Im Rahmen eines Projektes der FH Wien habe ich gemeinsam mit 3 Kolleginnen (Susanne Garber, Eja Kapeller und Cornelia Knabl) den LKW Fahrer Michi einen Tag lang auf einer Fahrt von Linz nach Nürnberg begleitet. Entstanden ist ein multimediales Projekt, das den Alltag eines Fernfahrers, fern seiner Heimat porträtiert.
Text: Alexa Lutteri
Video, Foto, Interviews: Alexa Lutteri, Eja Kapeller, Susanne Garber, Cornelia Knabl
"Bitte ziehen Sie die Schuhe aus", fordert er höflich aber doch bestimmt, denn "die Kabine ist mein Wohnzimmer". Tatsächlich wirkt das Innere der Fahrerkabine gemütlich: der Boden ist mit einem weichen Teppich ausgekleidet, die Ledersitze sehen aus wie Massagestühle und lassen sich in alle möglichen Richtungen verstellen und verschieben. Dahinter eine schmale Matratze. Das Bett ist bereits gemacht. Das Kissen und das Federbett zieren gelbe Männchen, Minions. Hier lässt es sich aushalten. Zwischen den beiden Sesseln steht eine Tupperware mit hausgemachtem Rhabarberbiskuit. Daneben eine Espressomaschine.
- "Kaffe?"
- "Oh ja, sehr gerne!"
Jede Fahrt beginnt mit Ungewissheit.
Michi weiß weder wie viele Kilometer er in den nächsten zwei Tagen zurücklegen muss noch was er im Anhänger seines Lastwagens transportieren wird. Das erfährt er erst in der Speditionsfirma, für die er schon fast sein ganzes Leben lang arbeitet. Auch sein Vater war hier bereits LKW-Fahrer. Man kennt sich gut. Bei der Einfahrt zur Firma ist dennoch jedes Mal volle Konzentration und Augenmaß gefragt.
Über Politik macht sich Michi nicht besonders viele Gedanken. Dass der firmeneigene Mechaniker aus Ungarn kommt, stört Michi nicht. Seinen Job macht er schließlich sehr gut. An Raststätten hingegen, hat Michi schon einiges erlebt. LKW-Fahrer sind sehr oft selbst in der Rolle der Ausländer. Nicht überall wird Michi freundlich empfangen oder für seine Arbeit besonders geschätzt. Am liebsten fährt Michi nach Schweden oder nach Italien. Die Mentalität dort gefällt ihm. Vor allem in Italien gibt es immer "prima Café" bevor man an die Arbeit geht. In Deutschland sei dies ganz anders.
Michis Lieblingsstrecke nach Schweden gehört leider nicht mehr zu seiner Route. "Das erledigen billigere Fahrer aus dem Osten", so Michi. Die Qualität des Transport ist aber seiner Meinung nach, eine ganz andere. Generell wird sein Beruf nicht wertgeschätzt. Die meisten Leute regen sich über den Verkehr auf und die großen LKWs, ohne dabei zu bedenken, dass sie selber daran Schuld sind. Schließlich liefern sie ja nur die Ware in die Läden, in denen sie einkaufen.
Übermorgen muss Michi eine Ladung Stahldeckel an der belgischen Grenze abliefern. "Zwei Tage brauche ich dafür schon", sagt er dennoch heiter. Zwei Tage auf der Straße, an Raststätten und Imbissbuden, fern der Heimat, fern der Familie und der Freunde. Michi kennt das. Es gehöre dazu, zum LKW-fahren. Aber es sei auch seine Leidenschaft, für die man eben auch Abstriche machen muss. Die Kabine ist für ihn sichtlich nicht nur ein Arbeitsplatz, ein Verkehrsmittel, ein Schlafplatz. Sie ist für Michi genauso ein Statussymbol. "Ein Scania ist unter den LKWs wie ein Golf unter den PKWs", erklärt er, "da braucht es schon das Eine oder Andere um herauszustechen." Außen ist die Kabine mit einer teuren Airbrush-technik nach Michis Geschmack lackiert worden: Das Firmenlogo der Marke Scania schimmert in rot, grau und weiß. Das selbe Logo ziert Michis linken Oberarm.
To be continued...
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