Die schrill bemalten Wände in der hinteren Ecke leuchten in Neon-Farben, Punker stehen um die Bar - und auf den Sofas sitzen Literaturliebhaber. Alle Altersgruppen sind vertreten, der Großteil ist studentisch. An diesem Donnerstag wird die "Pankahyttn" in der Johnstraße 45 in Wien-Penzing Schauplatz eines Poetry Slams. Gesellschaftskritik, Liebe, Politik, die Suche nach dem Selbst: Alle Themen sind erlaubt, die die Künstler in der fünfminütigen Zeitspanne auf die Bühne bringen können.
"Besonders wichtig ist die Mündlichkeit. Unsere Texte sind nicht dafür geschrieben, um in einem Buch gelesen zu werden", erklärt Mieze Medusa, eine der bekanntesten österreichischen Slamerinnen. Zwei weitere entscheidende Aspekte seien der Wettbewerb und die Kür der Gewinner durch das Publikum.
Poetry Slams entstanden aus dem Versuch heraus, die traditionelle Form von Lesungen neu zu beleben. Die Zuhörer sollen zum Mitfiebern angeregt und einbezogen werden. In der Pankahyttn wurden zu Beginn fünf Gäste zur Jury auserkoren, die anderen können zusätzliche Punkte vergeben, wenn sie "Extrapunkt!!" schreien.
Anregung zum Nachdenken
"Bei einem guten Slam gibt es mindestens einmal am Abend einen Wow-Moment, der zum Nachdenken anregt und zeigt, wozu Wörter fähig sind", sagt Noah, ein professioneller Online-Poker-Spieler aus Buffalo, und eilt auf die Bühne. Auf Englisch rappt er über seine Wut, sich nicht von Mächtigen dieser Welt kontrollieren lassen zu wollen.
Als Begründer des Poetry Slams wird der amerikanische Performance-Poet Marc Kelly Smith verstanden, der 1986 den ersten Poetry Slam in Chicago veranstaltete. In Österreich etabliert sich diese Veranstaltungsart seit etwa 2000 zunehmend. Momentan sind die großen Poetry Slams in Sommerpause, doch ab Oktober finden sie wieder regelmäßig unter anderem im rhiz in den Stadtbahnbögen oder im Lusthaus in Wien statt. Von Wien und Innsbruck ausgehend eroberten die Poetry Slams ganz Österreich.
"Steh auf, beweg dich!"
"Es ist einfach total lustig und abwechslungsreich. Man lacht, man trinkt und unterhält sich. Es herrscht Bierhausstimmung", beschriebt Teilnehmerin Florentina. Auch Noah meint: "Der Austausch mit anderen ist sehr wichtig. Außerdem ist es toll, dass man als Autor sofort Feedback für seine Arbeit bekommt."
Aber man bekommt nicht nur am schnellsten Wege Rückmeldung, sondern kann dieses auch zu aktuellsten, etwa politischen Ereignissen geben, erzählt Mieze Medusa. Gemeinsam mit Yasmin Hafedh hinterfragt sie den Sinn unserer Lebensweise und Alltagsentscheidungen: "Steh auf und beweg dich! Das Leben umtauschen, das geht nicht!"
Ähnliche Themen behandeln auch die meisten anderen Inszenierungen. Die beiden Mädchen des Teams "Flasha" fallen durch den Vortrag eines anderen Themas auf: Sie führen die Finanzwirtschaft ad absurdum. "Extrapunkt!!!", schreit die Menge.