Die Zeit vor Weihnachten ist für viele Menschen die schönste Zeit im Jahr. An den kalten, nassen und grauen Tagen ist es zu Hause besonders gemütlich. Kerzen, die angeblich gleichzeitig nach Bratapfel, Zimtstange, Kokosmakronen und Feigenblättern riechen sollen, sorgen laut Etikett „für den perfekten Kuschelabend". Und wer niemanden zum Kuscheln hat, dem bleiben Türme von Spekulatius und Lebkuchen. Doch manch eines lässt einem zum Grinch werden.
1. GlühweinfleckenIch weiß nicht, wie oft mich alleine in diesem Jahr schon jemand aus Versehen auf dem Weihnachtsmarkt angerempelt und mir seinen halben Becher Glühwein irgendwo zwischen Schal, Jacke und Kapuze gekippt hat. Wer es mit einem freundlichen Menschen zu tun hat, bekommt mit etwas Glück ein leicht beschwipstes aber herzliches „Tschuuuldigung" zugeraunt. Zwar lässt sich das Malheur mit ein paar Tassen Glühwein (hoffentlich nicht verschüttet) vorübergehend wieder vergessen. Aber wenn es wieder hell ist (gefühlt nur zwischen 12 und 14 Uhr) fallen uns die Flecken auf dem Mantel und den Schuhen auf. Ein Gutschein für die Reinigung zu Weihnachten, das wäre mal was!
2. GeschenkepflichtApropos Geschenke: Am schwierigsten ist oft das vorab lässig vereinbarte „Wir schenken uns nichts" zwischen Freunden, Paaren oder innerhalb der Familie. Denn die Entspannung währt nur kurz: Was, wenn der andere sich nicht dran hält und doch ein Geschenk besorgt? Pflichtbewusst geht es also doch in die Fußgängerzone - und das Schenken wird nicht mehr zur liebevollen Geste, sondern zu einer Pflichtveranstaltung.
Dabei ist es zwar nicht schön, aber doch kein Drama, vor den engsten Familienmitgliedern oder dem Partner mit leeren Händen zu stehen, auch wenn diese ein Geschenk für einen haben. Lieber kein Geschenk als kleinkariert Geschenke gegeneinander aufwiegen nach dem Motto: „Ich habe XY ein Geschenk für 50 Euro gekauft, aber er/sie hat für mich höchstens 15 Euro ausgegeben, das merke ich mir fürs nächstes Jahr". Denn am Ende des Tages sind die größten Dinge, die wir einander schenken können - Aufmerksamkeit, Wärme und Zeit - sowieso kostenlos.
3. Ewig lange To-do-ListenVor Weihnachten wird uns meist erst bewusst, was wir in den vergangenen Wochen alles aufgeschoben haben - den jährlichen Zahnarztbesuch, zum Friseur wollten wir auch nochmal, und die Plätzchen sind auch noch nicht backen. Plötzlich überkommt uns der Drang, bis zum Jahresende noch alles, was wir bisher nicht geschafft haben, erledigen zu müssen. Dazu kommen noch Weihnachtsfeiern, Weihnachtskarten und Päckchen, die es rechtzeitig zu verschicken gilt. Außerdem muss man einen Baum kaufen, alles weihnachtlich schmücken, die bereits gekauften Geschenke einpacken, Essensvorräte für die Festtage anlegen und bestenfalls noch einmal einen Hausputz veranstalten.
Das Schlimmste daran ist, dass wir uns den meisten Stress selbst machen. Wir steuern auf einen vermeintlichen Countdown zu, dabei können viele Dinge getrost auch mal ausfallen - oder auf das neue Jahr verschoben werden.
4. Peinliche PulloverSie blinken. Sie glitzern. Sie haben alberne Motive. Wer zum Teufel kauft sich für 40 Euro einen dieser roten oder grünen Weihnachtspullover, aus denen ein Elchkopf oder eine Tanne förmlich herausspringen? Und vor allem: Wo ziehen diese Menschen diese Pullover an? Jedes Mal, wenn ich an einer Auslagen vorbeigehe, muss ich unwillkürlich an eine Szene im ersten Bridget-Jones-Film denken. Bridget Jones begegnet dort an einem verschneiten Neujahrsmorgen Mark Darcy und findet ihn exakt so lange attraktiv, bis dieser sich umdreht und im Pullover mit Rentiermotiv vor ihr steht. Wem ein Pullover nicht genug ist, der kann für seinen Hund übrigens gleich einen mit kaufen. Denn gestrickte Hundepullover (mit Rollkragen, Bündchen an den Vorderbeinen und einer Öffnung für die Hinterbeine) liegen im Trend.
5. Dauernörgler und Kitsch-HasserWas am meisten an der Weihnachtszeit nervt, sind die Menschen, die wirklich von allem genervt sind. Die, sobald sie einmal auf dem Weihnachtsmarkt oder im Kaufhaus Lieder wie „Last Christmas" hören, die Augen verdrehen und Sprüche wie „Oh Gott, nicht schon wieder" von sich geben. Die, wenn man ihnen erzählt, dass man jedes Jahr an Weihnachten dieselben Filme anschaut, mit Sprüchen antworten wie: „Du weißt aber schon, dass die Filme mit Romy Schneider kaum was mit dem Leben der echten Sissi zu tun haben?" (Jaa, wissen wir inzwischen alle!) Menschen, die jede Form von Deko und Kitsch, wie sie nun mal zu Weihnachten dazugehört, verachten und uns permanent mitteilen müssen, wie aufgesetzt und übertrieben das ganze Getue in der Adventszeit doch sei. Ja, mag sein, dass da was dran ist, aber ist es nicht genau das, was die Weihnachtszeit so besonders macht? Keine Zeit im Jahr ist besser geeignet, um es sich in seiner Komfortzone bequem zu machen und mal wieder so richtig in Nostalgie zu schwelgen.
Die Zeit vor Weihnachten bringt trotz all der Hektik, dem überflüssigen Geschenkemarathon, der Glühweinflecken, die nie wieder rausgehen werden, und peinlichen Pullovern einen ganz besonderen Zauber mit sich. Wer ihn vor Weihnachten nicht spürt, spürt ihn spätestens, wenn er am 25. Dezember mit einem Glas Sekt in der Hand auf dem Sofa sitzt, sich zurücklehnt und zum ersten Mal nach einer langen Zeit so richtig entspannen kann - bis in genau dem Moment jemand fragt: „Was essen wir eigentlich an Silvester?"