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"Teufelswerk" und grüner Beitrag

Europäischer Stabilitätsmechanismus passiert den Nationalrat

Wien. Scharfen Umgangston ist man im Hohen Haus ja gewohnt. Aber die aufbrausende Stimmung, die am Mittwoch in der Nationalratssitzung tobte, war eine Kategorie für sich. Erregt wurden die Gemüter durch die Diskussion über den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM und den Fiskalpakt. Während SPÖ, ÖVP und die Grünen die Bedeutung des europäischen Zusammenhalts und die Unterstützung hoch verschuldeter Länder betonten, forderten FPÖ und BZÖ den Stopp des ESM, an dem sich Österreich mit 19,5 Milliarden Euro (2,2 Milliarden sind direkte Kapitaleinschüsse, der Rest Haftungszusagen) beteiligt. Wie angekündigt verzögerten die Rechtsparteien schon den Start der regulären Diskussion um eineinhalb Stunden. Mit Einwendungen wollten sie in letzter Minute ESM und Fiskalpakt von der Tagesordnung bugsieren. In der Debatte sprach FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache von "Verfassungsputsch", BZÖ-Chef Josef Bucher von einem "Teufelswerk".

Die Anliegen wurden abgelehnt - was die Parteien nicht hinderte, in ähnlicher Tonalität weiterzumachen, als Werner Faymann ans Rednerpult trat, um den ESM zu verteidigen. Kaum hatte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer dem Kanzler das Wort erteilt, entrollte das BZÖ einen Banner: "Ja zur Volksabstimmung. Nein zum ESM." Die FPÖ setzte auf einzelne Schilder mit dem Schriftzug "Stoppt ESM". Prammers freundliche Bitte, die Transparente wieder einzurollen, wurde ignoriert.

"Wir stehen zu diesem Europa", sagte Faymann - die Verantwortung dafür müsse man über die Parteigrenzen hinweg wahrnehmen. Wer allerdings "nur Spaß an der Apokalypse hat, trägt nichts Konstruktives in diesem Land bei". Sekundiert wurde dem Kanzler von SPÖ-Klubchef Josef Cap, der FPÖ und BZÖ eine "erbärmliche Vorstellung" vorwarf. Und ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf hielt ihnen die Haftungen für die Hypo Kärnten vor - mit mehr als 20 Milliarden Euro seien diese höher als der Beitrag Österreichs zum ESM. Grünen-Chefin Eva Glawischnig äußerte Verständnis für die Kritiker - auch in ihrer Partei ist die Zustimmung zum ESM umstritten.

Sarrazin auf der Tribüne Für einen Überraschungseffekt sorgte das BZÖ: Auf Einladung der Orangen tauchte Thilo Sarrazin, umstrittener Autor von "Europa braucht den Euro nicht", auf der Besuchertribüne auf. Auch FPÖ-Chef Strache ließ es sich nicht entgehen, den Aufreger-Autor zu begrüßen. Sarrazin sprach sich "gegen jede Art von Rettungsschirm" aus und meinte zur Rede von Vizekanzler Michael Spindelegger, dieser vertrete einen "falschen Standpunkt", dafür sei die Rede aber "recht gut" gewesen. Spindelegger hatte erläutert, dass ohne ESM jeder zehnte Österreicher seinen Arbeitsplatz verliere. "Dieses Instrument ist notwendig", betonte Finanzministerin Maria Fekter. Der ESM wurde mit 126 von 179 abgegebenen Stimmen angenommen. Misstrauensanträge von FPÖ und BZÖ scheiterten.

Der Fiskalpakt wurde am Abend mit einfacher Mehrheit angenommen. Nur die oberösterreichische SPÖ-Abgeordnete Sonja Ablinger scherte aus der Regierungslinie aus und stimmte - wie angekündigt - mit der Opposition gegen die Defizitregeln.

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