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DIE DIGITALE MÜLLABFUHR

Der Dokumentarfilm „The Cleaners" zeigt, wie Internet­konzerne Texte, Fotos und Videos bewerten - und im Zweifel löschen. Die Verfahren sind hoch umstritten. (© ALAMY)

„Löschen, ignorieren, löschen, löschen, ignorieren." Mit dem Finger an der Computermaus sitzt eine Frau in einem abgedunkelten Raum in der philippinischen Hauptstadt Manila vor einem PC. Neben ihr zahlreiche Plätze für Kolleginnen und Kollegen, die der gleichen Arbeit nachgehen. Es gehe darum, das Internet sauber zu halten, sagt sie. Es befreien von Inhalten, die niemand sehen will: Kinderpornografie, Vergewaltigungen, Enthauptungen, Hassrede. Mehrere Tausend Bilder bekommen manche der sogenannten Commercial-Content-Moderatoren, die hier arbeiten, täglich zu Gesicht. Ihr bleiben nur rund acht Sekunden für jedes Bild, für jede Entscheidung: Darf das Netz diesen und jenen Inhalt zu sehen bekommen oder nicht? Sie bewertet auch Kriegs­fotografie, Aktmalerei, Satire. Grenzfälle, bei denen der Kontext eine Rolle spielt. „Löschen", sagt sie, und verbannt mit nur einem Mausklick das Bild der Künstlerin ­Illma ­Gore, die ­Donald Trump mit einem kleinen Penis gemalt hatte, für immer von der Social-Media-Plattform Face­book. Kunst. Aber eben auch Nacktheit, Karikatur. Zensur? Wer entscheidet, was wir im Internet sehen? Und nach welchen Kriterien werden ­Online-­Inhalte überhaupt gelöscht? 


 An vielen Orten der Welt arbeiten Content-Moderatoren wie diese Frau in Manila. Zu den größten Standorten gehören die Philippinen. Dort sollen bis zu 150.000 Menschen diesen Job ausüben. Für ihren Dokumentarfilm „The Cleaners" haben die Regisseure ­Moritz ­Riesewieck und Hans Block mit Mitarbeitern von Firmen gesprochen, die auf den Philippinen für Facebook von Usern gemeldete Daten löschen - und vertraglich eigentlich nicht über ihre Arbeit sprechen dürfen. Oft wissen die Einheimischen nicht, was hinter dem Begriff Content-Moderation steckt. Anfangs bekommen die in der Regel jungen Filippinos eine kurze Einführung darüber, welche Inhalte sie löschen sollen. Dann entscheiden sie alleine darüber, welche Bilder online bleiben - häufig mit bedingtem Hintergrundwissen über die politische Situation eines Landes oder wichtige Persönlichkeiten. Ein Blick auf die Stellenausschreibungen für Content-Moderatoren zeigt, dass das Angebot groß ist - weltweit und eben auch auf den Philippinen, auf denen viele junge Menschen Angst haben, als Müllsammler zu enden. Im Film erzählt eine andere Frau: „Die Einkommen auf den Philippinen sind sehr gering. Die Arbeit als Content-Moderator ermöglicht es uns, hier zu überleben." Doch nach der Hoffnung die Ernüchterung: „Als uns erklärt wurde, was uns erwartet, wollte ich sofort wieder hinschmeißen." Das Schockierendste, was sie erlebt hat: ein Kind, das einen Mann oral befriedigt. Die psychologische Betreuung vor Ort ist oft unzureichend, die Angst vor der Arbeitslosigkeit jedoch zu groß, sodass viele bleiben.


  Autoren: Karoline Nuckel, Bernd Skischally

Den vollständigen Artikel lesen Sie in der August-Ausgabe des ARTE Magazins!

Dokumentarfilm, Dienstag, 28.8 | 21.50 Uhr

Online verfügbar bis zum 3. September auf arte.tv

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