Was sich durch die zweite Stufe der Pflegereform für Bedürftige und Angehörige ändert: Es geht vor allem um die Frage, wer überhaupt als pflegebedürftig eingestuft wird.
Warum will die Bundesregierung das bisherige System ändern?
Das Problem an der aktuellen Regelung ist, dass viele Demenzkranke nicht als pflegebedürftig gelten. Das liegt daran, dass es bei der Eingruppierung in Pflegestufe 1, Pflegestufe 2 oder Pflegestufe 3 vor allem um körperliche Einschränkungen geht – und nicht so sehr um die Psyche oder das Gedächtnis der Personen. In Wahrheit brauchen aber viele Demenzkranke Hilfe im Alltag. Bislang müssen die Familien das oft alleine schultern. Nur bei erheblichem Betreuungsbedarf bekommen sie Geld aus der Pflegeversicherung. Das soll sich jetzt ändern, weil es in Deutschland immer mehr Demenzkranke gibt – und diese Zahl noch weiter steigen wird.
Wie soll dieses Problem genau gelöst werden?
Die Bundesregierung will die drei Pflegestufen abschaffen. Stattdessen soll es fünf sogenannte Pflegegrade geben. Je höher der Pflegegrad, desto mehr Geld zahlt die Versicherung. Welchen Pflegegrad eine Person hat, entscheidet weiterhin ein Gutachter. Dieser Gutachter hat bislang vor allem gemessen, wie viel Zeit die Pflege der Person in Anspruch nimmt. Das spielt in Zukunft keine Rolle mehr. Stattdessen geht es darum: Wie selbstständig kann die Person ihren Alltag bestreiten? Kann sie sich verständigen? Kann sie sich selbst versorgen? Es soll also kein Unterschied mehr gemacht werden zwischen körperlichen und geistigen Einschränkungen.
Wie sieht es für die Beitragszahler aus: Wird die Pflegeversicherung durch die Reform teurer?
Ja. Schon durch das erste Pflegestärkungsgesetz ist der Beitrag Anfang des Jahres auf 2,35 Prozent gestiegen. Durch die zweite Reform steigt der Beitrag nun nochmal auf 2,55 Prozent, nämlich im Jahr 2017. Dadurch fließen insgesamt 5 Milliarden Euro mehr in die Pflegeversicherung. Mit dem Geld stellt die Bundesregierung sicher, dass kein Pflegebedürftiger nach der Reform weniger Geld bekommt als davor. Die gute Nachricht für Beitragszahler: Bis 2022 soll es keine weiteren Erhöhungen geben. Das hat Gesundheitsminister Hermann Gröhe heute versprochen.
Was ist insgesamt von dieser Reform zu halten?
Es ist sicherlich sinnvoll, dass sich die Pflegeversicherung
offiziell für Demenzkranke öffnet. Vorteile bringt die Reform auch für Angehörige,
die sich um Bedürftige kümmern. Sie erhalten nämlich mehr Absicherung in der
Arbeitslosenversicherung. Insgesamt bleibt die Pflege aber eine große Baustelle.
In vielen Altenheimen fehlt es schon jetzt an Personal. Dabei sind die großen
Nachkriegsjahrgänge zum Glück noch nicht pflegebedürftig. Auch die
Sozialverbände warnen, dass diese Reform allein nicht ausreicht, um die
Pflegeversicherung zukunftssicher zu machen. Es kommt also sicherlich noch die
ein oder andere Reform auf uns zu.