräsent, sowohl in etablierten Modetiteln wie Vogue oder Harper's Bazaar als auch in Formaten der Popkultur, dem i-D-Magazin, The Face oder beim Musiksender MTV. Sie verkörpern Glamour und Jet-Set, ihr Privatleben rückt in den Vordergrund, jede Extravaganz, jeder Drogenabsturz bringt Schlagzeilen.


Legendäre Runways und Shootings


1990 engagiert George Michel, inspiriert von einen Vogue-Cover, Naomi Campbell, Linda Evangelista, Tatjana Patitz, Christy Turlington und Cindy Crawford für das Video zu seinem Chartbreaker-Hit "Freedom". Im gleichen Jahr setzt Madonna in ihrem legendären Videoclip "Vogue" der Modefotografie ein Denkmal. Beide Titel sind in der Ausstellung zu hören, auf einem begehbaren Runway, an dessen Ende Ausschnitte aus Modenschauen zu sehen sind. Denn auch das gehört zu den 1990ern: Neue Bühnenkonzepte, die aus den Catwalks glamouröse Events für geladene Celebrities machten.


Für Kuratorin Schiffer sind die 1990er Jahre eine Ära der Neuerfindung, der Rebellion und Innovation, in der Mode, Musik, Unterhaltung und bildende Kunst miteinander verschmelzen. Ähnlich facettenreich ist auch die Entwicklung in der Fotografie, in die das Alltägliche Einzug hält, eindrucksvoll eingefangen von Ellen von Unwerth, die Kate Moss kniend, mit Milchflasche in der Hand, vor einem gefüllten Kühlschrank zeigt. Jene Kate Moss, die im Kapitel "Back to Reality" von Corinne Day und Juergen Teller wieder gezeigt wird. Halbnackt und ungeschminkt, als 15-Jährige am Strand oder mit rot gefärbten Haaren im Bett, im Stil des so genannte "Dirty Realism".


Glamour und Perfektionismus auf der einen, ein neuer ungefilterter Realismus auf der anderen Seite kennzeichnet für Schiffer die Modefotografie der neunziger Jahre. Das zu zeigen ist ihr mit der Auswahl gelungen. Es ist viel Schiffer zu sehen in Düsseldorf, auch wenn sie derzeit in London weilt.


Ausstellung "Capitvate. Modefotografie der 90er - kuratiert von Claudia Schiffer", 15. September 2021 bis 9. Januar 2022 im Kunstpalast Düsseldorf.


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