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STEIN 10/2019: Wie Phönix aus dem Stahlbad

Am Phoenixsee in Dortmund-Hörde, wo einst Stahlarbeiter für Thyssen Krupp schufteten und eine der bundesweit größten, urbanen Umstrukturierungen stattfand, liegt eine Villa mit außergewöhnlicher Gartengestaltung: Die Verantwortlichen haben dem verhältnismäßig kleinen Grundstück in einem Jahr Umbauzeit die größte Wirkung abgetrotzt und neben einem Loungebereich mit Naturstein-Infinitypool auch eine Outdoorküche angelegt.

Dumme rennen, Schlaue warten, Weise gehen in den Garten – so sagt der Volksmund. Und so trifft es auf das Gartenprojekt eines privaten Bauherren zu, der das Außengelände seiner Stadtvilla am Dortmunder Phoenixsee 2017 gestalten lässt. Zum dritten Mal. – Die erste Version, im Zuge der Villen-Errichtung geplant, trifft seinen Geschmack nicht. Die nutzbaren Flächen reichen ihm nicht aus. Der Garten wirkt kleinteilig und durch einen Steingarten mit Felsen eher alpin. Der Pool ist ungünstig positioniert. Ein Umbau für einen hohen fünfstelligen Betrag bringt Besserung, aber keine Zufriedenheit. Also wendet der Bauherr sich 2016 an den Gartenplaner Benedikt Hullmann. Der führt in Gelsenkirchen gemeinsam mit seinem Bruder den Betrieb für Floristik und Friedhofsgärtnerei seiner Familie in dritter Generation und hat ihn vor Jahren um den Geschäftsbereich Garten- und Landschaftsbau erweitert. Sein Kerngeschäft sind die Planung und Umsetzung von Poolanlagen. "Der Bauherr wollte einen komplett neuen Ansatz, ein Maximalkonzept. Ich sollte ihm alle Ideen vorstellen, die mir in den Sinn kamen. Solche Aufträge sind nicht allzu häufig", erklärt Hullmann die Ausgangslage. Das Projekt, das also kaum kreative Grenzen kennt, hat sehr wohl bauplanerische.



Das Nordufer des Phoenix-Sees: Stadt-Villen in sanfter Hügellage



Die Stadt Dortmund kaufte Thyssen Krupp die knapp 100 Hektar Gelände 2004 für 15 Millionen Euro ab. Zuvor hatten, auch das ist eine bemerkenswerte Anekdote dieses Ortes, Hunderte Mitarbeiter des chinesischen Stahl-Konzerns Shagang das komplette Stahlwerk – die Hochöfen, das Walzwerk, die Sinteranlage, Stahlträger, Kabel, Maschinenteile und vieles mehr – demontiert, um es im 9.000 Kilometer entfernten Zhangjiagang wieder aufzubauen. 160 Jahre Industrie, verpackt in Millionen Einzelteile.



Dortmund jedenfalls wandelte den Stadtteil für weitere 230 Millionen Euro in den Folgejahren zum Wohn- und Naherholungsgebiet. Das Mammutprojekt symbolisiert auch den Strukturwandel des Ruhrgebiets. Zentraler Fixpunkt ist das künstlich angelegte Gewässer: der Phoenixsee, mit einer Wasserfläche größer als die der Hamburger Binnenalster. Neben Firmenstandorten, Freizeitanbietern und Gastro sind an dessen Ufern zahlreiche Wohneinheiten entstanden – im Norden vor allem Stadtvillen und Terrassenhäuser. In Hanglage gebaut weisen sie zwischen Garten und Vorgarten meist einen Höhenunterschied von dreieinhalb bis vier Metern auf. Sie haben unverbauten Seeblick und – hauptsächlich durch die Umnutzung – umfangreiche Vorgaben im Bebauungsplan. Das komplette Gelände besteht beispielsweise aus aufgefülltem Boden, dessen Filterschichten bei Baumaßnahmen nicht durchstoßen werden dürfen oder umgelegt werden müssen. Dazu kommen Fünfmeter-Sperrflächen zwischen allen Gebäuden, die nicht höher als einen Meter bebaut oder bepflanzt werden dürfen. Bei verhältnismäßig kleinen Grundstücken von rund 500 Quadratmetern ist da planerische Kreativität gefragt.



Groß gedacht, mit einem Material durchgehend geplant 



Benedikt Hullmann plant ein halbes Jahr lang, jeder Bereich des Gartens verlangt ihm innovative Ideen ab. Dazu kommt der Wunsch des Bauherren, so kurz wie möglich auf einer Baustelle zu leben. Der Garten soll mediterran wirken und entschleunigen. Hullmann: "Ein Merkmal, das wir bei allen Gärten einbringen, ist die Reduktion beim Material. Ein durchgehendes Material bringt Harmonie und Ruhe in die Gestaltung." Er schlägt den grau-beigen Limes Dolomit von Traco vor, weil "wir damit sehr viele Bereiche abdecken können – Blockstufen, Krustenplatten, Wandmaterialien und Co". Der Kalkstein ist mit Poren und Kristalldrüsen durchzogen und dadurch stark strukturiert. Aufgrund der großen Flächigkeit, mit der Hullmann ihn einsetzt, wirkt er dennoch ruhig. 



Traco baut den Naturstein seit 2015 wieder ab, im Anlautertal im Landkreis Eichstätt in Bayern. Seinen Namen verdankt der Limes Dolomit dem römischen Befestigungswall, der sich unmittelbar hinter dem Steinbruch entlang zieht. Das Carbonatgestein ist vor 140 Millionen Jahren entstanden und laut Traco der robusteste Kalkstein, der sich in Deutschland finden lässt. Er zeichnet sich durch seine sehr hohen Magnesium- und erhöhten Kalzium-Anteile aus, die ihn tausalz- und wetterbeständig machen. Der Abbau selbst ist durch die hohe Festigkeit recht aufwändig. Fünf Mitarbeiter gewinnen ihn mit schweren Maschinen, sie schneiden mit Schrämmsägen ganze Blöcke aus dem Kalksteinmassiv heraus. Einmal eingebaut ist der Limes Dolomit dafür ein treuer Gefährte. Dank seiner guten Abriebfestigkeit und geringen Kratzempfindlichkeit verursacht er kaum Reinigungs- und Erhaltungskosten.



In Dortmund steht vor dem Einbau 2016 zunächst der Abbruch an: Hullmann und sein Team bauen einen Monat lang den kompletten Garten zurück. Übrig bleibt nur ein Teil des Pool-Grundkörpers. Es folgen die Entwässerungsarbeiten – weil Hullmann am tiefsten Punkt des Gartens mit der Umgestaltung beginnt, installieren sein Team und er zuerst einen tiefen Schacht, um das komplette Wasser über ein aufwendiges Pumpensystem aus dem Grundstück heraus ins Kanalnetz einzuführen. Unterhalb der vertieften Terrasse baut das Team danach einen Technikraum versteckt in den Hang, den der Bauherr über die untere Ebene des Gartens erreicht. Darüber pflanzt Hullmann teilweise bodenbündig Palmen. Weil sie Wurzel- und Entwässerungsbereiche brauchen, muss der Technikraum ab der Bodenplatte bis zur Decke wasserdurchlässig sein.



Der Natursteinpool – Krustenplatten und Unendlichkeit



Der Pool beansprucht den Großteil es hinteren Gartens. Er besteht aus zwei Becken, dem Whirlpool mit angrenzender Sitzecke und dem Infinitypool. Die komplette Poolanlage ist digitalisiert, auch die Temperatur lässt sich fernsteuern. Der dreiseitige Infinitypool schließt seeseitig über eine Wand aus Krustenplatten ab. Die Wirkung ist eindrucksvoll, die bautechnische Umsetzung war komplex, erinnert sich Hullmann: "Die komplette Abdichtungsebene musste unter die Krustenplatten. Wir haben den Stahlbetonkörper mit 25 Zentimeter Dicke von innen mit speziellem, witterungsbeständigen Putz gespachtelt, glattgezogen und geschliffen. Über diesem Rohbau liegt die Abdichtungsfolie, darauf haben wir mit Primer und Kleber von Otto Chemie die Krustenplatten befestigt."



Weil es im Dezember 2016 zu kalt für diese Arbeiten wird, Hullmann die Baustelle aber nicht ruhen lassen will, deckt er kurzerhand den kompletten Garten mit einem beheizbaren Zelt ab. Bei Natursteinpools, so der Gartenplaner, "sind chlorwasser- und steinverträgliche Komponenten elementar." Eine weitere Besonderheit sind die Glasscheiben der Anlage: Auch der Whirlpool soll unendlich wirken, deshalb läuft er über den Haupt-Pool ab und braucht eine unauffällige Glaswandabdichtung. Die gesamte Poolanlage kann der Hausherr elektronisch abdecken – beim Whirlpool, an den zu beiden Seiten die Bänke des Sitzbereichs anschließen, integriert Hullmann die Rollo-Einfassung mit einer Spezialkonstruktion versteckt in der seeseitigen Sitzbank. In diesem Sitzbereich, einer Art vertieften Terrasse, bietet ein massiver Kalkstein-Block als Feuerstelle die Möglichkeit, sich aufzuwärmen. Der Hausherr kann sie sowie die gesamte Beleuchtung im Außenbereich des Grundstücks über ein BUS-System steuern.


Terrasse mit Loungebereich unter Palmen



Ab Januar 2017 widmen sich Hullmann und sein Team der Terrasse: Als Untergrund dient 
wasserdurchlässiger Schotter, darüber liegt ein Drainagemörtelbett mit TDM Plus der Firma Tubag. Mit Haftschlämme verlegt das Team frisch in frisch die 1x1 Meter großen Bodenplatten. Weil der säureempfindliche Kalkstein für die Trittsicherheit nicht chemisch angerauht werden kann – und Hullmann generell kein großer Freund chemischer Belagsbehandlung ist – lässt er das Material von Traco in C120-Schliff bearbeiten. 



Die Treppe im Loungebereich öffnet sich aus dem Villensockel heraus zu zwei Seiten, links zu Pool und Lounge, rechts zur Outdoorküche. "Bei dieser Treppe kam es auf perfekte Zusammenarbeit mit Traco an. Der Zugang ins Haus läuft über Blockstufen, die in Krustenplatten stecken. Traco hat diese Krustenplatten werksseitig so ausgeschnitten, dass wir die Blockstufen vor Ort komplett einschieben konnten, mit einem harmonischen Übergang ohne Fugen", erzählt Hullmann. Die zweite Treppe, die rechts neben der Villa verläuft und deren obere Etage mit dem Garten verbindet, besteht aus einer pulverbeschichteten Stahlkonstruktion, verkleidet mit Kalkstein in drei Zentimeter Plattenstärke.



Der krönende Abschluss des Umbaus schließlich ist die Gestaltung des Essbereichs samt Outdoorküche. Er habe, so Planer Hullmann, monatelang über nicht viel anderes nachgedacht. Denn: Wegen des Höhenunterschieds befindet sich dieser Essbereich wie eine Art Höhle genau unterhalb des Villeneingangs. Für diesen Eingang hat Hullmann ein großes Wasserbecken vorgesehen, mit begehbarem Glas, über das man wie über einen schwebenden Steg das Haus betritt. Anders ist die Positionierung der Küche platztechnisch nicht möglich. Sowieso muss Hullmann für den Essbereich den Hang an der Grundstücksgrenze abbaggern, um Raum zu schaffen. Er gewinnt so etwa 30 Quadratmeter Fläche für den Essplatz. Schließlich hat Hullmann die zündende Idee für die „Höhle“: Er setzt in den Hang eine mit einem Stahlkorsett umhüllte Beton-Fertiggarage als Raumkörper für die Küche ein. Benötigte Bauzeit: ein Tag. Auf den Rohbaukörper setzt er später das Wasserbecken für den Hauseingang – statisch machbar, bautechnisch kreativ.



Die Outdoorküche selbst entwirft er gemeinsam mit einer Schreinerfirma. Die Arbeitsplatte besteht aus Limes Dolomit, die Zwischenverkleidung aus hellem Garapa-Holz aus Südamerika. Das Hartholz ähnelt dem oft verwendeten Bangkirai, splittert aber weniger und hat einen wärmeren Gelbton. Hullmann verwendet es auch für die Decke und die Verkleidung des Barbecue-Bereichs. Auf die Betonwände kommen Kalkstein-Krustenplatten in zwei Zentimetern Stärke. Die Mauer beim Essbereich verkleidet Hullmann mit Kalksteinfliesen in den Maßen 30 x 90. Für eine durchgehend homogene Wirkung sind sie werksseitig gespachtelt. Die gleiche Spachtelmasse nutzt Hullmann vor Ort noch einmal für alle Fugen, um ein geschlossenes Oberflächenbild zu erzeugen. Schlussendlich sorgt ein Surroundsystem, das Hullmann versteckt in den Palmenbeeten arrangiert, für gleichmäßige Akustik im ganzen Garten.



An die industrielle Vorgeschichte des Stadtteils erinnert heute nur noch die so genannte "Thomasbirne" auf der Kulturinsel des Phoenix-Sees, die für die Stahlerzeugung steht. Und auch im Garten der Stadtvilla erinnert nichts mehr an seine wandelvollen Anfangsjahre. Die angestrebte Ruhe und Harmonie, sie sind eingekehrt.

BAUTAFEL
Gartenplaner (Planung und Umsetzung): Benedikt Hullmann, Gartenbau Hullmann

Bauherr: privat


Natursteinarbeiten: Traco, Bad Langensalza



Bauchemische Materialien:

Verlegung: Tubag TDM Plus als Bettungsmaterial mit Tubag Trasshaftschlämme als Haftbrücke 

Reinigung und Pflege: mit Wasser 



Limes Dolomit von Traco – Formate:

Boden: 1x1 Meter, 4 cm stark, geschliffen, circa 130 Quadratmeter

Treppen: 0,3 x 1 Meter, 3cm stark, geschliffen

Wände: 30 x 90 Zentimeter, geschliffen, circa 40 Quadratmeter

Außenwand Pool: 90 x 150 Zentimeter, Krustenplatten, circa 30 Quadratmeter