Die Sexualpädagogen Meline Götz und Helge Johannsen von Pro Familia erklären Menschen mit Behinderung anhand von Puppen den menschlichen Körper.
Lange Haare, schlank, nett und sie darf auch ein bisschen zickig sein - Robert*, weiß genau, wie seine Traumfrau sein und wie sie aussehen soll. „Ich wünsche mir eine normale Frau", sagt der 31-Jährige, der mit einem Downsyndrom geboren wurde. Eine gemeinsame Wohnung und heiraten stehen auf seiner To-do-Liste.
Auch Flirtkurse werden angebotenAber oft werden Menschen mit Behinderung in ihren Wünschen nicht ernst genommen. Ihnen bieten die Sexualpädagogen Meline Götz und Helge Johannsen von Pro Familia Bremen Beratungsgespräche an. „Oft erleben wir, dass hier zum ersten Mal Raum ist, Wünsche zu äußern und dafür nicht belächelt zu werden", sagt Götz. Dabei beschäftigen geistig oder körperlich Behinderte meistens ähnliche Themen wie die Gleichaltrigen ohne Behinderung. „Es geht um Auszug, um Selbstständigkeit, es geht um die Familiengründung und -planung", so Johannsen.
Auch Robert nutzte das Angebot und redete mit dem 33-jährigen Sexualpädagogen über Partnerschaft und Liebe. Dieser gab ihm Tipps: Wie spricht man jemanden an? Welche Orte sind dafür geeignet? Was kann man zusammen unternehmen? Da nicht nur Robert auf Rat angewiesen ist, bieten die Berater für Menschen mit Behinderung auch Flirtkurse an.
Aufklärungspuppen kommen zum EinsatzWährend sie das Einmaleins des Flirtens üben, können die Ratsuchenden ein Gefühl für die fehlenden Feinheiten entwickeln. So müssen manche lernen, dass die Aussage „Hallo. Ich liebe Dich" nicht als Gesprächsöffner geeignet ist. „Dann ist halt die Verwunderung groß, warum es nicht direkt klappt", sagt Meline Götz. In Rollenspielen wird geübt, wie man Blickkontakt aufbaut und den passenden Smalltalk führt.
Aber nicht jeder benötigt Flirttipps. Die Interessenten, die sich an Götz und Johannsen wenden, sind sehr unterschiedlich. Bei manchen jedoch kommen auch Aufklärungspuppen zum Einsatz, anhand derer die Berater den menschlichen Körper und sexuelle Handlungen erklären.
Sorge um VererbungDie unterschiedlichen Bedürfnisse spiegeln sich auch in der Paarberatung wider. Einige Paare möchten sexuell aktiv sein, wissen aber nicht genau, wie das funktioniert. Andere überlegen eine Familie zu gründen, was aber oft auf Unverständnis in ihrem Umfeld stößt. „Viele kommen mit der Überzeugung hier her, dass sie es nicht dürfen oder dass es nicht geht", erklärt Götz. Besonders geistig behinderte Menschen haben mit Vorurteilen zu kämpfen: Es wird davon ausgegangen, dass sie es nicht schaffen, eine Familie zu versorgen.
Eine andere Sorge ist, dass die Behinderung vererbt werden könnte. „Da ist ganz wenig Aufklärung da", sagt Meline Götz. Sie beruhigt: „Nur sieben Prozent der Behinderungen werden vererbt." Solche Themen werden in den Beratungen aufgegriffen. „Wir können keine Wunder vollbringen, wir können die Lebenssituation nicht verändern. Wir können nur befähigen, sie selbst ändern zu wollen", so Johannsen.
Singlebörsen erleichtern die PartnersucheRobert denkt noch nicht daran, Kinder zeugen zu wollen. Erst einmal will er die richtige Frau finden. Seit drei Jahren schon ist er Single und entschlossen, dies bald zu ändern. Denn immer, wenn er ein Paar sieht, wird er traurig, weil er allein ist. „Und das ärgert mich richtig", sagt er. Ob im Internet oder über die Bremer Partnervermittlung „Feuer und Flamme": Um seine Traumfrau zu finden, lässt er nichts unversucht.
Singlebörsen für Menschen mit Behinderungen erleichtern die Partnersuche bundesweit, so auch die Partnervermittlung „Schatzkiste". „Das Problem ist, dass wir viele Männer in der Datei haben und wenige Frauen", sagt Marion Wallow, Ansprechpartnerin der „Schatzkiste" in Oldenburg. Sie vermutet unter anderem, dass Männer eher Schwierigkeiten haben jemanden anzusprechen und somit vermehrt auf die Hilfe von Partnervermittlungen setzen.
*Name von der Redaktion geändert