In der Region Campania nahe Buccino lebte einst ein Junge namens Nardiello, der ein sehr gutes Herz hatte und sich immer von allen hereinlegen ließ. Eines Tages schickte ihn der Vater, ein wohlhabender Bauer, auf den Viehmarkt, um ein paar Kühe zu kaufen. Er gab ihm hundert Dukaten und warnte ihn davor, Dummheiten zu begehen.
Nardiello versicherte ihm, dass er aufpassen würde, und machte sich auf den Weg. Als er ans Ufer eines Flusses kam, sah er eine alte Frau auf einem großen Stein sitzen; in der Hand hielt sie eine Küchenschabe, die mit außerordentlicher Meisterschaft auf einer kleinen Gitarre spielte. Wie gebannt betrachtete Nardiello die beiden, und schließlich bat er die Alte, ihm das wunderbare Tierchen zu überlassen. Sie verlangte hundert Dukaten von ihm, genau den Betrag, den der Vater Nardiello für den Kauf der Kühe gegeben hatte. Aber Nardiello zögerte nicht, bezahlte und kehrte mit der Küchenschabe nach Hause zurück.
Natürlich wurde der Vater zornig, aber er brauchte die Kühe, deshalb musste der Vater seinem Sohn den Betrag noch einmal geben und ihn erneut zum Markt schicken. Wieder kam Nardiello an den Fluss und traf diesmal eine andere alte Frau, die ein Mäuschen in der Hand hielt, das alle Tanzschritte beherrschte. Auch diesmal wollte Nardiello das wunderbare Tierchen haben, und die Alte verlangte hundert Dukaten dafür.
Zufrieden kehrte Nardiello nach Hause zurück, aber diesmal fügte der Vater den Beschimpfungen noch ein Tracht Prügel hinzu. Doch weil er die Kühe brachte, gab ihm das Papa noch einmal hundert Dukaten.
Als Nardiello wieder an den Fluss kam, sah er abermals eine alte Frau mit einer kleinen Grille spielen, die wunderschön singen konnte. Auch diesmal kaufte er die Grille für hundert Dukaten und kehrte wieder heim. Nur dieses Mal war der Vater so wütend, dass er ihn auf dem Haus jagte.
Nach einem langen Fußmarsch erreichte Nardiello mit seinen drei Tierchen schließlich Rom, und weil er todmüde war, setzte er sich zur Rast auf eine Mauer. In dem Moment kam ein Herold vorbei. „Die einzige Tochter eines sehr reichen Adligen in der Stadt hat eine rätselhafte Krankheit, an der sie sterben wird", verkündete er. „Wer sie zu heilen vermag, dem verspricht der reiche Herr zum Dank die Hand seiner Tochter und alle seine Reichtümer."
Nardiello ging zum Palast des Adligen und verlangte die Kranke zu sehen. Sobald er vor ihr stand, entnahm er seiner Tasche die drei wunderbaren Tierchen. Das Mädchen betrachtete sie neugierig, begann zu lachen und fühlte sich nach und nach besser, sodass sie bald darauf geheilt war.
Nardiello heiratete sie, und sie feierten ein großartiges Hochzeitsfest, zu dem er auch seinen Vater einlud. Der musste zugeben, dass der Sohn endlich einmal etwas richtig gemacht hatte. Danach brachen Nardiello und seine Frau zu einer langer Reise auf, und sie lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage.
Nardiello - Märchen aus Italien