Die Nigerianer werden keine schwere Wahl haben, wenn sie bald an die Urnen treten. Entweder bestätigt man den amtierenden Präsidenten im Amt, oder die Wahl fällt auf den Kandidaten der Opposition. So oder so, das grundlegende Problem bleibt bestehen.
Ich glaube an die Kraft der Veränderung. Sie ist gleichzeitig das Mantra der aktuellen Oppositionspartei in Nigeria, dem All Progressives Congress (APC). Die Veränderung, die mir jedoch vorschwebt ist grundlegend und berührt das Herz und die Seele Nigerias. Es soll eine Veränderung sein, die sich mit den Gründen befasst, warum Nigeria - ein Land, dass reich an natürlichen und menschlichen Ressourcen ist - seit nunmehr fünf Jahrzehnten nach Erlangung der Unabhängigkeit immer noch als ein Land vierter Klasse gilt. Ich spreche von einem Umdenken, welches hinterfragt, warum der Kampf um die politische Macht in unserem Land zu einem Nullsummenspiel geworden ist, zu einer Angelegenheit des „Do or die", um es in den Worten eines unverbesserlichen Expräsidenten zu formulieren, der so einst den Kampf seiner Partei um das höchste politische Amt beschrieben hat.
Der Politik in Nigeria selbst geht es offensichtlich nicht um die Liebe und Hingabe zum Heimatland, denn genau dieses „Heimatland" scheint nur noch eine Illusion zu sein. Und wir haben uns aus unerklärlichen Gründen daran gewöhnt, dieses Problem zu ignorieren. Für mich ist die Lösung dieses Problems viel schwieriger, als die Entscheidung, wer nach den nächsten Wahlen in Aso Rock, dem Hauptsitz der Staatsregierung, residieren wird. Die nigerianische Bevölkerung muss wachsam bleiben und darauf beharren, dass wir uns wieder auf unsere Grundsätze besinnen. Egal, wer als Gewinner aus den kommenden Wahlen hervorgehen wird.
Denn ganz offenkundig ist das Nigeria, in dem wir heute leben, nicht das Land, das sich die Antikolonialisten vorgestellt haben, für das sie gekämpft haben und für das sie sogar gestorben sind. Jahre waghalsiger Politik, verwerflicher Militärdiktatur, Korruption und unverantwortlicher Führung haben die wahre Bedeutung nationaler Einheit ins Lächerliche gezogen. Heute steht unsere Nation am Rande des Abgrunds und keine politische Kampagne oder illusorisches Wunschdenken wird diese Realität verschleiern können.
Die aktuelle Gefahr nicht aus den Augen verlierenSofern das überhaupt noch möglich ist, sollte an der obersten Tagesordnung ein Plan stehen, der es ermöglicht Nigeria zurückzugewinnen und die zukünftigen Spielregeln für das Fortbestehen des Landes festzulegen. Dies ist der Weg, dem alle wahrhaftigen Demokraten und Patrioten, ungeachtet ihrer Parteienzugehörigkeit, mit aller Ernsthaftigkeit folgen müssen. Sie dürfen die gegenwärtige Gefahr nicht aus den Augen verlieren.
Worum es bei dieser besonderen Wahl wirklich geht, ist die Gelegenheit des nigerianischen Volkes durch seine Stimmabgabe über die kommende Staatsregierung zu entscheiden. Das ist ein „Fortschritt" in sich, wenn man unsere heikle Geschichte in der Wahlpolitik betrachtet. Es ist erfreulich zu wissen, dass wir selbst eine Entscheidung treffen können, auch wenn es nur schwer einzuschätzen ist, inwieweit die nationale Wahlkommission INEC (Independent National Electoral Commission) dieser Aufgabe gewachsen sein wird.
Als eine Agentur, die vier Jahre Zeit hatte um aus ihren Fehlern zu lernen und sich auf diese Wahlen vorzubereiten, hat sich die INEC meiner Meinung nach nicht wirklich zum Positiven verändert. Das ist an sich schon beunruhigend, denn die INEC wird den Fortgang nach der Wahl maßgeblich beeinflussen.
Niemand kümmert sich um die strukturelle SchieflageDie Politik in Nigeria hat in ihrer derzeitigen Zusammenstellung weder das Bestreben, noch die Kapazitäten, sich der größten Herausforderung des Landes - nämlich der strukturellen Schieflage - anzunehmen. Auch wenn durch den Wahlausgang nur wenig bis gar kein Fortschritt erwartet werden sollte, so sind es sich die Nigerianer selbst und ihrem Land schuldig, für faire, freie und friedliche Wahlen einzustehen, in denen die Stimmen der Wähler auch wirklich eine Rolle spielen.
Ein Großteil der Verantwortung lastet hierbei einerseits auf den Schultern der Regierung, die über die uneingeschränkte Kontrolle der Machtmittel verfügt, und andererseits auf den politischen Parteien, deren Kampagnen nichts weiter tun, als Missmut zu schüren. Die schwerste Aufgabe wird meines Erachtens ohnehin der INEC zukommen, deren im Grundgesetz verankerte Pflicht es ist, die Wahlen zu beaufsichtigen. Sie soll die Wahlen nicht nur durchführen, sondern auch offen zeigen, dass alles frei und fair abgelaufen ist. Zum Wohle aller hoffen wir, dass sich die Agentur nicht vor dieser Aufgabe drücken wird.
Für all jene, die am Wahltermin stimmberechtigt sein werden, habe ich folgenden Vorschlag: Lasst uns unsere Waffen im Wissen niederlegen, dass all unsere Bemühungen letzten Endes auf tragische Weise entweder zur Fortführung oder zum Neubeginn eines langen und beschwerlichen Pfades zur Wiedergewinnung unseres Landes führen werden - und das auch nur, wenn wir selbst noch daran glauben.
Text: Chido Onumah
Erstveröffentlichung: 2015 Elections: The Easy Choice Before Nigerians
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