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Planet Wissen: Wohnungseinbrüche

Zuhause sind wir sicher, denken viele. Das Hab und Gut auch. Doch die Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland stieg jahrelang an, erst in den vergangenen Jahren war sie rückläufig. Und die Statistik offenbart: Die Einbrecher kommen meist davon.


Die Polizei kann nur wenige Fälle aufklären

Von 2005 bis 2015 stieg die Zahl der Wohnungseinbrüche kontinuierlich von 109.000 auf 167.000 Fälle. Seitdem allerdings scheint der Trend rückläufig: 2016 erfasste die Polizei 150.000 Anzeigen, 2017 nur noch 116.000. Zudem scheiterten zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen die Hälfte aller Einbruchsversuche, das heißt, die Täter gelangten gar nicht erst in die Wohnung.


Die Aufklärungsquoten allerdings bleiben unbefriedigend. 2017 konnten die Ermittler nur knapp 18 Prozent aller Einbrüche klären. Selbst wenn die Tatverdächtigen identifiziert werden, fehlt es oft an Beweisen, so dass die Gerichtedie Täter nicht verurteilen können.


Auf einem Tisch liegt von der Polizei sichergestellter Schmuck

Leichte Beute: Schmuck und Uhren liegen oft auf dem Nachttisch

Wer sind die Täter?

"Die hohen Fallzahlen sind nicht nur, aber vor allem auf reisende Tätergruppen aus Südost- und Osteuropa zurückzuführen", sagte der damalige Innenminister Thomas de Maizière. Thomas Bliesener, der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsens (KFN), sieht das anders: "Es ist schwer zu sagen, wer genau die Einbrecher sind", sagt er. Schließlich kenne die Polizei nur einen Bruchteil der Tatverdächtigen.


Es könne zudem regionale Unterschiede geben: Wenn Täter aus Osteuropa etwa vermehrt in Nordrhein-Westfalen einbrechen, dann heiße das nicht automatisch, dass das auch in Sachsen oder Bayern der Fall sein muss.



Die Mehrheit der registrierten Tatverdächtigen der Kriminalstatistik stammen aus Deutschland. Die Hälfte davon hat ihren Wohnsitz in der Tatortgemeinde. Zu diesen so genannten "örtlich-regionalen Tätern" zählen etwa Jugendbanden und Drogenkonsumenten.


Kontinuierlich zugenommen hat laut Bundeskriminalamt aber der Anteil von nichtdeutschen Verdächtigen und von sogenannten reisenden Tätern, die in gut strukturierten Banden zusammenarbeiteten und häufig aus Südost- und Osteuropa kommen.


Ein Einbrecher ffnet nachts ein gekipptes Fenster

Die Polizei kann nur wenige Täter ermitteln

Die Richter verurteilen nur wenige Täter

Vor allem die reisenden Tatverächtigen ohne Wohnsitz stellen die Polizei vor eine Herausforderung. Die Ermittler können oft erst dann Hinweise sammeln, wenn es zu spät ist, nämlich nach der Tat. Das reicht häufig nicht aus, um den Täter zu überführen.


Die Verurteilungsquote liegt deutlich unter der Aufklärungsquote, wie eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen zeigt: Von 100 Tätern ermittelt die Polizei demnach im Schnitt 16 Verdächtige, aber nur drei von diesen 100 Tätern werden am Ende tatsächlich verurteilt. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der Kriminologe F. Kawlovski, der eine Verurteilungsquote von zwei Prozent errechnet hat.


Und das, obwohl im Sommer 2017 die Mindeststrafe für den Einbruch in eine Privatwohnung angehoben wurde: Wer verurteilt wird, muss jetzt für mindestens ein Jahr Haft, das Höchstmaß liegt bei zehn Jahren.


Ein Buch ber das Strafrecht liegt in einem Gerichtssaal

Wenn die Beweise fehlen, können die Täter nicht verurteilt werden

Wie brechen die Täter ein?

Alle Täter hinterlassen Spuren am Tatort. Und diese geben Aufschluss darüber, wie die Täter vorgegangen sind: Viele hebeln Fenster oder Türen auf, nutzen gekippte Fenster und Fenstertüren, schlagen Glas ein oder benutzen nachgemachte Schlüssel für Türschlösser.


Im Mai 2016 nahm die Hamburger Polizei einen Einbrecher fest, der mithilfe eines Handbohrers Löcher in Fensterrahmen gebohrt hatte. Anschließend hatte er die Fenster mit einem Draht geöffnet – und zwar in mindestens 200 Fällen.


Zwei Hnde halten einen Handbohrer aus Metall

Einbruchswerkzeug aus dem Baumarkt

Drei Mythen über Wohnungseinbrüche

1. Tatzeit: Die Täter kommen nur nachts.

  • Viele Einbrüche werden zwischen 10 und 18 Uhr verübt. Das besagt eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsens (KFN), in der 2403 Fälle aus Berlin, Hannover, München, Stuttgart und Bremerhaven untersucht wurden.
  • Zum gleichen Ergebnis kommt auch eine Studie des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen, die 719 aufgeklärte Taten untersuchte: Die Mehrheit der Einbrecher kam, solange es hell war.

2. Stockwerk: Obere Stockwerke sind sicher.

  • Nicht immer. Die Einbrecher steigen zwar am häufigsten ins Erdgeschoss ein, sie dringen aber auch in die oberen Stockwerke ein, sagen die Autoren der KFN-Studie.

3. Opfer: Diebe brechen vor allem in Villen ein.

  • Die Täter brechen nicht nur in Einfamilienhäuser ein, sondern oft auch in Mehrfamilienhäuser (Quelle: KFN).

Wie die Polizei ermittelt

Polizei ist Ländersache. Das heißt: Wie die Polizei organisiert ist, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. Auch die Dienststellen innerhalb eines Bundeslandes gehen unterschiedlich vor, wenn sie einen Einbruch untersuchen.


So untersucht manchmal die Kriminalpolizei als erstes den Tatort, manchmal die Schutzpolizei.


Die Polizei sichert die Spuren und sucht nach Finger- und Schuhabdrücken, DNA-Spuren oder Werkzeug. Die Polizisten befragen Zeugen und versuchen herauszufinden, ob es Zusammenhänge zu anderen Wohnungseinbrüchen gibt. Wie die Polizei ermittelt, ist von Fall zu Fall verschieden.


Screenshot

Einbruch: Wie die Kriminalpolizei nach Spuren sucht | 02:56 Min.

Den Täter mit neuen Methoden finden

In Bayern oder Baden-Württemberg wird das so genannte "Predictive Policing" bereits genutzt – also spezielle Computerprogramme, die den Polizeibeamten helfen sollen, künftige Einbrüche vorherzusagen.


Die Polizei füttert die Algorithmen mit Daten: Wo ist eingebrochen worden? Wann? Wie war das Wetter? Wie die Verkehrslage? Die Software berechnet dann die besonders einbruchsgefährdeten Gebiete.


Screenshot

Wohnungseinbruchsradar: Einbrüche verhindern | 02:39 Min.

Algorithmen sollen helfen, Einbrüche vorherzusagen

Die Polizei in Nordrhein-Westfalen analysiert, welche verschiedenen Faktoren zusammenkommen, wenn es zu einem Einbruch kommt. Daraus leitet sie ab, wo künftig ein Einbruch geschehen könnte. In Bayern und Baden-Württemberg geht die Polizei anders vor. Ihr Ansatz: Wo ein Einbruch stattgefunden hat, wird in Kürze auch der nächste folgen.


Die Programme visualisieren die Gebiete mit erhöhter Einbruchswahrscheinlichkeit farbig auf einer Karte. Die Polizei kann dann etwa entscheiden, ob sie mehr Wagen auf Streife schickt. Ob die Computervorhersagen tatsächlich zum Erfolg führen, ist noch unklar – das müssen künftige Studien erst noch untersuchen.


Eine an die Wand projizierte Landkarte mit eingefrbten Einbruchsgebieten

Auch die Polizei in Hamburg setzt auf die neue Technik

Was oft schon reicht: die Tür abschließen

Die Polizei will nicht erst helfen, wenn es zu spät ist. Sie will auch Prävention leisten, indem sie beispielsweise die Menschen für Einbrüche sensibilisiert. Es kann schon reichen, die Tür abzuschließen, um einen Einbruch zu verhindern. Denn auch Gelegenheit macht Diebe. Und so können auch wir durch unser Verhalten dazu beitragen, Einbrüche zu verhindern.


Eine orangene Alarmanlage ist an einer Hauswand befestigt

Alarmanlagen oder Bewegungsmelder am Haus können Einbrecher abschrecken


Autorin: Anja Wölker

Original