1 subscription and 0 subscribers
Article

Mit den Eltern den Betrieb führen

STUTTGART. Betriebsübergaben sind ein heikles Thema. Erst recht, wenn die Eltern mit im Betrieb bleiben: „Ich kenne viele Restaurants, da ging das ziemlich schief", sagt Wilma Thorenmeier vom Landgasthof Alter Krug Ruensiek in Schieder-Schwalenberg bei Paderborn. Da hätten die Eltern zwar den Betrieb übergeben, aber sich dennoch weiter einmischen wollen. Die Folge: Streit, Rückzug der Eltern, ein Scherbenhaufen.Doch so muss es nicht sein. Wilma Thorenmeier ist da ein gutes Beispiel. Seit 2010 führt sie den Landgasthof Alter Krug. Ihre Eltern haben sich damals von der vordersten Front zurückgezogen, arbeiten aber nach wie vor voll. „Aber die Entscheidungen treffe ich", sagt die 41-Jährige im Gespräch mit der AHGZ. „Das haben wir schon immer so gemacht", sei kein Motto für eine erfolgreiche Zukunft.

Genau dieser Punkt wird auch in anderen Häusern genannt, wenn es um die Frage geht: Mit den Eltern im Betrieb: Kann das finktionieren? „Es kann", findet Michael Große Holtforth. Der ebenfalls 41-jährige hat mit Ende Zwanzig das Hotel-Restaurant Landhaus Beckmann in Kalkar übernommen. Auch ihm stehen die Eltern mit Rat und Tat zur Seite, geben Tipps, die er auch beachtet: „Sie haben schließlich die Erfahrung." Aber letztlich hatte er von Anfang an den nötigen Freiraum, das Haus so zu führen, wie er es für richtig hält.

Respekt ist das Zauberwort. Wenn der vorhanden ist, können die Chancen einer solchen Konstellation zu echten Vorteilen werden. Finanziell zum Beispiel: „Ich könnte das ohne die Eltern gar nicht so einfach auffangen", sagt Wilma Thorenmeier. Sie seien schließlich 24 Stunden für den Betrieb da. Nur mit Angestellten ginge das nicht. Derzeit gibt es im Krug eine Auszubildende und rund 18 Aushilfen.

Ein Aspekt, den auch Michael Große Holtforth sieht: „Ich wohne fünf Minuten vom Betrieb entfernt, meine Eltern aber leben im Haus, sind immer da, wenn es nötig ist. Und mein Vater unterhält sich zum Beispiel gerne noch abends mit den Gästen an der Theke. Da bin ich schon zu Hause - und dafür morgens früher da." Im Landhaus Beckmann gibt es zudem klare Aufgabenbereiche: Der Sohn führt die Geschäfte, der Vater kümmert sich um Technik und Außenanlagen, die Mutter als „Seele des Hauses" ums Frühstück. Ähnlich sieht es bei Benjamin Unger im Hotel Blauer Engel in Aue im Erzgebirge aus: Der 35-Jährige ist als Koch Chef in der Küche. Mutter Ute macht Buchhaltung und Rezeption, Vater Tilo ist für Technik und Controlling zuständig. Benjamin ist zudem noch operativer Kopf der Truppe: Einen Leitwolf braucht es, bei dem die Informationen zusammenlaufen. Eine Besonderheit gibt es aber im blauen Engel: Zum einen sind Benjamin Ungers Lebensgefährtin und der jüngere Bruder auch noch im Betrieb. Und: Neben Benjamin, der seit neun Jahren in der Geschäftsführung ist, stehen Vater und Mutter ebenfalls noch als Inhaber im Handelsregister. Für die Entscheidungsfindung in dem 39-Betten-Haus mit drei Restaurants und 24 Mitarbeitern bedeutet dies: Noch mehr Absprachen, noch mehr Regelungen, noch mehr Respekt: „Wir haben zum Beispiel notariell alles genau geregelt - wer welche Ausbildung machen sollte, und wer wann welche Anteile kaufen kann."

Trotz der klaren Aufteilung, so Benjamin Unger, gebe es in einem Familienbetrieb dieser Größe immer Überlappungen. „Deshalb muss viel geredet werden, wir sitzen oft zusammen." Und einmal im Jahr ist Gesellschafterversammlung für die großen Entscheidungen.

Bardo Faust


aus: AHGZ Nr. 23/2014 vom 07.06.2014

:


Original