Elisabeth Werder

Freie Journalistin & Texterin, Diespeck

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Wege zu mehr Interaktion

Mehr Partizipation bedeutet mehr Interaktion. Das gilt nicht nur in der Politik, sondern auch im beruflichen und privaten Umfeld. Bewährte Partizipationsverfahren und Methoden steigern die Motivation und Interaktion aller beteiligten Personen.


Partizipation, also Beteiligung, ist ein Grundprinzip der Demokratie. Aber nicht nur die Teilnahme an Wahlen, Volksabstimmungen und Befragungen sind Formen der Beteiligung: In fast allen Bereichen des täglichen Lebens ist Partizipation elementar. Der Einsatz von sogenannten Partizipationsverfahren gestaltet die Beteiligung strukturiert und planvoll. Bewährte Modelle und Verfahren ermöglichen einen substanziellen Dialog, das Kennenlernen anderer Sichtweisen und dadurch ein Begegnen und gemeinsames Gestalten.


Im beruflichen Kontext liegt vor allem für Leitende großes Potenzial in der Anwendung dieser Verfahren. Dozent*innen können zum Beispiel mehr Aufmerksamkeit und Interaktion der Zuhörerschaft erwirken und in der Wissenschaftskommunikation ermöglicht es allen Akteuren einen Austausch auf Augenhöhe. Auch in der Politik, in der Verwaltung oder bei Institutionen mit Bürgerbeteiligung finden Partizipationsverfahren Anwendung.


Nach Möglichkeit soll ein Beteiligungsprozess allen Betroffenen und Interessierten offenstehen. Die Auswahl einer konkreten Methode ist unter anderem abhängig von der Gruppengröße, dem Zeithorizont, der Konfliktträchtigkeit und der Komplexität des Themas. Einen ausführlichen Überblick über Modelle, Verfahren und Methoden gibt es auf https://www.partizipation.at. Die drei Methoden Zukunftskonferenz, World Café und Open Space werden im Folgenden exemplarisch vorgestellt.


Zukunftskonferenz


Bei einer Zukunftskonferenz erarbeiten die Teilnehmer*innen nach einem festgelegten Ablaufschema Maßnahmen- und Aktionspläne für zukünftige Vorhaben. Die Konferenz besteht aus fünf Phasen: Der Reflexion der Vergangenheit, der Analyse der Gegenwart, der Entwicklung von Zukunftsentwürfen, dem Herausarbeiten von Gemeinsamkeiten und der Planung konkreter Maßnahmen.

Zu Beginn arbeiten die Teilnehmer*innen in homogenen Kleingruppen zusammen, im Laufe der Konferenz werden die Gruppen systematisch durchgemischt. So kommt jeder mit verschiedenen Perspektiven in Kontakt, es entsteht ein Zusammengehörigkeitsgefühl und die Bereitschaft für die gemeinsame Suche nach einer Lösung wird erhöht. Die Methode kann deshalb auch in konfliktären Situationen eingesetzt werden.


World Café


Die Methode des World Cafés eignet sich vor allem für mittlere und größere Gruppen kreativer Köpfe: In einer entspannten, kaffeehausähnlichen Atmosphäre sammeln die Beteiligten in mehreren Gesprächsrunden Wissen, tauschen sich über ihre Perspektiven aus und entwickeln so neue Ideen und Handlungsmöglichkeiten. Die Grundregeln dabei lauten: Sprechen Sie über das, was Ihnen wirklich wichtig ist; reagieren Sie auf das, was die Gesprächspartner sagen und fassen Sie sich kurz.

Bei den Gesprächsrunden setzen sich die Teilnehmer*innen in Kleingruppen mit einem konkreten Thema oder gestellten Fragen auseinander. Die Ergebnisse der Diskussion werden dokumentiert. Nach jeder Gesprächsrunde werden die Tischrunden neu gemischt, wobei immer ein „Tischgastgeber“ sitzen bleibt und den Neuen die wesentlichen Gedanken der Vorrunde mitteilt. Dadurch entsteht ein dynamischer Austausch und es kann in kurzer Zeit das Wissen und die Erfahrung jedes einzelnen mit einfließen, wodurch neue kreative Ideen entstehen. Die Methode ist explorativ und eignet sich weder für eine detaillierte Umsetzungsplanung, noch wenn sich bereits im Vorfeld eine bestimmte Lösung herauskristallisiert hat.


Open Space


Bei einer Open Space Konferenz ist, wie der Name schon sagt, alles offen: Es gibt ein Leitthema, aber keine festgelegten Referent*innen oder vorbereiteten Arbeitsgruppen. Die Teilnehmer*innen bestimmen, wer wie lange zu welchem Thema arbeiten möchte und berufen selbst Arbeitsgruppen ein. Die Methode eignet sich vor allem für große Gruppen, um komplexe Fragestellungen zu behandeln. Wichtig ist, dass sich die Teilnehmer*innen darauf einlassen und den versprochenen „offenen Raum“ ermöglichen. Eine Open Space-Konferenz basiert auf einem Gesetz und vier Prinzipien.


Das „Gesetz der zwei Füße“ besagt, dass die gewählte Arbeitsgruppe verlassen werden soll, wenn man keinen Beitrag mehr leisten oder nichts Neues mehr lernen kann. Es ist nicht nur erlaubt, sondern erwünscht, die Arbeitsgruppen während der Konferenz zu wechseln. Die vier Grundprinzipien lauten:

1.       Wer immer kommt, ist gerade genau die richtige Person

2.       Was immer geschieht, ist das Einzige was geschehen kann

3.       Wann immer es beginnt, ist es der richtige Zeitpunkt

4.       Vorbei ist vorbei.


Um die Regeln einhalten zu können, werden Arbeitsorte und -zeiten fixiert. Die Bearbeitung der Themen erfolgt selbstorganisiert. In der letzten Konferenz-Phase werden die als am wichtigsten empfundenen Fragestellungen festgehalten, die nächsten Schritte besprochen und Themenpatenschaften vergeben, damit die generierten Ideen weitergetragen werden. Nach der Konferenz erhalten alle Teilnehmer*innen einen Sammelband, wo die Ergebnisse aller Gruppen nachgelesen werden können.