1 subscription and 0 subscribers
Article

Neustart im Eltvinum

Das Eltvinum Foto: Bardo Faust

ELTVILLE. Da haben sich Isabell Reitinger und Thorsten Klett etwas vorgenommen: Selbst in dem an historischen Bauwerken nicht gerade armen Rheingaustädtchen sticht das Fachwerkensemble mit dem modernen Vinothekenbau und dem schönen Innenhof heraus. Bis 2007 war das Haus in öffentlicher Hand, unter anderem beherbergte es die Touristeninformation. Dann kauften es Privatleute, die es vier Jahre lang umbauten und zunächst selbst als Restaurant und Hotel betrieben, ehe sie es verpachteten. Tourismus, sanierte historische Bausubstanz, guter Platz, schönes Ambiente - da ist das Eltvinum doch ein Selbstläufer? „Nein, ganz und gar nicht", sagte Isabell Reitinger und erinnert sich.

Gemeinsam mit ihrem Mann Thorsten führt sie das Restaurant mit den sieben Hotelzimmern jetzt seit einem Jahr. Einem nicht ganz einfachen Jahr: „Der Vorgänger hatte das Restaurant komplett gegen die Wand gefahren", sagt Thorsten Klett. Ein Umstand, mit dem auch die neuen Betreiber noch immer zu kämpfen haben - trotz Anzeigenkampagnen, Radiowerbung und positiver Mundpropaganda zufriedener Gäste. Ein Beispiel: „Es sind vom Vorgänger noch immer Gutscheine im Umlauf, die die Leute bei uns eingelöst haben wollen", erzählt Thorsten Klett. Das könnten sie aber nicht machen, denn der Vorgänger sei ohne ordentliche Restaurantübergabe und ohne finanziellen Ausgleich gegangen - eben für solche Dinge wie zu erwartende Gutscheine. Ärger mit den Kunden ist da programmiert.

„Es gibt immer noch Leute, die sagen: Da gehen wir nicht mehr hin", spürt Reitinger das schlechte Image aus der Vergangenheit immer wieder. Obwohl sie wüssten, das mittlerweile neue Betreiber mit einem ganz neuen Angebot da sind. Und die haben das Eltvinum in ein richtiges Schmuckkästchen verwandelt, das auch trotz der Schwierigkeiten mittlerweile gut läuft. Neben dem Restaurantbereich mit eingedeckten Tischen gibt es noch die einfachere Vinothek. „es ist uns egal, wenn ein Gast seinen Schoppen lieber im Restaurant trinkt und ein anderer in der Vinothek essen möchte", sagt Klett. Zudem seien alle Gäste willkommen, ob sie im schicken Anzug oder im Radler-Outfit einlaufen. „Letzten Sommer kamen zwei Radler hier an, viele hätten die gar nicht reingelassen", erinnert er sich. Für die Bilanz des Hauses war es aber ein glücklicher Umstand, dass er es getan hat: „Einer war ein Bankmanager, der später hier ein großes Geschäftsessen veranstaltet hat."

Isabell Reitinger freut es am meisten, wenn es den Gästen so gut gefallen hat, dass sie wiederkommen - vielleicht sogar länger. Etwa eine Woche im Hotel statt des verlängerten Wochenendes, „weil's ihnen so gut gefallen hat." Oder Restaurantgäste, die Kletts Küche zu schätzen wissen. Eine Küche, die sich nicht speziell auf eine Richtung festlegt: „Ich koche, was mir schmeckt. Da gibt es ein Gulasch genauso wie etwa eine geeiste Käseplatte", sagt der Sprössling einer Gastronomie-Familie aus Frankfurt, der nie ein eigenes Haus haben wollte. „Aber irgendwann wollte ich nicht mehr auf andere hören und mein eigenes Ding machen." Sein Handwerk gelernt hat der Koch in einem kleinen Hotel in Frankfurt, später war er Küchendirektor bei dem Caterer Michael Balzer, im Schloss Reinhardtshausen und zuletzt beim Lufthansa- Catering. Dort lernte er auch seine Frau kennen, die dort als Geschäftsführerin tätig war.

Nach dem ersten Jahr hat sich das Eltvinum also einen neuen Namen gemacht. Noch nicht bei allen, aber bei vielen potenziellen Gästen. Klett und Reitinger richten daher auch schon den Blick auf weitere Ziele: „Wir wollen hier auch ein gutes Catering etablieren", sagt der Chef. Aber aufgrund der Imageprobleme sei dies erstmal hintangestellt worden.

Zudem will Klett die Zusammenarbeit mit den Eltviller Winzern - deren Wein er fast ausschließlich auf der Karte hat - und anderen örtlichen Mitstreitern aus dem Gastro-Umfeld intensivieren. „Das macht ja auch Spaß, neue Ideen zu entwickeln. Und am Ende profitieren ja alle davon."

Bardo Faust


aus: AHGZ Nr. 27/2014 vom 05.07.2014


Original