So viele Haustiere hielten die Deutschen 2021:
16,7 Millionen Katzen 10,3 Millionen Hunde 2,1 Millionen Kaninchen 1,5 Millionen Wellensittiche 1,1 Millionen Meerschweinchen 800.000 Papageien 700.000 Hamster 400.000 Schildkröten 400.000 Schlangen 400.000 Mäuse und Ratten 200.000 Spinnen und Insekten
Die Tierliebe der Deutschen beginnt nicht selten in einem Duisburger Gewerbegebiet. Hier, zwischen einem Hornbach-Baumarkt und einem Kfz-Ersatzteile-Geschäft, liegt der "Zoo Zajac", "Treffpunkt der Tierfreunde - Das größte Zoofachgeschäft der Welt", so steht es in unübersehbaren Lettern aufs Gebäude gepinselt. Hinter seinen Backsteinmauern leben 250.000 . Seltene Katzen schleichen dort herum, Perlhühner stolzieren an den Besuchern vorbei, Pfauen schleifen ihre Schleppe hinter sich her, und von der Decke baumelt ein Faultier. Ein Dschungel hinter Gittern mitten im Ruhrgebiet.
Fast 35 Millionen Haustiere hielten die Deutschen 2021, in knapp jedem zweiten Haushalt lebt eins (oder mehrere). Und die Liebe geht immer weiter. Nicht wenige Tiere bekommen inzwischen Feuerbestattungen wie Menschen, mit Trauerrede und Zeremonie. Immer mehr Katzen und Hunde leben, wie ihre Besitzer, vegan. Kein Wunder also, dass unter den beliebtesten Hundenamen erstaunlich viele auffällig menschlich klingen: Luna, Milo, Emma, Bruno.
Es gibt zwar auch Tiere, die Tiere adoptieren: Ein Uhu brütet ein Hühnerküken aus. Eine Löwin zieht ein Antilopenbaby auf (was nicht garantiert, dass die Adoptivmutter ihr Ziehkind nicht doch irgendwann noch auffrisst). Dass eine Spezies allerdings dauerhaft mit einer anderen Spezies Lebensraum, Nahrung und Zärtlichkeiten teilt, das tun nur wir.
Aber warum noch mal?
Norbert Zajac, der Mann, der es vielleicht erklären könnte, kam in seinem Zoofachgeschäft in Duisburg auf einem Elektroroller angeschossen. Er strahlte wie ein kleiner Junge, wie er überhaupt immer strahlte, wenn er von seinem Lieblingsthema, den Tieren, sprach, und eigentlich sprach er ja von nichts anderem. Bis zu seinem Tod. Denn, das ist eine traurige Note dieses Textes: Norbert Zajac starb Ende vergangenen Jahres kurz nach dem Treffen mit der ZEIT überraschend im Alter von 67 Jahren. Was er uns mitgegeben hat zur Tierliebe der Deutschen, das wollen wir hier dennoch berichten, so ist es mit Zajacs Witwe vereinbart.
Norbert Zajac war eine kleine Berühmtheit. In seinem Laden, wo ihn ständig Besucher fragten, ob sie ein Foto machen dürften. Und auf , wo sein Kanal 300.000 Abonnenten hat. Zajac erzählte da in freundlichem Ruhrpott-Deutsch lustige Tier-Anekdoten. Zum Beispiel, dass Faultiere nur einmal die Woche Toilettengang haben. Oder dass Piranhas zum Kannibalismus neigen.
Vier Jahre alt war er, als er sein erstes Meerschweinchen bekam. Mit acht legte er sich sein erstes Krokodil zu, den Kaiman Kalli. Mit zehn las er die Mendelsche Vererbungslehre, da paarte er längst Meerschweinchen, behielt nur die Weibchen und verkaufte die Männchen weiter. Mit 14 war Zajac, so erzählte er es, einer der erfolgreichsten Wellensittich-Händler in der Gegend um Recklinghausen.
Was die Leute an Tieren lieben? Vier Kategorien lassen sich aus den Gesprächen mit Zajac ableiten, vier Arten von Tierliebhabern.
Erstens sind da: die Ahnungslosen. Sie finden Tiere süß, interessieren sich aber nicht wirklich für sie. Nicht wenige dieser Leute würden ihn im Gespräch belügen, sagte Zajac; die Ahnungslosen erzählen zum Beispiel von einem Garten, den es gar nicht gibt. Manche stehen dann wenige Wochen später wieder im Zoo Zajac und wollen ihr Tier zurückgeben.
Zweitens: die Hilfesuchenden. Sie hoffen, ein Haustier werde ihr Leben verändern. Ein Hund als Anreiz für Spaziergänge zum Beispiel. Der gute Vorsatz aber hält oft nicht lange. Wie bei der übergewichtigen , die einst im Zoo Zajac stand. Für mehr Bewegung wollte sie einen Dalmatiner, einen schlanken Jagdhund also. Zajac lehnte ab, aber ein Jahr später stand die Familie wieder bei ihm im Laden. An der Leine ein Dalmatiner, so rund wie der Rest der Familie.
Drittens: die Angeber. Sie führen Privatzoos und kaufen dafür exotische Tiere. Pfauen, Nasenbären und Vögel in herrlichen Farben. Tiere als Statussymbole. Die größten Angeber unter Zajacs Kunden sind die Scheichs von der Arabischen Halbinsel. Kaum jemand hält Tiere professioneller, denn Geld spielt keine Rolle. Zehntausende Euro geben sie allein fürs Zubehör aus.
Viertens: die Nerds. Sie sind die unkompliziertesten Kunden: brauchen keine Beratung, weil sie schon alles wissen. Oft auf der Suche nach Reptilien oder Insekten. Früher kauften eher gefährlich aussehende Gestalten (tätowiert, dunkel gekleidet) Reptilien. Jetzt gibt es immer mehr Nerds. "Der Trend geht zum Reptil", sagte Zajac. Auch wegen der zunehmenden Haarallergien.
Was verbindet sie miteinander, die Ahnungslosen, Hilfesuchenden, die Angeber und Nerds?