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Sinn und Unsinn von QR-Codes in der Kommunikation

Ein durchschnittlicher Sitzungsraum irgendwo in Deutschland. Graue Tische, graue Stühle, grauer Teppich, weiße Wände. Eine sichtbar seit langer Zeit unbenutzte Flipchart an der Wand, deren Papier sich an der Unterseite schon nach oben rollt. Auf dem Tisch ein paar Getränke, darum ein paar Menschen, die sich was richtig Gutes ausdenken sollen, um neue Kunden zu gewinnen. Irgendwann durchtbricht einer die Lethargie aus langweiligen Einfällen und bereits vor Monaten verworfenen Ideen und schlägt vor, QR-Codes einzusetzen, um auch junge Menschen zu erreichen. Die jungen Menschen, die mit am Tisch sitzen, verdrehen fast einhellig die Augen und einer von ihnen winkt ab: "QR-Codes sind so was von 2000er, die sind total out." Dann kehrt in diesem Konferenzraum wieder die lähmende Stille ein, die immer einsetzt, wenn das immer gleiche Thema von den immer gleichen Leuten mit der immer gleichen Erfolglosigkeit bearbeitet wird. Dabei kann es sich tatsächlich lohnen, den Einfall mit den QR-Codes mal genauer unter die Lupe zu nehmen.


Sinnvoll oder unsinnig - QR-Codes für Ihre Kommunikation

Sind sie nun sinnvoll oder völlig veraltet? Die Antwort darauf lautet entweder "es kommt darauf an" oder "von beidem ein bisschen" - suchen Sie es sich aus. Bei uns sind diese Codes aus einem Rausch an kleinen Quadraten seit 2007 im Einsatz. Vor allem in der Werbung und im Marketing. Und ja, sinnvoll wäre da in vielen Fällen etwas anderes gewesen. Aber schaut man sich mal an, wie die Codes entstanden sind, öffnet sich der Blick zum richtigen Einsatz. Wikipedia schreibt dazu: "Der QR-Code wurde zur Markierung von Baugruppen und Komponenten für die Logistik in der Automobilproduktion des Toyota-Konzerns entwickelt." Es ging also zu Beginn um einen ganz konkreten Nutzen: Mit dem Code ließen sich Bauteile vermutlich schneller erkennen und sortieren, als wenn man die Bezeichnung mühsam in einer langen Liste hätte nachschlagen müssen. Also konnten sie schneller und zuverlässiger an die richtige Stelle im Produktionsprozess geliefert und verbaut werden. Der QR-Code war eine Arbeitserleichterung und beschleunigte den Arbeitsprozess.


Wenn diese Ursprungsidee auch heute die Grundlage wäre, wenn Unternehmen den Einsatz von QR-Codes in Erwägung ziehen, entstünden nicht so viele vollkommen sinnlose Nutzungsversuche. Ob in der Werbung, im Marketing oder der Kommunikation: Wenn Sie über QR-Codes (oder jede andere Art von Code) nachdenken, fragen Sie sich, ob Ihre Idee einen konkreten Nutzen, einen Mehrwert für denjenigen bietet, der ihn einscannen soll. Sie wollen den Code auf eine Anzeige für Ihr neues Produkt drucken und nach dem Scannen sieht der Nutzer die Landing Page für die Werbeseite des Produkts? Lassen Sie es lieber! Die Werbung hat er ja schon gesehen. Auf die gleiche Werbung geführt zu werden, bringt ihn nicht weiter. Ihr Nutzer fühlt sich allenfalls veralbert oder sogar manipuliert und verabschiedet sich als neuer Kunde. Doch was, wenn der QR-Code in der Anzeige zu einem Video führt, dass das neue Produkt im Einsatz zeigt? Das also demonstriert, wie einfach es zu bedienen ist und welch gute Ergebnisse es liefert? Oder wenn der Code zu einer Seite mit Kundenrezensionen des Produktes führt (bei denen nicht alle kritischen gelöscht wurden!)? Oder wenn er den Teilnahmecoupon für ein Gewinnspiel aufruft, bei dem das Produkt als Hauptpreis ausgelobt wird? Sie sehen schon: Wenn Sie sich in QR-Codes verliebt haben, gibt es keinen Grund auf sie zu verzichten. Aber den ersten Gedanken zu verwerfen und nach einer wirklich nützlichen Verwendung zu suchen, kann sich im wahrsten Sinne des Wortes auszahlen.


Eine kleine Inspirationsliste für interessante Verwendungen:

  • Visitenkarten: Nichts ist lästiger, als die Kontaktdaten von Geschäftspartnern oder Kunden per Hand von der Visitenkarte ins digitale Kontaktbuch übernehmen zu müssen. Speichern Sie Ihre Kontaktdaten im vCard-Format als QR-Code und drucken Sie sie mit auf die Visitenkarten. Ihr Gegenüber muss den Code dann nur noch scannen und kann alle Kontaktdaten so direkt in seinem Smartphone speichern.
  • Fotoalben und ihre Gemeinsamkeit mit Geschäftsberichten: Kein Mensch klebt heute mehr Bilder in Fotoalben, aber viele lassen sich Fotobücher erstellen. Die Fotos sind so schön archiviert und werden gerne immer mal wieder hervor geholt und betrachtet. Aber was ist mit den Videos von der Grillparty, der Schuleinführung, dem ersten Geburtstag, dem Tanz des Brautpaares, dem Gottesdienst des Goldpaares? Die versauern auf diversen Festplatten. Es sei denn, man integriert sie - ins Fotobuch zum Beispiel. Das bietet Pixum seit einiger Zeit an. Das Video wird hochgeladen und wird bei Pixum nach eigener Angabe bis zu 30 Jahre gespeichert. Ins Fotobuch kommen Einzelbilder aus dem Film, dargestellt als Filmstreifen, und dazu der Code, der zum Film führt. Auf Unternehmen gedacht, kann so zum Beispiel der eigene Youtube-Kanal unkompliziert Einzug in den Geschäftsbericht halten. Das demonstriert nicht nur, dass Sie Crossmedialität wirklich leben, sondern lockert die in der Regel eher schwere Lektüre auch noch auf.
  • Kreuzworträtsel: An Bahnhöfen und Bushaltestellen sind die Menschen gezwungen zu warten. Beobachten Sie mal, wie viele das tun, indem sie mit ihrem Smartphone daddeln. Das können Sie nutzen: Werbeplakate an der Haltestelle könnten statt mit einem Produkt mit dem Slogan werben, dass die Zeit mit Ihrem Unternehmen schneller vergeht. Dazu keine weiteren Informationen, auch nicht viel Bild, nur ihr Logo und ein QR-Code. Die Passanten sollen ja neugierig werden. Scannen sie den Code ein, gelangen sie auf eine Seite mit einem Kreuzworträtsel, Sudoku oder einem anderen Spiel, dass Beschäftigung verspricht. Und naürlich gibt es auf der Seite auch einen Link zu Ihrem Unternehmen - oder, und das ist der bessere Fall, das Spiel ist auf Ihrer Unternehmensseite integriert, das Lösungswort des Rästels ihr neuestes Produkt und Informationen dazu nur einen Klick weit entfernt.

Form folgt Inhalt - Gestaltung und Platzierung von QR-Codes

Doch Ihre schönste Idee zur Nutzung nützt gar nichts, wenn der Code technisch schlecht umgesetzt ist. Die zwei wichtigsten Punkte in dieser Kategorie: Gestaltung und Platzierung. Längst sind QR-Codes nicht mehr auf eine reine Darstellung in schwarz und weiß reduziert. Heute können Sie die Codes in Ihren Firmenfarben drucken, mit Ihrem Logo versehen oder Bilder einbauen. Dass sie dennoch funktionieren, verdenken sie der eingebauten Fehlertoleranz. Bis zu 30 Prozent der Codefläche können beschädigt sein und er lässt sich trotzdem noch gut auslesen. War für die Automobilindustrie vermutlich eine Notwendigkeit. Bauteile, die beim Transport vermutlich nicht gerade sanft angefasst wurden, dürften häufiger mit beschädigten Codes angekommen sein. Heute proditieren wir davon, weil wir die Codes stark individualisieren können, ohne ihre Funktionalität zu beschneiden.


Ein paar Dinge gibt es dennoch zu beachten, weil die Codes das eine sind, die Scanner, die sie einlesen, aber das andere. Sie können sich nicht darauf verlassen, dass alle Nutzer die aktuellsten Smartphones mit der besten Kamera verwenden. Also sollten Sie Ihre Codes so gestalten, dass auch ältere Geräte sie gut lesen können. Das heißt vor allem: Reduzieren Sie die Größe des Codes nicht zu sehr. Ich empfehle, zwei Zentimeter Kantenlänge nicht zu unterschreiten. Und der zweite wichtige Faktor: Lassen Sie sich von den Möglichkeiten nicht allzu sehr verführen. Ein Code in silber auf anthrazitfarbenem Hintergrund sieht gewiss edel aus. Er ist aber nicht sehr nützlich, weil der Kontrast zwischen Hinter- und Vordergrund vermutlich deutlich zu schwach sein wird, um ein schnelles, frustfreies Einscannen zu erlauben.

Wenn der Code selbst steht (und sie mehrfach und mit verschiedenen Geräten getestet haben, dass er auch wirklich tut, was er tun soll), geht es noch um die Platzierung. Auch da gilt zum einen wieder: Achten Sie darauf, dass er groß genug gedruckt ist - und dass es dort, wo er eingescannt wird, auch einen vernünftigen Empfang gibt. Denn: Um einen QR-Code zu nutzen, braucht ihre Zielgruppe Internetempfang. Deshalb ist der Einsatz im Bordmagazin der Fluglinien oder unter Tage also eher kontraproduktiv. Auch auf Werbebanner an Autobahnbrücken oder Schnellstraßen o.ä. gehören sie nicht, weil kein Smartphone der Welt bei 120 km/h einen Code einscannen kann.


Wenn unsere grauen Menschen in dem grauen Konferenzraum irgendwo in Deutschland diese Überlegungen angestellt hätten, hätten sie den QR-Code vielleicht nicht gleich verworfen. Aber sie hätten ihn vermutlich hinten angestellt, denn eines ist er nicht: ein Wundermittel, eine Allzweckwaffe. Um neue Kunden zu gewinnen, braucht es etwas Überzeugendes. Ein Code ist aber nicht per se überzeugend. Er ist ein Kommunikationsinstrument. Ein Instrument, nicht die Botschaft. Und schon gar nicht das Produkt. Unsere Konferenzrunde wird also vielleicht noch ein bisschen länger grübeln müssen.

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