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Duftend und fair

Cosmia. Viele Naturkosmetika wirken und duften mit ätherischen Ölen. Hersteller achten nicht nur auf deren Qualität, sie kümmern sich auch um die Menschen, die sie produzieren. Wir stellen drei Projektpartnerschaften vor.

Lemongras aus Bhutan

Projektpartnerschaft: Primavera, Allgäu mit Bio Bhutan, Bhutan

Mitte Juni, Monsunzeit in Ost-Bhutan: Die Luft ist feucht, graue Wolken hängen tief am Himmel. Ackerland ist in der Himalaja-Region rar. Um die wenigen Bauernhäuser haben Menschen kleine Flächen gerodet, wo sie Mais und Bohnen anbauen. Auch Sonam Chuki, die in dem Dorf Bartsham lebt, ernährt sich und ihre Kinder von dem Gemüse. 

Die 38-jährige hat aber noch eine weitere Einnahmequelle: Sie erntet Zitronengras. Auf das Geld ist die Mutter von fünf Kindern angewiesen, denn vier ihrer fünf Kinder sind noch schulpflichtig und brauchen neue Kleidung und Schuhe. Noch vor Sonnenaufgang bricht sie zu den Plätzen im Gebirge auf, wo die grünen Halme besonders üppig sprießen. Schon als Kind hat sie Ihre Mutter bei der Ernte begleitet. Sonam schneidet die harten Gräser nicht zu dicht am Boden ab, damit sie anschließend wieder kräftig austreiben. Es ist eine mühsame, anstrengende Arbeit an den steilen Hängen, der fast ausschließlich Frauen nachgehen. Mehr als 100 Kilo schleppt die zierliche Sonam während der Erntesaison täglich auf dem Rücken zur Destille ihres Onkels, der den Frauen mit dem transportablen Gerät in die Erntegebiete folgt. Sonams Onkel ist ein Mitglied der Lemongras-Genossenschaft im Königreich Bhutan. Den ganzen Tag arbeiten die Männer des Dorfes, um aus 150 Kilogramm Lemongras zwischen 0,75 und zwei Kilo ätherisches Öl zu gewinnen. Der betörende Duft liegt überall in der Luft. 66 Mitglieder aus sechs Dörfern und zwei Distrikten hat die Genossenschaft. Für sie und die Sammlerinnen bedeutet das Zitronengras-Öl mehr Unabhängigkeit, Sicherheit und eine Zukunftsperspektive.

Ohne den Naturkosmetikpionier Primavera hätte es diese Erfolgsgeschichte vielleicht nicht oder nicht in dieser Form gegeben. Die Regierung von Bhutan startete die Lemongras-Ernte und Gewinnung des ätherischen Öls in den frühen 1980ern als Experiment. Bis dahin gab es in dem asiatischen Land außer der Holzindustrie praktisch keinen anderen Wirtschaftszweig. Als Kurt Nübling, er ist einer der Primavera-Gründer, vor 25 Jahren durch den bekannten Himalaja-Bergsteiger Heinrich Harrer vom Lemongras-Anbau im Osten Bhutans erfuhr, war er sofort begeistert und schrieb auf gut Glück einen Brief an die Regierung. Ein Jahr, mehrere Besuche und viele Gespräche später gründete sich die Kooperative Bio Bhutan, die seitdem Lemongras von Hand erntet, in kleinen transportablen Destillen vor Ort zu Öl verarbeitet und dieses direkt zu Primavera ins Allgäu schickt.

 

Als Primavera-Produktmanagerin Andrea Dahm vor zwei Jahren vom Aufbau der ersten Seifenmanufaktur in Bhutan hörte, die unter anderem der Lemongras-Initiative neue Einnahmequellen erschließen sollte, entstand die nächste Idee: Ein Geschenkset mit einer exklusiven Naturseife, aus deren Erlös 20 Prozent in die Fertigstellung der Seifenfabrik floss. Inzwischen ist das Werk fertig und die Seife fester Bestandteil des Primavera-Sortiments. Von dem Verkauf profitieren nicht nur Sonam Chuki und die rund 600 Lemongras-Sammlerinnen der Genossenschaft, sondern auch die meist weiblichen Mitarbeiter der Seifenfabrik. Dazu kommen die Familien der Frauengruppen im Süd-Bhutan, die Senföl, Ingwer und Gelbwurz für die Seife liefern . Außerdem wird die Seife einzeln in hochwertiges, handgeschöpftes Naturpapier verpackt, das ebenfalls in Bhutan produziert wird. So kommt man zusätzlich auf noch einmal auf gut über 100 Familien, zu deren Lebensunterhalt der Verkauf der Lemongras-Seife beiträgt. 

 

 

Ätherisches Rosenöl aus Äthiopien

Projektpartnerschaft: Dr. Hauschka, Bad Boll (Schwäbische Alb), mit Terra PLC, Äthiopien

Eigentlich hätte Fekade Lakew einfach  so weiter machen können wie bisher. Der Maschinenbauingenieur aus Äthiopien hatte in Deutschland studiert und arbeitete schon seit einigen Jahren erfolgreich für verschiedene Entwicklungshilfeorganisationen. Doch dann ließ ihm das Schicksal seines Heimatlandes keine Ruhe mehr. Der Familienvater kaufte Anfang 2000 eine Farm im äthiopischen Hochland, etwa 125 Kilometer nördlich der Hauptstadt Addis Abeba. Auf 2.900 Metern Höhe baute er zunächst Gemüse an. Dann experimentierte er mit Schnittrosen, was aber aufgrund der späten Fröste in der Gegend scheiterte. Rosen brachten dem heute 56 Jährigen aber schließlich doch noch Glück. Dr. Ghanem, ein Mitarbeiter des Landwirtschaftsministeriums, hatte vom Dr. Hauschka Damaszenerrosen-Projekt in Afghanistan gehört, „wäre das nicht auch etwas für unser Land?“ hat er Fekade Lakew gefragt. Die große Höhe ist für die Damaszenerrose kein Problem. Der Kontakt zu Hauschka war schnell hergestellt und dort war man von der Idee begeistert. „Wir waren schon länger am Überlegen, den Rosenanbau in der Nähe des Äquators zu versuchen“, sagt Ralf Kunert, Leiter des Rohstoffeinkaufs für Hauschka. Je näher die Pflanze am Äquator wächst, desto länger blüht sie. In den klassischen Rosenanbauländern wie Bulgarien, der Türkei oder dem Iran steht sie etwa vier Wochen lang in voller Blüte, im Hochland von Äthiopien sind es acht Wochen. „Ein Riesenvorteil“, sagt Kunert, „weil man für die Ernte derselben Menge Rosenblüten doppelt so lange Zeit hat“. Die Pflücker stehen somit weniger unter Zeitdruck, man kann zwar weniger Pflücker - aber dafür länger oder sogar dauerhaft - beschäftigen. Außerdem sind die Hochland-Rosen mit rund vier bis fünf Gramm pro Blüte annähernd doppelt so schwer wie Rosenblüten aus anderen Anbauländern.


Als Anschub für das Projekt hat Dr. Hauschka die Stecklinge gespendet. Nach nunmehr neun Jahren sind daraus stattliche Rosenstöcke geworden. Damit die Rosen von Anfang an gemäß den Demeter-Richtlinien wachsen und gedeihen, stellte das Unternehmen Fekade Lakew einen Fachberater zur Seite. Er besucht die Farm in regelmäßigen Abständen mehrmals im Jahr und berät die Menschen im Bio-Rosenanbau. Das Rosenöl ist daher von Anfang an Demeter-zertifiziert und außerdem mit dem Fair Trade Standard „fair for life“ gesiegelt. Die Kosten für die Zertifizierung trägt Hauschka. 2011 engagierte sich Hauschka zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit erneut. Man baute vor Ort eine neue Destille, Made in Äthiopien, unter Anleitung eines bulgarischen Destillenbauers. „Uns ist es wichtig, dass im Land und bei unseren Projektpartnern Wissen aufgebaut wird. Hilfe zur Selbsthilfe ist das Motto“, sagt Ralf Kunert. Etwa ein Hektar Rosen ergibt ein Kilogramm ätherisches Rosenöl. Das Naturkosmetikunternehmen zahlt Fekade Lakew und seiner Firma Terra PLC dafür um 7.000 Euro. Zehn Jahre hat sich Hauschka vertraglich verpflichtet die gesamte Erntemenge der Rosenfarm zu kaufen. Danach werden es dann 60 bis 70 Prozent sein, „wir wollen nicht, dass ein Vertragspartner von uns abhängig ist, sondern mehrere Abnehmer hat.“

Fekade hat inzwischen weitere 14 Hektar Land etwa zehn Kilometer entfernt von seiner Farm dazu gekauft. Dort wachsen bereits viele Rosensträucher und es sollen noch mehr werden, wenn sich Bauern der Region anschließen. Im Nachbardorf haben sich schon einige Bauern danach erkundigt.