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Gesundheit & Medizin 2019

Die Krankenversicherung wird günstiger, die Pflegeversicherung teurer und Ärzte bieten mehr Sprechstunden an – und das ist noch lange nicht alles. Was das neue Jahr im Gesundheitswesen noch so bringt, habe ich hier für rbb Praxis zusammengefasst.

Die Krankenversicherung wird günstiger

Bisher sind allein die Versicherten für die Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenversicherung aufgekommen. Ab Januar 2019 sollen diese wieder zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, beziehungsweise der Rentenkasse, bezahlt werden. 18 Krankenkassen haben außerdem angekündigt, ihre Zusatzbeiträge mit Jahresbeginn zu senken.


Der allgemeine Beitragssatz von 14,6 Prozent bleibt laut Gesundheitsminister Jens Spahn unverändert. Allerdings: Die Beitragsbemessungsgrenze steigt in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung im kommenden Jahr von 4425 auf 4537,5 Euro im Monat.


Weitere Änderungen gibt es für hauptberuflich Selbstständige: die Mindestbeiträge für Kleinselbstständige sollen halbiert, ihr monatlicher Mindestbeitrag auf 171 Euro gesenkt werden. Dadurch sind Entlastungen von bis zu 180 Euro möglich.

Pflegeversicherung wird teurer

Ab Januar 2019 steigt der Beitrag für die Pflegeversicherung für Eltern um 0,5 Prozentpunkte auf 3,05 Prozent des Bruttolohns. Kinderlose zahlen künftig 3,3 Prozent des Bruttolohns an die Versicherung. Bisher – und bis einschließlich Dezember 2018 – waren es 2,55 Prozent für Eltern und 2,8 Prozent für Kinderlose.


Die Erhöhung soll 7,6 Milliarden Euro mehr Einnahmen für die Pflege bringen. Mit dem Geld sollen unter anderem die erweiterten Leistungen für Demenzkranke und Verbesserungen in der ambulanten Pflege finanziert werden.

Mehr (offene) Sprechstunden

Die Sprechstundenzeit von Praxen soll sich bis Mitte 2019 erhöhen: von 20 auf mindestens 25 Stunden. Das bedeutet: rund jede vierte Praxis muss ihre Sprechzeiten ausweiten.


Fachärzte, die die Grundversorgung sichern – wie beispielsweise Frauen-, Augen- oder HNO-Ärzte – sollen davon fünf Stunden als "offene Sprechstunde", also ohne feste Terminvergabe anbieten. Für Hausärztinnen und Hausärzte gilt diese Regelung nicht, da sie  in der Regel ohnehin bereits offene Sprechstunden anbieten.

Schneller zum Arzttermin für Kassenpatienten

Die bestehenden Terminservicestellen werden ausgebaut und helfen Patienten künftig nicht mehr nur bei der Suche nach Fachärzten, sondern vermitteln auch Haus- und Kinderärzte.


Das Angebot richtet sich auch an Patienten mit akuten Beschwerden, die mithilfe des Service schnellstmöglich offene Arztpraxen oder Notfallambulanzen finden sollen. Aus diesem Grund sollen die Terminservicestellen bundesweit rund um die Uhr an sieben Tagen erreichbar sein – online und über die Notdienstnummer 116 117.

Mehr finanzielle Anreize für Ärzte

Um mehr Menschen behandeln zu können und die Wartezeiten zu verkürzen, sollen Hausärzte in Zukunft mehr Geld bekommen, wenn sie ihre Patienten in dringenden Fällen gleich an einen Facharzt vermitteln. Wenn Ärzte neue Patienten behandeln, soll das künftig ebenfalls besser honoriert werden - auch dann, wenn diese über die Terminservicestellen vermittelt worden sind. Zusätzlich ist geplant, die offenen Sprechstunden der Ärzte höher zu vergüten.


Nirgendwo in Deutschland muss ein Arzt so viele Patienten behandeln wie in Brandenburg. Dort kommen auf einen niedergelassenen Arzt im Durchschnitt 733 Einwohner. Bundesweit sind es im Mittel nur 677 Patienten. Mit der Gründung der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB) im Oktober 2014 und dem Start des Lehrbetriebs im April 2015 sollte ein Gegenimpuls zum Ärztemangel in der Region gesetzt werden.

Bessere ärztliche Versorgung auf dem Land

Ärzte, die in strukturarmen Regionen praktizieren, sollen einen finanziellen Zuschlag bekommen: Die Kassenärztlichen Vereinigungen müssen künftig mehr Geld für Praxisgründungen auf dem Land zur Verfügung stellen. Gibt es zu wenige Arztpraxen, müssen sie zudem neue Versorgungsformen anbieten, wie Patienten-Busse, digitale Sprechstunden oder mobile Praxen.

Pflegebedürftige: Taxi zum Arzt ohne Antrag

Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen sind oft auf ein Taxi angewiesen, um zum Arzt zu kommen. Bisher werden Fahrtkosten nur auf Antrag und nach vorheriger Genehmigung durch die Krankenkasse übernommen - ab Januar 2019 gibt es dafür in vielen Fällen eine automatische Erlaubnis.


Anspruch haben alle mit Pflegegrad 4 oder 5; bei Pflegegrad 3 nur dann, wenn zusätzlich eine dauerhaft eingeschränkte Mobilität festgestellt wurde. Eingeschlossen sind auch Behinderte mit einer "außergewöhnlichen Gehbehinderung" oder Blinde.

Mehr Pflegepersonal

Im Januar 2019 tritt das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz in Kraft. Es werden 13.000 neue Stellen in der stationären Altenpflege geschaffen – finanziert durch die Krankenkassen. Auch in Kliniken wird künftig jede zusätzliche Pflegestelle von den Krankenversicherungen bezahlt. Für Zusatzkosten - wegen höherer Tarifabschlüsse - kommen ebenfalls die Kassen auf.


Anders als bisher übernehmen die Krankenkassen ab 2019 auch vollständig die Vergütung von Auszubildenden in der Kinderkrankenpflege, der Krankenpflege und in der Krankenpflegehilfe im ersten Ausbildungsjahr. Dadurch sollen Anreize für mehr Auszubildende und neue Ausbildungsplätze geschaffen werden.

Neuregelung der Psychotherapie

Damit Patienten schneller einen Platz für eine Psychotherapie finden, soll die Hilfe künftig zentral durch besonders qualifizierte Ärzte und Therapeuten gesteuert werden. Das heißt, Patienten müssten sich zunächst von einem Experten begutachten lassen, der die Dringlichkeit und Art der Behandlung einschätzt. Das Gesetz soll voraussichtlich im Frühjahr 2019 in Kraft treten.


Gegen die mögliche Neuregelung in der Psychotherapie wird seit Wochen protestiert: Die Verbände der Psychotherapeuten sehen darin eine Aushebelung der freien Therapeutenwahl und eine weitere Hürde für Patienten - die müssten sich mehrfach offenbaren und einem einordnenden Experten öffnen, um überhaupt weitere Hilfe zu bekommen.

Mehr Rechte für Psychiatrie-Patienten

Menschen dürfen nur dann für längere Zeit an einem Bett fixiert werden, wenn ein Richter das genehmigt – so lautet das neue Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts. Ärzte dürfen nun bundesweit nur noch kurzzeitige Fixierungen von weniger als einer halben Stunde ohne richterliche Beteiligung anordnen.


Bisher war in den meisten Bundesländern nur eine ärztliche Anordnung für eine Fixierung nötig. Nur in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gab es den sogenannten Richtervorbehalt schon. Im konkreten Urteil forderte das Gericht die Gesetzgeber in Bayern und Baden-Württemberg auf, den verfassungsgemäßen Zustand bis spätestens 30. Juni 2019 herzustellen, tatsächlich sind aber alle Bundesländer bis dahin in der Pflicht, der neuen Regelung nachzukommen.

HIV-Prophylaxe soll Kassenleistung werden

Die sogenannte Präexpositionsprophylaxe (kurz: PrEP) schützt Risikopatienten davor, sich mit HIV anzustecken. Dabei nehmen HIV-negative Menschen - entweder täglich oder vor und nach sexuellen Kontakten - ein HIV-Medikament ein und schützen sich damit.

Eine Monatspackung kostet derzeit rund 50 Euro, hinzu kommen Kosten für Beratung und Untersuchungen. Ab 2019 sollen die Krankenkassen sämtliche Kosten für die PrEP bei Versicherten mit erhöhtem HIV-Risiko übernehmen. Ende November 2018 passierte die Regelung bereits ohne Verzögerung den Bundesrat im sogenannten Terminservice- und Versorgungsgesetz. Damit soll die Zahl der Neuinfektionen am HI-Virus in Deutschland weiter verringert werden.

Anspruch auf künstliche Befruchtung

Die Krankenkassen übernehmen künftig die Kosten für die sogenannte Kryokonservierung von Ei- und Samenzellen junger Krebspatientinnen und -patienten. Weil Behandlungen wie die Chemotherapie die Keimzellen schädigen, bleiben viele Patienten nach erfolgreicher Therapie unfruchtbar. Diese Patientinnen und -Patienten können ab Frühjahr 2019 vorab auf Kosten der Kassen Keimzellgewebe, Ei- und Samenzellen einfrieren lassen, um dann mittels künstlicher Befruchtung später doch noch Eltern zu werden.

Implantregister geplant

Im Januar 2019 will die Bundesregierung einen Gesetzentwurf für ein Deutsches Implantateregister vorstellen. Durch das Register sollen erstmals Daten über die Sicherheit und Wirksamkeit von Implantaten gesammelt werden – mit dem Ziel z.B. Herzschrittmacher, Brustimplantate oder künstliche Hüftgelenke künftig besser überwachen zu können. Bisher müssen sich Patienten vor allem auf die Herstellerangaben und die Erfahrungen der Ärzte verlassen.

Berlin: Regelschule für behinderte Kinder

Behinderte Kinder dürfen künftig nicht mehr gegen den Willen ihrer Eltern an eine Sonderschule geschickt werden. Die vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossenen Änderungen im Schulgesetz sehen ausdrücklich vor, dass behinderte Kinder ein Recht darauf haben, eine allgemeine Regelschule zu besuchen. Wenn eine Schule aus personellen oder räumlichen Gründen einen Schüler oder eine Schülerin mit Behinderung nicht aufnehmen kann, muss eine andere allgemeine Schule angeboten werden.


Bisher konnten Kinder auf die Förderschule geschickt werden, wenn die individuelle Betreuung an einer Regelschule zu kostspielig geworden wäre.


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