DÜSSELDORF. Reiseerleichterungen für viel reisende Business Traveller bedeutet das freilich nicht. Bei Geschäftsreisen wird weiter knallhart gespart - für manchen Betroffenen über die Schmerzgrenze hinaus. "Holzklasse" auf der Langstrecke im Flieger, Low Budget im Hotel und beim Mietwagen, enge zweite Klasse zwischen krabbelnden Kleinkindern und fröhlichen Trinkgemeinschaften im ICE - das wird zum Standard bei Reisen aus betrieblichem Anlass. "Das Niveau, auf dem wir uns jetzt befinden, bezeichne ich als ?new normal'", sagt Stefan Vorndran, Deutschland-Chef des Geschäftsreiseanbieters BCD Travel. Im Klartext: Ein Zurück auf das Niveau vor der Krise gibt es nicht.
Viele Betroffene reagieren sauer, andere nachdenklich. "Wer Economy auf Langstreckenflügen vorschreibt, muss bald auch Thrombosestrümpfe verwalten", schimpft Zwei-Meter-Mann Jörg Martin, Chef der Beratungsgesellschaft CTC Corporate Travel Consulting. Philipp Schmidt, Travel Manager bei Villeroy & Boch, hat zwar im März 2009 ein generelles Embargo für Business Class-Flüge verhängt. Kurzfristig Kosten zu sparen sei aber alles, sagt der Travel Manager. "Das Business-Class-Verbot kann sicher kein Dauerzustand sein." Für ihn habe das "auch etwas mit der Wertschätzung der Mitarbeiter zu tun." Doch noch immer verbieten rund elf Prozent der Mitgliedsunternehmen des Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) ihren Mitarbeitern "alle nicht unbedingt notwendigen Reisen". Deutlich mehr als die Hälfte hält seine Kosten mit "günstigeren Reisen" in Schach.
Experten sind sich einig, dass daran auch ein dauerhafter Aufschwung nicht viel ändern wird: Der Sitzplatz des Business Travellers im Flieger wird auch in Zukunft in der Economy Class stehen, sein Bett keinesfalls im Fünf-Sterne-Hotel. Nachdem die durch die Finanzkrise gebeutelte Wirtschaft erst einmal entdeckt hat, welch gewaltiges Spar-Potenzial sich hinter ihrem drittgrößten Ausgabenblock innerhalb der Personalkosten verbirgt - nach Lohn und Sozialabgaben -, wird sie darauf so bald nicht mehr verzichten. "Die meisten Änderungen, die während der Krise vorgenommen worden sind, werden von Dauer sein", prophezeit Yves Galimidi, Europa-Vorsitzender des Internationalen Geschäftsreiseverbands ACTE und verantwortlich für den globalen Einkauf von Reisedienstleistungen bei IKEA.
Für Reisende bedeutet dies die dauerhafte Streichung lieb gewonnenener Privilegien - verankert in der unternehmenseigenen Reiserichtlinie (RRL). War diese noch bis vor ein, zwei Jahren bestenfalls moderat formuliert, enthält sie heute meist rigorose Restriktionen. Das sogenannte Downgrading in punkto Flug und Hotel gehört ebenso dazu wie etwa der sogenannte "intelligente Reiseverzicht" zugunsten von Videokonferenzen oder die Mahnung, Reisen rechtzeitig zu planen und buchen, um kostspielige Umbuchungskosten oder gar Stornos zu vermeiden.
Durch die Implementierung neuer, zuweilen rigider Genehmigungsprozesse bringen die firmeninternen Travelmanager ihre Klientel auf Sparkurs. Vorbei die Zeiten, in denen Business Traveller die hauseigene Reiserichtlinie bestenfalls als freundliche Empfehlung abtun konnten. Heute wird konsequent zur Kasse gebeten, wer seinen Sitzplatz nach wie vor lieber in der Business bucht. Und auch wer nicht vom 5-Sterne-Service lassen mag, zahlt die Differenz zur vorgeschriebenen Buchungsklasse selbst. "Die Unternehmen sind sehr stringent geworden", beobachtet Christian Spangenberg vom zu Dertour gehörenden Geschäftsreiseanbieter FCm Travel Solutions. Inzwischen seien Reiserichtlinien sogar arbeitsrechtlich relevant: Wer dauerhaft dagegen verstößt, der fliegt - aber raus.
Allein 2009 hat sich die Zahl der Geschäftsreisen in führenden Unternehmen in Europa um 15 bis 20 reduziert, die Ausgaben sanken sogar um 25 bis 40 Prozent. Da wollen viele Unternehmen weiter machen. Vielerorts stehe deshalb heute der Ausbau automatisierter Einkaufs- und Buchungsprozesse auf dem Plan, beobachtet ACTE-Sprecherin Christine Dunton-Tinnus. Bleibt angesichts dieser Entwicklung überhaupt noch Platz für den "Faktor Mensch", für die Bedürfnisse des Reisenden selbst? Selbstverständlich, sagt ACTE-Chef Galimidi. Doch mehr denn je drehe sich alles um den Return on Invest. Als Beispiel nennt er das viel zitierte Bild des in der Economy Class darbenden Intercontinentalreisenden auf dem Weg zum Geschäftstermin. Warum sollte ein Mitarbeiter nicht Economy fliegen, wenn sein Ziel lediglich ein internes Meeting sei und der Flug über Tag geht? Anders der nächtlich Reisende zu einem Vertragsschluss: Da er vor Ort fit sein müsse, könne auch ein Business Class-Ticket gerechtfertigt sein.
Selbst in Krisenzeiten den Bogen nicht zu überspannen, das ist auch die Botschaft von Berater Martin. Er beschreibt das Beispiel eines innerdeutschen IT-Experten aus München, der nach einem Vormittagstermin in Düsseldorf bei seinem Kunden für den Nachmittag um Schreibtisch-Asyl bat. Grund: Seine Buchungsmaschine gab ihm automatisch nur den billigsten Rückflug, und der war erst am späten Abend. Martin hat dafür nur ein Wort: "Schwachsinn".