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Radio Vatikan - live aus dem Zentrum der Weltkirche

Gegenüber der Engelsburg in Rom, sechs Minuten zu Fuß entfernt vom Vatikan, hat die deutsche Redaktion von „Radio Vatikan" ihren Hauptsitz. Sechs Redakteure und ein Volontär bereiten jeden Tag die deutschsprachige Sendung vor. Der Radiosender ist der zweitälteste noch existierende Sender auf der ganzen Welt. Wie der typische Arbeitsalltag bei „Radio Vatikan" abläuft, hat Pater Bernd Hagenkord, der Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan, unserer Autorin Andrea Schöne berichtet Ziel des Radiosenders und Arbeitsalltag

Radio Vatikan ist kein Verkündigungsmedium, sondern dient der Öffentlichkeit als Informationsmedium direkt aus dem Vatikan. Die Zielgruppe von Radio Vatikan sind alle, die sich für die kirchliche Sicht auf den Vatikan interessieren. Seit der Wahl von Papst Franziskus umfassen die Inhalte zu 60 Prozent den Papst, weitere Inhalte betreffen Weltliches und die Theologie. Jeden Tag sendet Radio Vatikan in 47 Sprachen, wobei zwei bis drei Sendungen am Tag deutschsprachig sind. Die Radiosendungen sind insbesondere für afrikanische und asiatische Länder wichtig, in denen die Menschen keinen Zugang zu Medien haben, die von ihrem Staat unabhängig sind.

Immer größere Bedeutung bei der Arbeit haben die neuen Medien wie das Internet, Apps, Newsletter im Arbeitsalltag, da mit diesen Medien die meisten Menschen auf der Welt erreicht werden. Die Redakteure arbeiten journalistisch, stellen dabei jedoch im Gegensatz zu ihren Kollegen außerhalb von Radio Vatikan keine Spekulationen auf und sind nicht investigativ tätig. Mit Kritik am Papst hält man sich zurück, es geht schließlich um gute Berichterstattung. Ein großes Problem bei der Arbeit ist, dass der Pressesprecher des Vatikans gleichzeitig der Chefredakteur von Radio Vatikan ist. Als Pressesprecher darf er Informationen nicht vorab an die Redaktionen weitergeben, weiß aber immer mehr als seine Mitarbeiter.

Die Arbeit unter Papst Benedikt - Eindrücke

Der inzwischen emeritierte Papst Benedikt XVI stand ständig in der Presse und hatte mit so einigen Konflikten zu kämpfen. Angefangen hat alles, als die Missbrauchsfälle in kirchlichen Institutionen ans Licht kamen. Die Weltpresse hat auf den inzwischen emeritierten Papst Benedikt und den Chefredakteur einen gewaltigen Druck ausgeübt, da sie beiden etwas anhängen wollten. Pater Bernd Hagenkord, Redaktionsleiter der deutschsprachigen Redaktion, schilderte, dass die New York Times drei Wochen lang im Vatikan regelrecht spioniert hat. Als Gesicht des Vatikans war der Druck auf den Radiosender immens. Jede Pressemeldung aus dem Vatikan wurde von der Weltpresse sofort in eine Nachricht verarbeitet. Durch „vatileaks", einer Plattform, die vertrauliche Informationen des Vatikans veröffentlichte, zeigte sich in den Jahren 2011 und 2012 die Durchlässigkeit des Vatikans. Stapelweise soll der päpstliche Kammerdiener Paolo Gabriele heimlich Papiere aus Vatikan geschmuggelt haben. Die Insolvenz der Verlagsgruppe Weltbild im Jahr 2011 machte die Situation für den inzwischen emeritierten Papst Benedikt XVI nicht gerade leichter. Damals wurden die Radiosendungen regelmäßig nachmittags aufgenommen, da der Papst einem geregelten Tagesablauf nachging. Benedikt XVI reiste gerne und hat den Kontakt zu Menschen sehr genossen. Am Ende seines Wirkens empfing er im Alter von über 80 Jahren jeden Tag sieben Besuche, nach seinem Rücktritt sind es nur noch zwei pro Tag.

Die Papstwahl 2013

Als Papst Benedikt XVI am 11. Februar 2013 völlig unerwartet zurückgetreten war, handelte die Berichterstattung nur noch vom Papst und der Papstwahl. Es herrschte große Hektik in der Redaktion, sodass der Redaktionsleiter nach eigenen Aussagen in dieser Zeit nur dreimal daheim war, vielleicht noch schnell Abendessen konnte. Und das alles in 31 Tagen. Am 13. März 2013 war es dann soweit: Papst Franziskus wurde als der neue Papst gewählt. Die erste Übertragung durch Radio Vatikan mit Papst Franziskus von Radio Vatikan fand in der Sixtinischen Kapelle mit den Kardinälen statt. Dabei hat der Papst sehr frei gesprochen, was eine Simultanübersetzung vom Italienischen ins Deutsche sehr erschwert hatte.

Die Arbeit unter Papst Franziskus - Unkonventionalität auf dem Vormarsch

Mit Papst Franziskus veränderte sich das Interesse am Vatikan schlagartig. Keine Debatten um die Kirche spielen jetzt eine Rolle. Die Leute interessieren sich vielmehr dafür, was Papst Franziskus sagen will. Beispielsweise hält der Papst jeden ganz normalen Werktag eine Morgenmesse. Redakteure von Radio Vatikan fassen die Messe jeden Tag zusammen und senden Original-Töne aus der Morgenmeditation, welche Teil der Messe ist. Dabei müssen diese sehr sorgfältig ausgesucht werden, da Franziskus oft Ironie nutzt. Solche Aussagen lassen sich nicht gut veröffentlichen. Franziskus verhält sich viel freier als Papst Benedikt. Die Redakteure mussten erst einmal lernen wie der Papst agiert, damit sie ihre Sendungen bestmöglich darauf ausrichten können. Beispielsweise schweigt der Papst in der Messe öfter mal zehn Sekunden, Sprechpausen sind für Radiomoderatoren jedoch eher schlecht. Franziskus ist ein sehr freiheitsliebender Mensch, der sich nicht kontrollieren lassen will. Interviews gibt er jedem, der ihm zufällig über den Weg läuft.

Am 1. Juli 2012 wurden die Sendungen von Radio Vatikan auf Mittel- und Kurzwelle für Europa und Amerika eingestellt und werden jetzt über das Internet, DAB, über Satelliten oder Partnerstationen ausgestrahlt. Für die ärmeren Teile der Welt, welche kaum Zugang zu Medien haben, sendet Radio Vatikan weiterhin auf Kurzwelle. Das deutschsprachige Programm wird nur noch auf der einzigen eigenen terrestrischen Frequenz UKW 93,3 MHz in Rom ausgestrahlt.

Ihr habt selbst Lust bekommen, eine Radiosendung live aus dem Vatikan zu hören. Hier findet ihr das aktuelle Programm: http://de.radiovaticana.va/sendeplan.

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