Eine neue Bestattungsform
Ein Friedhof für Mensch und Tier
FOTO: Thomas Frey / dpa
Für viele Menschen ist das Haustier einer der wichtigsten Begleiter überhaupt - manchmal sogar über den Tod hinaus. Und für die Angehörigen kann es ein Trost sein, wenn sie den Verstorbenen an der Seite seines Haustieres wissen. So war es bei Herbert Wein, als sein Vater im November 2016 an einem Lungentumor starb. Kraft gibt ihm bis heute die Gewissheit, dass neben dem Grab seines Vaters auch dessen Katze ruhen darf, die ein halbes Jahr später verendete. „Für meinen Vater war seine Katze schon immer eine der wichtigsten Bezugspersonen. Die beiden waren ein eingespieltes Team", sagt Wein. Deshalb sei der Familie schon früh klar gewesen, dass die beiden nichts voneinander trennen sollte - auch nicht der Tod.
Seit Juni 2015 bietet der Friedhof „Unser Hafen", der von Angehörigen ins Leben gerufen wurde, an seinen beiden Standorten in Essen und Braubach im Rhein-Lahn-Kreis Urnengräber an, in denen Mensch und Tier beigesetzt werden können. „Grundsätzlich können hier alle Tiere bestattet werden, von Hund und Katze über Reptilien jeder Art bis hin zum Pferd", sagt der Sprecher der Deutschen Friedhofsgesellschaft, Willi Brandt.
Am häufigsten würden allerdings Hunde und Katzen beerdigt. Bislang sei die Zahl der Mensch-Tier-Bestattungen noch niedrig. Jedoch gibt es nach Angaben des Sprechers immer mehr Menschen, die sich eine individuelle Bestattung für sich oder ihre Angehörigen wünschten. „Friedhöfe haben heute eine andere Bedeutung als noch vor 30 oder 40 Jahren", sagt Brandt. Damals sei ein gepflegtes Grab auch ein bisschen ein Statussymbol gewesen und ein Ankerpunkt in der Gemeinde.
„Wenn jemand das Grab seiner Angehörigen nicht gepflegt hat, wurde über ihn getuschelt", berichtet Brandt. Das sei heute anders. Der individuelle Lebensstil und die persönlichen Interessen stünden viel mehr im Vordergrund als früher. „Tiere haben eine starke Bedeutung in unserem täglichen Miteinander. Gerade für viele ältere Menschen ist der Hund oder die Katze oft die einzige Bezugsperson", ergänzt der Sprecher. Herbert Wein ist einer dieser Menschen. Der 55-Jährige hat keine eigene Familie und war schon immer sehr natur- und tierverbunden. „Das habe ich wohl von meinem Vater geerbt", sagt Wein. Seit er zwei alte Katzen aus einem Tierheim adoptiert hat, kann er sich sein Leben nicht mehr ohne sie vorstellen. Für ihn sind sie der Ausgleich zu einem stressigen Arbeitstag. Irgendwann habe er sich jedoch gefragt, was mit seinen Katzen passiert, wenn sie sterben. Sie einfach hinter einem Busch zu beerdigen, komme für ihn nicht infrage.
Auch für den Bundesverband Deutscher Bestatter ist die Tierbestattung ein Thema. „Wir erkennen die zunehmende emotionale und familiäre Bedeutung von Tieren im häuslichen Umfeld der Menschen an", sagt Oliver Wirthmann von dem Verband. Allerdings sei der Anteil der Tierbestattungen bislang sehr gering im Vergleich zu den Humanbestattungen.
Willi Brandt von der Deutschen Friedhofsgesellschaft sagt: „Wenn das Tier zuerst stirbt, können die Besitzer die Urne selbst aufbewahren." Für den anderen Fall sei es wichtig, rechtzeitig Vorsorge zu treffen und eine Vollmacht auszustellen, so Brandt. Nur dann könnte gewährleistet werden, dass Haustier und Besitzer am selben Ort bestattet würden. Ein sogenanntes Freundschaftsgrab für Mensch und Tier für bis zu sechs Urnen kostet auf dem Friedhof in Braubach nahe Koblenz 69 Euro pro Jahr, ein Familiengrab für bis zu zwölf Urnen 92 Euro pro Jahr. Die Laufzeit beträgt jeweils 20 Jahre. Seit dem Tod seines Vaters haben Herbert Wein und seine Mutter ein Familiengrab auf dem Friedhof in Braubach. Für den Fall, dass er zuerst stirbt, hat Wein längst Vorsorge getroffen. Eine Freundin soll sich um die beiden Katzen kümmern. Vor dem Tod habe Wein keine Angst, sagt er. „Von den Tieren bekommt man viel mehr zurück als man gibt", ergänzt der Katzenfreund. „Der Gedanke, für immer mit ihnen verbunden zu sein, beruhigt mich."