In den vergangenen beiden Jahren waren Chatbots ein extrem populäres Mittel der Unternehmenskommunikation. Mittlerweile hat sich die Euphorie darüber gelegt. Doch genau darin liegt auch eine Chance. Schlechte Chatbots sind schädlich für das Image
Die Facebookseiten und Unternehmenswebseiten zahlreicher Start-ups waren, nachdem Mark Zuckerberg 2016 den Facebook Messenger Bot vorstellte, mit einem Chatbot ausgestattet, der die Fragen der Nutzer beantworten können sollte. Der Hype verflog allerdings nach einer Weile, denn nur etwa 30 Prozent der Nutzeranfragen über Facebook Messenger Bots konnten verstanden werden. Knapp drei Jahre später sind viele Chatbots wieder verschwunden oder sie werden weiterhin als Marketinginstrument verwendet, die einige oberflächliche Fragen beantworten können, aber im Zweifel lieber auf das Kontaktformular oder auf die firmeneigene Service-Hotline verweisen.
Dass dies eher imageschädigend sein kann, hat das Banking-Startup N26 jüngst gezeigt. Hier ist der Chatbot nicht einmal in der Lage gewesen, einfache Fragen, etwa wie man seine verlorene oder gestohlene Kreditkarte sperren könne, klar zu beantworten. Für Kunden ein Ärgernis. Gerade, wer einem solch innovativen Unternehmen sein Vertrauen schenkt, erwartet, dass nicht nur die Technologie des Produktes, sondern auch der Customer Service innovativ ist und Grundfunktionen erstklassig beherrscht. Wenn am Ende doch wieder der Mitarbeiter solche Anfragen beantworten muss, ist es wenig sinnvoll, einen Chatbot dazwischen zu schalten. Weiterentwicklung der Chatbots
Mittlerweile sind die ersten großen Unternehmen wie Warner Music oder ABN-Amro dabei, die Technologie der Chatbots weiterzuentwickeln und Chatbots für verschiedene Zwecke zu nutzen, die den Content und die Customer Experience verbessern sollen. ABN-Amro arbeitet an einer Plattform, die aus mehreren Chatbots bestehen wird, die jeweils für verschiedene Zwecke und Anfragen programmiert sein werden.
Vor allem in der Verbesserung der Customer Experience liegt auch die Chance für Startups, sich von der Konkurrenz abzuheben. Nach dem großen Hype sind Nutzer nicht mehr zufrieden mit einem Chatbot, der ihnen ein paar vorher einprogrammierte Antworten gibt. Durch die Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz ist es möglich, die Chatbots die Sprache ihrer Kunden besser zu „verstehen" und auf deren Bedürfnisse noch besser und vor allem flexibler einzugehen.
Der niederländische Online-Versandhändler BOL nutzt Chatbots vor allem, um Kundenanfragen zu Bestellungen besser zu koordinieren. Dabei fragt der Chatbot die relevanten Informationen des Kunden bzw. dessen Bestellung ab und interagiert dabei sowohl mit anderen Chat Bots, die die gesuchten Informationen eingespeichert haben als auch mit menschlichen Kollegen, die sich der Angelegenheiten ganz konkret annehmen können. Die Chatbots von BOL haben jeweils eigene Namen, sodass Kunden, die auf Facebook mit einem der Chatbots interagieren und später eine Nachfrage haben, sich auf genau diesen Chatbot beziehen können. Können Chatbots den Menschen ersetzen?
Auch wenn dank der Weiterentwicklung von KI der Einsatz von Chatbots noch besser und genauer ablaufen wird, so werden Chatbots den Menschen langfristig nicht ersetzen können. Sie werden allerdings in der Lage sein, den Menschen stark zu entlasten und ihm die häufig sehr zeitintensive Vorarbeit abzunehmen. Im Beispiel BOL hat sich bereits nach wenigen Monaten herausgestellt, dass der zielgerichtete Einsatz der Chatbots den Mitarbeitern eine enorme Zeitersparnis und dem Unternehmen eine Ressourcenersparnis von 36 Prozent eingebracht haben. Die Mitarbeiter im Kundenservice haben ihre Interaktionsrate mit Kunden um 20 Prozent in der Stunde erhöhen können.
Dieses Beispiel zeigt, dass gerade für Start-ups, die in der Regel personell wie finanziell auf wackeligen Beinen stehen, ein riesiges Potenzial herrscht, um einen guten Customer Service zu bieten und gleichzeitig ressourcenschonend auf dem Markt zu agieren. Wohin geht die Reise?
Neben anderen populären Entwicklungen wie den Sprachassistenten, geht es am Ende des Tages geht es darum, die neue Generation der Chatbots nicht nur für den Kunden hilfreich einzusetzen, sondern ihn als zuverlässiges Instrument in der Unternehmenskommunikation massentauglich zu machen. Chatbots werden KI-basiert und dadurch stärker personalisierbar sein, doch nach dem Abflauen des großen Hype muss erst wieder eine neue Euphorie um die neuen Chatbots entstehen. Bislang sind die Chatbots extrem plattformbezogen. Vor allem die Facebook Messenger-Plattform steht hier noch stark im Zentrum der Entwicklungen. Die Zukunft der Chatbots dürfte sich langfristig weg von einer Plattformzentrierung hin zu plattformübergreifenden Lösungen entwickeln und am Ende eine klare Qualitätssteigerung mit sich bringen, die sowohl für Unternehmen als auch Kunden die Kommunikation erleichtern werden. Der Autor: Allan Grap ist Geschäftsführer der BETTERTRUST GmbH, Autor und leidenschaftlicher Kommunikator.