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Let's go Krakow: Der Beginn meiner Pilgerfahrt auf den Weltjugendtag 2016

Vor drei Wochen ging der Weltjugendtag zu Ende. Auch ich mischte mich als Pilgerin unter hunderttausende junge Leute aus aller Welt. Was ich dabei alles in Krakau und während der Tage der Begegnung in Südpolen erlebt habe, werdet ihr in der neuen Serie „Let's go Krakow" erfahren.

Am frühen Morgen fuhren meine Eltern mich und mein Gepäck zur Bushaltestelle, wo meine Reise beginnen sollte. Während unserer Busfahrt nach Polen fuhren wir ebenfalls durch das Siedlungsgebiet der Sorben, das vor allem in Deutschland und im Grenzgebiet zu Polen und Tschechien liegt.

Ein Kaplan aus dem Leiterteam erzählte uns von seinen kulturellen Erfahrungen mit der sorbischen Kultur während der Einladung zum Abendessen. Ihm als Priester fielen insbesondere die Frömmigkeit, Gastfreundschaft und der Zusammenhalt der Leute auf. Die Sorben sind ein slawisches Volk in Deutschland, das als deutsche Minderheit anerkannt ist. Besonders kennzeichnend für die Region ist die Zweisprachigkeit der Straßenschilder, da auch die sorbische Sprache in Deutschland anerkannt ist.


Willkommen in unserem Nachbarland Polen

Vorbei an dem Ort Neißeaue, dem östlichsten Punkt Deutschlands, überquerten wir die Grenze. Hurra, endlich waren wir in Polen. Die Neiße hatte ich mir immer viel breiter vorgestellt und wirkte für mich eher wie ein Flüsschen statt wie ein richtiger Grenzfluss.

Interessiert schaute ich aus dem Busfenster, um meine ersten Eindrücke von Polen aufzusaugen. Nach dem Grenzübertritt bemerkte ich keine Veränderung in der Landschaft, nur die Sprache auf den Straßenschildern war nicht mehr Deutsch, sondern Polnisch.

Am späten Abend kamen wir endlich in Bibice an, wo schon unsere polnischen Gastfamilien warteten. Ich lernte die polnische Gastfreundschaft kennen, welche mich bis heute sehr beeindruckt und ich sehr zu schätzen lernte. Sofort bot unsere Gastmutter mir und einer anderen Pilgerin namens Veronique etwas zu trinken und den besten selbst gebackenen Mohnkuchen an, den ich je gegessen habe.


Die Angst vor Terroranschlägen als ständiger Begleiter

Nach einem Gottesdienst und einer Katechese am nächsten Morgen fuhr ich zusammen mit den Sanitätern von Bibice ins acht Kilometer entfernte Krakau. Noch waren die Verkehrsabsperrungen für mich nicht überall bemerkbar und es war noch relativ einfach, einen Parkplatz zu bekommen.

Während des Weltjugendtages wurde die Stadt Krakau in drei Sicherheitszonen eingeteilt, wovon nicht alle mit einem Fahrzeug befahren werden durften. Ansonsten benötigte man eine vorher beantragte Fahrerlaubnis, die man nicht an andere Personen weitergeben durfte. Um dem Trubel und den Verkehrsabsperrungen zu entgehen, nahmen die meisten Einwohner Krakaus Urlaub und verließen die Stadt.


Nachdem Papst Franziskus am Mittwoch in Krakau eintraf, durfte niemand mehr Krakau betreten, der nicht Stadtbewohner, Weltjugendtagspilger, Volunteer oder Journalist mit Presseakkreditierung war oder als Sicherheitskraft in Krakau arbeitete.

Die Angst vor Terroranschlägen war überall bemerkbar. Auch ich reiste mit dem Gefühl an, dass der Weltjugendtag ein wahrscheinliches Ziel für einen Terroranschlag wäre. Aus Gesprächen mit anderen Pilgern habe ich erfahren, dass ich mit meiner Befürchtung nicht die Einzige war. Einige Pilger äußerten dem Leiterteam ihre Ängste, sodass diese unsere gesamte Pilgergruppe von ungefähr 400 jungen Menschen zu beruhigen versuchte.

Meine ersten Eindrücke von Krakau und dem Weltjugendtag

Mein erster Tag in Krakau begann mit einer Schifffahrt auf der Weichsel. Dabei erklärte uns eine Reiseführerin auf Deutsch die Sehenswürdigkeiten Krakaus.

Vom Wawelhügel mit dem Wawel, der Residenz der polnischen Könige, ging die Schifffahrt los. Im Wawelhügel hauste der Legende nach ein Drache, der Krakau in Angst und Schrecken versetzte.


Nur ein regelmäßig zum Fraß vorgeworfenes Mädchen konnte den Drachen besänftigen. Jedoch war die Königstochter Wanda die einzige junge Frau weit und breit, die noch übrig geblieben ist. In seiner Not bot der König demjenigen, der den Drachen besiegen würde, die Hand seiner Tochter an.

Der junge Schusterlehrling Dratewka meldete sich für die Aufgabe. Er füllte ein totes Lamm mit Schwefel und legte es vor die Drachenhöhle. Der Drache fraß es und bekam furchtbaren Durst. Er lief zur Weichsel und trank so viel Wasser, bis er platzte und verendete. Dratewka heiratete daraufhin die Königstochter Wanda und alle lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.


Während der Bootsfahrt habe ich auch erfahren, dass Krakau jährlich ungefähr zwei Millionen Besucher aus aller Welt hat, insbesondere aus Polen, Italien und Deutschland. Unter der jungen polnischen Bevölkerung ist Krakau mit elf Hochschulen zum Studieren sehr beliebt.

Ziel unserer Schifffahrt war das Benediktinerkloster Tyniec auf einem großen Kalksteinfelsen, das wir auch kurz besichtigten und den schönen Ausblick auf die Weichsel genossen. Die Abtei ist eines der ältesten polnischen Klöster.

Eröffnungsmesse auf den Błonia-Wiesen im Hochsicherheitstrakt

Während der Schifffahrt sah ich viele Pilgergruppen der verschiedensten Länder der Welt. Begeistert winkte ich ihnen zu.

Bis zu einem bestimmten Punkt durfte man sich noch mit Fahrzeugen bewegen, danach war das Gelände eingezäunt und an jeder Stelle von Polizisten und Militär streng bewacht. Wie groß das Militäraufgebot tatsächlich war, kann ich nicht einschätzen. In den Medien las ich, dass das Sicherheitspersonal insgesamt aus ungefähr 25.000 Leuten bestand. Beim Weltjugendtag 2013 in Rio waren es laut Medienberichten nur ungefähr 10.000 Sicherheitskräfte.


Am Himmel hörte ich regelmäßig die Geräusche von Militärhubschraubern. Ich bin mir sicher, dass dort bereits Soldaten mit Maschinengewehren auf einen möglichen Einsatz warteten. Ich fuhr mit meinem Fahrrad, das ich wegen meiner Behinderung benötige, durch eine Straße. Auf den Gebäuden sah ich keine Schützen. Ich würde es dennoch nicht ausschließen, dass auch dort schussbereite Schützen waren.

Zwei meiner Begleiter wurden einmal von der Polizei aufgehalten, weil sie eine Stange mit sich trugen, die dazu diente, mich bei Steigungen oder anderen Hürden notfalls leichter anschieben zu können.


Die Anspannung stand dem Sicherheitspersonal ins Gesicht geschrieben. Das Gelände auf den Blonia-Wiesen war riesig, dennoch waren die Einlasskontrollen nicht so streng. Jeder Pilger hält sich mit seiner Gruppe in einem bestimmten Sektor auf und konnte diesen auch nur mit seiner Eintrittskarte betreten. Ich war in Sektor B4.

Der polnische Erzbischof Krakaus, Kardinal Stalislaw Dziwisz, hielt die Eröffnungsmesse auf Polnisch. Dabei beteten alle zusammen für den am gleichen Tag in Frankreich ermordeten Priester, für alle Opfer von Terror und Gewalt der letzten Tage und für Barmherzigkeit in der Welt.


Die Messe war komplett auf Polnisch, daher verstand ich den Inhalt der Messe leider erst danach durch Übersetzungen. Sehr beeindruckt war ich, als eine Lesung in deutscher Sprache war. Angesichts der durch die Geschichte beider Länder nicht immer einfachen Beziehungen, war dies ein großes Zeichen in der Religion aufeinander zuzugehen.

Müde und voll von Eindrücken kam ich dann am Abend wieder bei meiner Gastfamilie an. Der Tag war aber definitiv erfüllt und die Vorfreude auf die weiteren Tage groß.

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